Freitag, Dezember 31, 2010

Schreiben ist Silber, Reden ist Gold - ep.09

Thema: SL-Autorität
Länge: 6:55
Helden des Monats: Trinity & Bambi

Georgios Podcast #9 (Blutschwerter)
Georgios Podcast #9 (Mediafire)

Freitag, Dezember 24, 2010

Ein Teaser fürs neue Jahr

Im nächsten Jahr stehen zwei grössere Neuerungen an.

1. Ich habe das uralte There Is No Try* Manuskript in den Unweiten meiner Festplatte wiederentdeckt. Zu meiner Überraschung fehlt eigentlich kaum noch etwas um damit richtig gut loszuspielen. Den Text habe ich anno dazumal auf Englisch geschrieben, aber für eine Übersetzung fehlt mir grad die Zeit und Lust.

There Is No Try (Bootleg) wird voraussichtlich häppchenweise in einzelnen Auszügen oder (nach einer flinken Layout-Politur) als PDF auf diesem Blog zu finden sein.

*Eine Überarbeitung von Steve Darlingtons There Is No Spoon RPG (welches wie der Name schon verrät auf The Matrix basiert). There Is No Try zielt - wie man vielleicht erkennen kann - auf die Star Wars-Trilogie ab.

2. Mein Garagen-Podcast "Schreiben ist Silber, Reden ist Gold" wird befördert zu "Des Spielers Logbuch". Was das bedeutet, weiss ich noch nicht genau. Aber es wird zumindest mal anders als vorher.

Montag, Dezember 20, 2010

Amboss - Der Moderator! (SLs und ihre Aufgaben)

"Was sonst soll den[n] moderiert werden?"

- Karsten auf meinen Einwand, dass der moderierende SL nicht die Aufgabe hat für die Unterhaltung der Spieler zu sorgen

Die Rolle des Spielleiters ist, wenn man die Scheuklappen erst mal abgenommen hat, eine verblüffend vielschichtige und auch sehr flexible. Je nach Veranlagung des Spielleiters und Gewohnheiten der Gruppe, kann sich ein Spielleiter in sehr unterschiedlichen Gebieten betätigen. Ich habe vor langer Zeit schon mal darüber gebloggt, was für Beweggründe ein SL so haben kann; aber diese Einteilung kratzt nur an der Oberfläche dessen welche Funktionen ein SL in einer Spielgruppe tatsächlich erfüllt.

Er ist der Schiedsrichter am Tisch (und benötigt dafür eine hohe, wenn nicht sogar die höchste Regelkompetenz unter den Spielenden); er ist der Bewahrer der Spielkohärenz (und muss durch sein Wissen die Lücken, Löcher und ggf. Widersprüche im Setting verschwinden lassen); er ist der Dirigent des Spielflusses (und sollte einspringen, wenn die Spieler das Spiel nicht selbst antreiben - auch wenn es in manchen Runden bereits üblich ist, dass der SL den Plot alleine voranbringt); er ist das Medium der gesamten Spielwelt (ein Punkt der auf dem Odyssee-Workshop kurz zur Sprache kam: das performative Element des Spielleitens ist immens wichtig und streckt sich über weit mehr als das Ausspielen der NSCs und das Beschreiben der Umgebung). Alle diese Aufgaben müssen erfüllt werden. Viele davon lassen sich auch mit anderen Spielern teilen. Gerade das Einhalten der Spielkohärenz durch alle Spieler wird bei vielen Indie-Spielen (insbesondere den erzähllastigen Forge-spielen) zwingend und oft unausgesprochen vorausgesetzt.

Moderierend (so wie ich den Begriff meine) tritt der SL jedoch in keiner dieser Rollen auf. Es ist nicht die Verteilung der Aufgaben, die es zu moderieren gilt. Vielmehr fällt es dem SL zu das Gespräch, die Spielbeteiligung und auch die Art der Spielbeteiligung zu moderieren und entsprechend einzubinden. Ganz plakativ gesprochen: der SL gibt an wie und wann sich die einzelnen Spieler zu Wort melden dürfen. Das klingt nach Bevormundung (und bei einem schlechten SL ist es das auch), aber die Wahrheit ist weit weniger dramatisch. Der SL gibt schlichtweg den Ton an in dem die Runde gespielt werden wird. Wohl gemerkt: den Ton, nicht den Inhalt.

Ich habe dafür bewusst den Begriff "moderieren" gewählt, weil ich es für eine beinahe 1:1 Übertragung der Dinge halte, die ein guter Diskussionsmoderator tut. Dabei geht es hier um sehr grundlegende Verhaltensweisen (und weniger um Diskussions-typische Konfliktlösungstrategien). Damit meine ich, dass man als SL durch das eigene Sprechen wie auch durch die Reaktionen auf Beiträge der Spieler klar macht, welche Art der Spielbeteiligung legitim ist und welche nicht. Durch die Art wie man selbst über die Situation, die Regeln, die NSCs spricht signalisiert man den Mitspielern auch deutlich wie sie mit diesen Dingen umgehen dürfen. Die meisten Spielleiter, die ich kenne, machen diesen Schritt unbewusst. Wenn sie ein actionlastiges Rollenspiel leiten, dann sprechen sie enthusiastischer, lauter und auch mit einem weit knalligerem Wortschatz. Wenn sie ein Detektivabenteuer im Cthulhu-stil leiten, dann schwenken sie auf eine ruhigere, gemässigtere und auch besonnenere Sprache um. Ich finde das ist eine Sache, die man als SL ruhig bewusster und gezielter einsetzen sollte. Aber aufbauend auf diesen "Vorbildcharakter" des SLs, folgt die eigentlich moderierende Aufgabe des SLs. Hier wird es wichtig zwischen zwei verwandten, aber nicht zwingend verknüpften Konzepten zu unterscheiden: die Aufmerksamkeit die ein Spieler am Tisch bekommt, um sich einzubringen und die Aufmerksamkeit die der Charakter bekommt, um sich in das laufende Geschehen einzubringen. Sozusagen der Unterschied zwischen spotlight und screen time. Letztere wird durch Regeln, Würfelwürfe und die jeweilige Situation bestimmt, in der sich die Charaktere befinden. Erstere hingegen wird durch den SL bestimmt. Er ist es der durch seine Entscheidung wem er zuhört (und wem demnach auch der Rest des Tisches zuhört) deutlich macht welches Spielverhalten legitim ist und welches ignoriert wird. Ich bin der Meinung, dass diese Abläufe stattfinden, egal ob sie vom SL beabsichtigt werden oder nicht. Aber es schadet nicht sich darüber klar zu werden und damit verantwortungsvoller (sprich: spiel-fördernder) umzugehen.

Ein aktiver SL moderiert die Beiträge der Spieler am Tisch. Ob es ihm bewusst ist oder nicht. Ein guter SL moderiert die Beiträge derart, dass sie in den Stil und die Form des Spiels passen und gleichzeitig eine Parität bei allen Spielern empfunden wird. Ich finde wer mit einem solchen SL-Verständnis an den Tisch geht, macht bereits sehr viel richtig und muss sich nicht damit rumschlagen wie er die Spieler unterhalten kann.

Montag, November 29, 2010

Hamlet's Hit Points vs Play Dirty

Ich habe vor kurzem Hamlet's Hit Points von Robin Laws und Play Dirty von John Wick gelesen. Und möchte meine Eindrücke mit sämtlichen 3 Lesern meines Blogs teilen. ;)

Play Dirty ist ein dummes, dummes Heftchen von einem Mann, dessen Spass am Spielleiten vor allem daraus entsteht, seine Mitspieler emotional zu manipulieren. Wer die Aufgabe des SLs darin sieht seine Spieler emotional zu beharken, der soll mit diesem Wisch glücklich werden. Ich konnte das Teil nur schubweise lesen, weil mir vom andauernden mit-den-Augen-rollen der Kopf weh tat.

Hamlet's Hit Points hingegen gibt dem geneigten Leser einen sehr guten Einblick und viele gute Ideen wie der Spielfluss und die Spannungsmomente der Runde dadurch beeinflusst werden, welche Art von Auflösung eine Szene hat.

Laws spricht dabei kaum gross über Rollenspieltheorien, SL-Techniken oder irgendwelche Plot-tricks. Er nimmt sich drei recht bekannte Geschichten (Hamlet, Dr. No und Casablanca) und bricht sie szenenweise auf. Dabei unterscheidet er zwischen mehreren Arten von Szenen (eigentlich Beats, aber diese Unterscheidung möchte ich später erst erläutern), die innerhalb einer Geschichte bestimmte Funktionen erfüllen. Wobei natürlich eingeräumt wird, dass das irgendwo auch nur eine Frage der Interpretation ist und Szenen oft mehrere Funktionen gleichzeitig erfüllen können.

Diese Unterscheidung in Szenenarten halte ich für Spielleiter sehr hilfreich. Wenn ich die Art der vorangegangenen Situation einordnen kann, bin ich in der Lage sehr viel bewusster in eine neue und passende Situation überzuleiten; statt immer wieder in die gleiche Kerbe zu hauen. Eine Plotszene nach der nächsten und das Spiel fühlt sich wie eine unmotivierte Aneinanderreihung von Aufgaben und Kämpfen an. Aber wenn man lediglich Charakterszenen hintereinander wegspielt, seiert man auch nur ziellos in-character vor sich hin. Sowas nimmt dem Spiel schnell die Luft aus den Segeln. Wenn man als SL jedoch zwischen Szenentypen unterscheiden und damit auch wechseln kann, lassen sich so selbst verhältnismässig schlichte Abentuerkonzepte aufpeppen und dynamischer machen.

Noch viel erfreulicher und produktiver hingegen, empfand ich die Analyse der sogenannten Spannungskurve der drei Geschichten. Diese findet nämlich auf einem sehr spiel- und damit praxisnahen Niveau statt. Es werden hier einzelne Beats (also Einzelmomente, die darauf ausgelegt sind eine bestimmte Reaktion zu wecken) betrachtet und nicht gesamte Szenen. Diese Unterscheidung trifft genau das, was mich an allen Diskussionen über Spannungskurven, Akt-Strukturen oder Hero's Journeys im Rollenspiel stört. Sie finden auf einer zu sehr abstrahierten und für Spieler und Spielleiter kaum nutzbaren Ebene statt. Wenn ich spielleite, vergeude ich doch keinen Gedanken an einen grossen Spannungsbogen, den ich einhalten will; oder reagiere auf Szenen in ihrer Gesamtheit oder folge einem diffusen Konzept der Charakterentwicklung. Ich reagiere immer auf einzelne Momente. Ich reagiere auf einzelne Aktionen der Spieler. Das ist die grundlegende Interaktion über die man sprechen muss, wenn man Erfahrungen, Tipps und ähnliches austauschen will.

Dementsprechend muss man auch auf Einzelmomente/Beats schauen, wenn man sich damit auseinandersetzen will wie eine Spielrunde läuft (oder gelaufen ist) und wie man sie vielleicht besser leiten kann. Dabei unterscheidet Laws grob zwischen einem positiven, einem neutralen und einem negativen Ausgang des Beats. Hier wird deutlich, dass eine gelungene, d.h. mitreissende Spannungskurve in der Regel viel Auf und Ab hat und eben keine kontinuierliche Ansteigung bis zum Höhepunkt bietet. Die simplifizierende Sicht der Akt-strukturen und allgemeiner Spannungskurven wird damit als zu plump und ungenau fürs Rollenspiel entlarvt. Als Spielleiter kann man sich grobe Tendenzen in einzelnen Genren anschauen, aber am Spieltisch selbst zählt die Auflösung der Einzelmomente. Als Spielleiter dafür ein Auge zu entwickeln und mit der Zeit ein Gefühl dafür zu entwickeln, wann ein Einzelmoment positiv, neutral oder negativ aufgelöst werden sollte... das ist die vielleicht wichtigste Erkenntnis zum Spielleiten, die ich bisher in einem Buch gefunden habe.

Zwischendurch gibt es immer wieder kleine Beobachtungen und Erkenntnisse über typische Spielsituationen und Probleme, wenn man als Spielleiter z.B. zu sehr versucht die grossartigen Einzelmomente aus irgendwelchen Filmen oder Theaterstücken zu übertragen. Obwohl das Buch nur Geschichten aus anderen Medien betrachtet, findet das immer mit Hinblick auf Rollenspielrunden statt. Wer sich fragt wie man eine Spielrunde so spannend wie einen James-Bond-Film hinbekommt, oder so mitreissend wie Casablanca oder so tragisch wie Hamlet, der sollte sich Hamlet's Hit Points anschauen. Das Buch ist keine Anleitung zum Spielleiten, sondern viel besser... es ist eine Aufforderung sich mit dem am Tisch entstehenden Spannungsbogen zu beschäftigen. Dabei wird einem gleich Handwerkzeug bereit gelegt, so dass der geneigte Spielleiter sich gleich selbst die Geschichten anschauen kann, die er am Spieltisch vor dem geistigen Auge hat.

Sonntag, Oktober 31, 2010

Das Odyssee-Quiz 2010 (für daheim)

Wer dieses Jahr die Odyssee in Berlin verpasst hat - und das werden wohl nicht wenige gewesen sein - hat es auch versäumt an dem berühmten Odyssee-Quiz teilzunehmen. Da ich natürlich niemandem die Chance nehmen will sich ganz schlau und belesen zu fühlen, gibt es hier die Fragen des Quiz.

Erstmalig wurden Fragen in 2 Schwierigkeiten gestellt: Weicheier und echte Nerds.

WeicheierEchte Nerds
Welche Rollenspiele werden auf der Odyssee nicht angeboten?Was ist ein "Earthdawn", "Das Schwarze Auge" und "Dogs in the Vineyard"? (d.h. wonach sind diese Spiele benannt?)
Wofür stehen die Ringe beim Rollenspiel Legend of the Five Rings?Wonach ist der Rollenspielerfilm "Astropia" benannt?
Welche drei Zeitepochen lassen sich mit dem Call of Cthulhu Regelwerk bespielen?Was ist der Schaden einer Panther Sturmkanone bei Shadowrun?
Wie lautet der Name der Person, die ein übergewichtiger italienischer Klempner seit etwa 25 Jahren retten muss?Wie lautet die richtige Antwort auf die Beleidigung: "Du kämpfst wie ein dummer Bauer!"?
Wie heissen die Bücher von William Gibsons Sprawl-Trilogie?In welchem Jahr spielt der Film Blade Runner?
Welches Spiel ist für seinen w30 bekannt?Welches Zwei-Spieler-Kultspiel wurde 2009 von Games Workshop neu aufgelegt?
Wie lauten die Spielermächte bei Diplomacy?Mit wievielen Truppen beginnen sie jeweils das Spiel?
Wie lauten die Namen der vier grossen Chaosgötter bei Warhammer Fantasy Roleplay?Welche Länder grenzen an Brettonia an?


Die Punktevergabe für jede Frage wurde - nach den Gesetzen der Fairness innerhalb des Rollenspiels - ausgewürfelt.

Mittwoch, Oktober 27, 2010

[Georgios berichtet] Spiel 2010 - Nachschlag

Hier der zweite Teil meiner Spielerfahrungen in Essen. Die Rollenspielhalle habe ich größtenteils gemieden, weil es dort kaum etwas interessantes für mich gab. Allein der Forge-Stand und die Brettspiele am Pegasusstand haben mich einen Moment lang aufgehalten. Was Rollenspiele angeht, war die Spiel dieses Jahr noch farbloser als letztes Jahr. Aber da ich auch selbst zu grossen Teilen auf PDFs umgestiegen bin, stört mich das weniger. Dafür konnte man hinter der Rollenspielhalle einige Kleinverlage entdecken, die einige Knaller zu bieten hatten und Verkaufsstände, die auch ein paar Euro unter dem üblichen Verkaufspreis Spiele anbieteten.

Junta: Viva El Presidente
- Das Würfelspiel, das wie die Neuauflage des Brettspielklassikers Junta aussieht und sich eher grob am Original orientiert. Die Thematik ist ein klein wenig überholt, da Bananenrepubliken ganz einfach nicht mehr so wahrgenommen werden, wie es in den 80ern der Fall gewesen sein mag. So versucht Viva El Presidente vor allem damit zu punkten, dass es an das alte Junta erinnert, aber um ein vielfaches schneller spielbar ist. Das wird vor allem dadurch erreicht, dass die grosse, quasi regelfreie Zone des Originalspiels ratz-fatz zu einem schlichten Kartenverteilen reduziert wird, die Posten gänzlich fehlen und statt der (durchaus zeitraubenden) Putschversuche lediglich ein wenig gegeneinander gewürfelt wird und man vielleicht Karten bekommt. Das Spiel ist nett. Es ist nicht fantastisch, es ist aber auch alles andere als eine Katastrophe. Als Ersatz für Junta ist es jedoch nicht zu gebrauchen. Auch sagt mir die grafische Aufmachung nicht so richtig zu. Sie ist viel zu unruhig, unübersichtlich und die Figuren sind allesamt hässlich. Das hat mich auch davon abgehalten, mir die Neuauflage des Brettspiels zu holen. Beim Würfelspiel ist das lediglich ein kleiner Kritikpunkt, aber in Ermangelung überzeugender Argumente für einen Kauf ging ich ohne Viva El Presidente nach Hause.

Small World - Für mich die grosse Enttäuschung der Messe. Zwar auch ein Spiel, das letztes Jahr schon erhältlich war, aber immer im Gespräch war und die grosse Zahl an Erweiterungen legte zumindest eine begeisterte Fangemeinde nahe. Erst recht, wenn das Grundspiel unentwegt verkauft wurde und am Freitag stellenweise sogar ausverkauft war. Ich werde nicht viel über die Regeln sagen. Die einfallsreiche Kombination an Fähigkeiten und Völkern fand ich sehr ansprechend und witzig. Der Spielablauf selbst hingegen war furchtbar dröge und langweilg. Es gibt keine Interaktion. Man kann praktisch stumm Plättchen herumschieben und eigentlich den Raum verlassen während man nicht am Zug ist.

Zombie Cinema - Hier hat mir Eero eine kurze Zusammenfassung des Spielprinzips erklärt. Nach dem Forge-Prinzip gab es eine Micro-Session mit dem Spiel. Wie der Name schon sagt, geht es um Zombiefilme bzw. das Genre des Zombiefilms und man spielt innerhalb dieser Dinge eben einen Rollenspiel One-Shot. Die Charaktererschaffung ist sagenhaft schnell. Es werden drei Eigenschaftskarten gezogen (ich bekam Macho, Loved Ones und ich glaube Loner oder so) und schon hat man den Archetypen, den man spielt. Ein rudimentäres Scene Framing-System rahmt die Interaktion ein. Auf einem kleinen Spielbrett kann man sehen wie nah die einzelnen Charaktere ihrem Ziel sind (den Zombies zu entfliehen) und wie sehr die Zombies ihnen auf den Fersen sind. Bei Erfolg zieht ein Spieler nach vorne, bei Misserfolg fällt er ein Feld zurück. Wirklich clever wird das Ganze dann durch die Sacrifice-Rule, die es erlaubt eine Figur davor zu retten auf dem Spielbrett von den Zombies eingeholt zu werden, um dafür selbst einen Schritt nach hinten zu fallen. Dadurch entsteht eine nette Dynamik zwischen den Charakteren und den Spielern. Alles in allem hat mich der Minimalismus des Spiels sehr beeindruckt, aber das Genre dann doch eher gelangweilt. Ich denke das Grundsystem liesse sich auf viele andere Genres umstellen, wenn man bereit ist das Einholen der Figur durch die "Gefahr" nicht mit dem Tod der Figur gleichzusetzen. Das zweitbeste Zombie-spiel auf der Messe für mich.

Quest - Hier habe ich nur das Ende der Demorunde mitbekommen und bin kopfschüttelnd gegangen. Die Absicht mag lobenswert sein. Die Umsetzung scheint mir jedoch gänzlich an der Zielgruppe und dem Spielgegenstand vorbei zu gehen. Wer ein Rollenspielprodukt für Einsteiger entwerfen will, sollte daran arbeiten ein gutes Spiel zu entwerfen. Quest schien mir spielerisch wie auch von der Aufmachung her eher den verstaubten Vorstellungen irgendwelcher Alt-Rollenspielern Genüge tun zu wollen, statt einem neuen (oder sogar jungen) Publikum zu zeigen warum Rollenspiele irgendwie doch einen Heidenspaß machen können. Es hat mich nicht gewundert, dass es gegen Ende der Messe für immer weniger Geld angeboten wurde.

Justifiers - Christian Lonsing war so nett das Spiel kurz zu erklären. Es gibt einige Ideen in dem Spiel, die ich recht ansprechend fand. Das Erkundungssystem mit den Spielkarten wirkte interessant, auch wenn ich den Versuch das mit einem Rollenspiel zu kombinieren für recht praxisfern halte. Überhaupt schien mir das Buch durchzogen von sehr überholten Vorstellungen welche Informationen und Inhalte in einem Rollenspielbuch dringend von Nöten seien. Ein Punkt, der mich auch schon das John Sinclair Abenteuerspiel schnell hat vergessen lassen. Der wirkliche Nachteil des Spiels besteht für mich allerdings darin, dass nicht ganz deutlich wird, wer dieses Spiel eigentlich gemacht hat. Es wäre schön wenn auf den Bannern und Plakaten am Stand vielleicht irgendwo notiert gewesen wäre, auf wen das Spiel zurückgeht. Aus der Erinnerung heraus habe ich den Namen Ulf Menowin im Kopf, aber er hätte auch Klaus heissen können.

Zombie in my Pocket - Ein kleines, aber sehr feines Zombiespiel. Von einem Kleinverlag aufgelegt, spielt man hier ein recht simples Zombieszenario durch. Das stückweise Aufdecken der Umgebung erinnert anfangs an Zombies!!! - das Spiel dass sich mit Munchkin um den Titel des "beschissensten Spiels, für das andauernd dämliche Erweiterungen erscheinen" prügelt. Aber Zombies in my Pocket ist klein, clever und vor allem schnell gespielt. Wenn man von den Zombies in einem Raum überrascht wird, muss man sich gemeinsam absprechen ob man kämpft oder flieht. An diese Abmachung muss man sich jedoch nicht halten, wenn man anschliessend aus diesen zwei Optionen wählt. Denn alle Kämpfer reduzieren zwar den Schaden, den die Zombies gegen die Spieler ausrichten, aber dafür nehmen die Kämpfer dabei auch Schaden. Wenn jedoch jemand statt zu kämpfen lieber feige flieht, bekommt der Fliehende einen Lebenspunkt zurück und die Kämpfer müssen den Gesamtschaden nun auf weniger Charaktere verteilen als anfangs geplant. So entwickelt sich schnell ein gewisses Misstrauens- und Spannungsverhältnis zwischen den Spielern. Das ist sehr unterhaltsam und auch sehr witzig. Mein klarer Favorit in Sachen Zombiespielen.

51st State - Ein Aufbau-Kartenspiel im post-apokalyptischen Setting von Neuroshima. Man spielt eine von 4 Fraktionen, die nach dem atomaren Holocaust versuchen die USA neu aufzubauen und den 51. Staat zu gründen. Dabei kann man neue Ortschaften überfallen und ausrauben, Handelsabkommen mit ihnen abschliessen oder sie in den neuen Staat eingliedern. Entfernt erinnert mich das Grundspiel an 7 Wonders, weil es auch hier darum geht Rohstoffe zu produzieren, um Karten zu spielen, die selbst wieder Rohstoffe (oder zusätzliche Handlungsmöglichkeiten) bieten. Nur ist 51st State um einiges komplexer und vielschichtiger (und ausserdem fast 15€ billiger). Man kann auch Arbeiter in Ortschaften der Gegenspieler schicken, um sich so 1x pro Runde einzelne Ressourcen zu holen. Diese Arbeiter gehen dann jedoch an den Gegenspieler über, der sie wiederum für die eigenen Ortschaften einsetzen oder sie nach Ressourcen suchen schicken kann. Obwohl mich post-apokalyptische Settings eher abstossen, fand ich 51st State zum einen Recht optimistisch (es geht schliesslich um den Wiederaufbau) und die einzelnen Spielentscheidungen recht ansprechend. Angriffe liefen zwar einmalig mehr Ressourcen, aber Handelsabkommen bleiben für den Rest des Spiels und bereichern die eigene Fraktion langfristiger. Auch das Eingliedern fügt sich in meinem Kopf sehr gut in das Setting und die Atmosphäre des Spiels ein. Das Spiel hat jedoch - ähnlich wie 7 Wonders - verhältnismässig wenig direkte Interaktion. Man kann seine Mitspieler schlecht am Umsetzen ihrer Strategie hindern. Man kann nur hoffen, dass man selbst in der letzten Runde (wenn einer der Spieler mehr als 30 Punkte erreicht) noch einmal richtig Punkte absahnen kann um das Spiel noch zu gewinnen. Eigentlich kein Spiel, das meinen üblichen Vorlieben entspricht, aber das angenehm komplexe (aber nicht überkomplexe) Spieldesign spricht mich sehr an. Allein die winzigen Counter und die die etwas lästig hohe Zahl der Counter macht das Spiel etwas friemelig. Mit ein wenig Bastelarbeit, selbstgemachten Übersichtskarten und Regelzusammenfassungen sollte sich das jedoch legen. (Am Rande: die deutsche Anleitung ist stellenweise falsch oder in ziemliche Unverständlichkeit übersetzt. Ich empfehle die englische Anleitung als PDF runterzuladen und in gross auszudrucken. Das hat so einiges an Kopfkratzen erspart.)

Ich bin mit 4 Spielen nach Hause gefahren (Nuns on the Run, Sator Arepo Tenet Opera Rotas, Zombie in my Pocket und 51st State) und einem Rollenspielbuch (No Dignity in Death: The Three Brides). Das Rollenspielbuch werde ich vermutlich für meine WFRP3-Runde nutzen - die hoffentlich noch dieses Jahr losgeht. Sonst halt im Januar.

Was das Spielen selbst angeht, war die Messe ansprechend, wenn auch nicht umwerfend. Was den Rollenspielanteil angeht, war es eigentlich die Eintrittskarte nicht wert. Ich freue mich einen Einblick in Zombie Cinema bekommen zu haben, aber wenn ich ohne Quest und Justifiers von Poops McGee zu hören aus der Messe gekommen wäre, hätte ich keinen Verlust gehabt.

Dafür haben mir die unterschiedlichen Spieleindrücke viel zu denken gegeben und das wird sich vermutlich bald in einem neuen Podcast oder Blogeintrag niederschlagen. Es war also nicht alles für die Katz.

Dienstag, Oktober 26, 2010

[Georgios berichtet] Spiel 2010 - der erste Schwung

Hier also meine Erfahrungen aus der Spiel 2010. Ich habe es mal vor allem nach den Spielen geordnet, die ich gespielt, gekauft oder anderweitig näher betrachtet habe. Vielleicht sucht ja der ein oder andere noch eine Empfehlung oder Geschenkidee. :)

Letters from Whitechapel - Schön aufgemachtes Deduktionsspiel im Stile von Scotland Yard. Lediglich weit komplexer aufgezogen. Ich bin mir nicht sicher, ob uns die freundliche Dame wirklich alles richtig erklärt hat. Aber wenn sie keinen groben Fehler gemacht hat, dann ist das Spiel sehr fehleranfällig, bzw. stark zu Gunsten des Jack The Ripper-Spieler gelagert. Das ist sehr bedauerlich, weil die Komplexität der Hinweise und Möglichkeiten schön Raum lässt, um das eigentliche Spiel auf die psychologische/Bluff-ebene zu hieven. Mit den richtigen Leuten ist das bestimmt recht spannend, aber als regelkonform gespieltes Brettspiel scheint es mir nicht wirklich viel zu bieten.

Nuns on the Run - Ich hatte hier das Glück das allerletzte Exemplar zu ergattern. Die restlichen Tage war am Mayfair-Stand nichts davon zu sehen. Auch hier ist eine gewisse Ähnlichkeit zu Scotland Yard vorhanden. Es ist sozusagen eine Spiegelung der Spielidee. 2-6 junge Novizinen müssen sich nachts aus ihrem Zimmer schleichen, einen Schlüssel holen und anschliessend ihr geheimes Wunschobjekt (z.B. ein Brief von Mutti oder eine Flasche Brandy) ergattern und wieder in ihr Zimmer gelangen. Währenddessen laufen die zwei Oberschwestern durch die Gänge, lauschen und schauen sich nach den jungen Nonnen um. Dabei laufen sie immer einen vorher ausgewählten Pfad entlang, es sei denn sie hören ein Geräusch oder sehen sogar eine der Novizen durch die Gänge schleichen. Die Spielidee ist witzig, die Thematik einfallsreich und recht frisch und für die Novizen-spieler ist es immer ein spannendes Unterfangen während sie schleichen und hoffen nicht gehört zu werden. Ein Kauf, den ich nicht bereut habe.

7 Wonders
- Ein sehr schnelles Aufbauspiel, das mit Karten gespielt wird. Man baut eine kleine Zivilisation um eins der Weltwunder und arbeitet sich durch insgesamt 3 Zeitalter. In jedem Zeitalter bekommt man eine bestimmte Zahl Karten auf die Hand, wählt eine aus, die man mit den vorhandenen Ressourcen bauen kann und gibt die Karten dann an den linken Nachbar weiter. Eine ausgespielte Karte liefert Ressourcen, die man gleich einsetzen kann und so baut sich das Spiel auf. Aufgelockert wird das Ganze durch Kriege die am Ende eines jeden Zeitalters mit dem linken und rechten Sitznachbar geführt werden, und der Möglichkeit sich Ressourcen vom Nachbarn einzukaufen solange man einen Marktplatz hat und dafür zahlen kann. Die Punkteabrechnung am Ende des Spiels ist ebenfalls recht simpel und belohnt eine möglichst facettenreiche Spielstrategie. Das Spiel ist sehr schön aufgemacht. Die Karten und kleinen Spielerbretter sind hübsch aufgemacht. Was gegen das Spiel spricht, ist der unverschämt hohe Preis und die Tatsache, dass man manche Karten nur im 7-Spielerspiel zu Gesicht bekommt. Vom Balancing sicherlich eine gute Idee. Aber wenn ich ein überteurtes Spiel kaufe, dann will ich nicht auch noch auf einen Teil des Materials immer verzichten müssen, weil meine Spielgruppe nicht gross genug ist. Das Design des Spiels hat mir sehr gut gefallen, aber letztendlich konnte ich es nicht übers Herz bringen 35€ dafür zu zahlen. Sollte der Preis irgendwann in erträglichere Regionen fallen, stehe ich aber als erster an der Kasse. Denn das Spiel macht Spaß!

Isla Dorada - Ein ebenfalls sehr schön bunt und nett aufgemachtes Spiel. Wie das bei den französischen Spielen wohl immer der Fall zu sein scheint. Die Spieler sind eine Expedition auf einer Insel und streiten sich darum in welchen Ort die Gruppe ziehen soll. Dabei bieten sie ihre Handkarten um das Recht zu erstreiten, die Expedition anzuführen. Jeder Spieler hat dabei verdeckte Schatzkarten, die er nur in bestimmten Orten einlösen kann (und die ihm nur dann am Ende Punkte bringen) und ein geheimes Schicksal, dessen Einhaltung viele Punkte bringen kann und so ein klein wenig die langfristigen Ziele beim Spielen stellt und einen Fluch, der einem Minuspunkte bringt, wenn man sich in eine bestimmte Ortschaft begibt. Das Spiel hat meiner Meinung nach nur das Problem, dass man ohne eigenes Zutun oder Verschulden viele Punkte bekommen oder verlieren kann. Wenn man nicht die richtigen Karten besitzt um zu bieten, dann kann man auch nicht mitreden wohin es gehen soll. Und wenn ein anderer Spieler die Expedition zufällig durch einen Ort zieht zu dem man hin will, spart man sich sowohl Karten und bekommt Punkte ohne was dafür zu tun. Irgendwie enttäuschend, weil ich viele andere Aspekte sehr gelungen und ansprechend fand. Aber diese Hilflosigkeit beim Spielen ist dann doch viel zu frustrierend.

Cadwallon: City of Thieves - Auch wieder ein sehr schön aufgemachtes Spiel. Man spielt Banden der Diebesgilde, die durch Cadwallon ziehen und versuchen Schätze zu klauen. Eigentlich spielt man vorgefertigte Szenarien (die noch einige Variationen zulassen, so dass das Spiel nicht immer gleich abläuft), aber wir haben uns nur die Grundmechanik angeschaut. Man gibt seine 7 Aktionspunkte aus um einzelne Figuren seiner Bande zu bewegen, Schlösser knacken zu lassen oder sie aufzuhauen oder mit anderen zu kämpfen und bei Sieg ihnen ihre Taschen zu erleichtern. Ein nettes Spiel, wenn auch einen Tick zu zufällig und beliebig. Ich hatte beim Spielen nicht wirklich das Gefühl, dass meine Entscheidungen viel ausgemacht haben. Man kann während seines Zuges sehr vieles tun (ein grosses Plus), aber das hat auch zur Folge, dass jeder Spieler ebenfalls in der Lage ist einem das erreichte ebenso schnell wieder kaputt zu machen. Als kompetetives Spiel angelegt, ist es zumindest sehr unterhaltsam. Aber ich hatte den Eindruck, dass die spielerische Tiefe weit hinter der Länge des Szenarios zurückbleibt. Ein sympatisches, leichtes 4-Spieler-Spiel, dass man nicht unbedingt haben muss, aber was auch nicht wirklich weh tut. Kann man sich leisten, muss man aber nicht.

Mystery Express - Das andere Deduktionsspiel auf das ich mich gefreut habe. Man reist im Orientexpress und muss verschiedene Fakten in Erfahrung bringen, in dem man auf unterschiedliche Wege Informationen sammelt. Es gibt ein Kartendeck, in dem jede Karte 2x vorkommt. Aus diesem Deck werden je 1 Karte aus den jeweiligen Bereichen (Motiv, Tatort, Mordwaffe, Tötungsart und Uhrzeit) entnommen und es gilt herauszufinden, welche Karte nur 1x in jedem Bereich vertreten ist. Diese Dinge in Erfahrung zu bringen, ist jedoch kein sonderlich unterhaltsamer oder mitreissender Job. Ein Zusammenwürfeln unterschiedlicher Kartenverteilspielereien führen dazu, dass ich das Gefühl hatte, vieles am Spiel wäre eher zufällig und solange ich lange genug warte, würde ich schon irgendwann alle Karten zu Gesicht bekommen haben. Wer Geheimnis der Abtei schon zu beliebig und ziellos fand, der wird hier nur noch unglücklicher werden. Die Aufmachung ist schön und die einzelnen Regelideen sind nett, aber irgendwie ergibt das Spiel kein schönes Ganzes.

Sator Arepo Tenet Opera Rotas
- Dieses Spiel wurde schon letztes Jahr auf der Spiel vorgestellt, aber ich bin erst jetzt dazu gekommen es mal anzutesten. Auf den ersten Blick wie ein Mischung aus Das Verrückte Labyrinth und dem Film Der Name der Rose, entpuppt sich SATOR als nettes kleines Puzzlespiel für bis zu vier Spieler. Es geht darum im Kloster 4 Bücher einzusammeln. Das Problem ist die Bücher liegen auf Plattformen über einem endlosen Abgrund (oder auch Höllenschlund). Glücklicherweise kennen die Akolythen Gebete und ähnliches um die Plattformen zu drehen und zu verschieben. So spielt man wenn man am Zug ist seine Dreh- und Bewegungskarten aus um die Plattformen auf dem Spielbrett nach den Regeln verschieben und drehen zu können, um so Schritt für Schritt näher an die gesuchten Bücher zu gelangen. Dabei bleibt der eigene Spielzug immer überschaubar genug, um einen nicht in ein 20 Minuten langes Meditieren und Grübeln fallen zu lassen und dennoch einflussreich genug, um sich nicht völlig hilflos und ausgeliefert zu fühlen. Das Spiel habe ich mir dann auch kurz nach der Testrunde gekauft und der erste Versuch mit meinen (nicht ganz so nerd-lastigen) Freunden stoss auf positive Resonanz. Für den Preis bekommt man ein schönes Knobelspiel, dass nicht zu schwer aber auch nicht zu langsam ist.

Teil 2 folgt demnächst.

Dienstag, Oktober 19, 2010

[Georgios berichtet] Odyssee 2010 - Ein Epos

Die Odyssee ist vorbei und diesmal habe ich eher gemischte Gefühle, was den Con angeht. Im Grossen und Ganzen war es eine unterhaltsame und ansprechende Convention. Die Spielrunden schienen mir recht gut besucht, und die Stimmung war sehr entspannt. Allerdings war der Con sowohl vom Rundenangebot wie auch von der Besucherzahl merklich kleiner als in den Vorjahren. Anders als in den Jahren zuvor lief die Werbetrommel um ein vielfaches später und um einiges schwächer an als sonst. Zumindest hat es lange gedauert, bevor ich jemanden an die Webseite und offizielle Anlaufstelle für den Con verweisen konnte. Hinzu kam auch ein erheblicher Motivationseinbruch bei mir als in einem Forum die Odyssee bereits im Vorfeld für ihre Organisation geflamed wurde. Das ignorante Geschwätz was die Spieleinschränkung bei der Odyssee angeht, ist ja mittlerweile ein akzeptiertes Übel; aber dass ausgerechnet die Platzreservierung im Vorfeld übelst verrissen und attackiert wurde, hat meine Lust auf das Odyssee-wochenende schon sehr gebremst. Glücklicherweise rollte das Wochenende dann doch sehr entspannt und unterhaltsam an, was nicht zuletzt daran lag, dass die Dogmatiker und Spielstilfaschisten zu Hause geblieben waren und man so das tun konnte, was man auf der Odyssee eh am Liebsten macht: mit neuen Leuten spielen und mit alten Bekannten quatschen.

Ich hatte drei Runden für die Odyssee angemeldet (Fiasco, Maid und Primetime Adventures), welche jedoch alle ein klein wenig hinter meinen Erwartungen zurückgeblieben sind. Die Fiascorunde am Freitag Abend war da noch die für mich erfolgreichste Runde des Wochenendes. Trotz einer leichten Überbelegung (die dazu führte, dass ich kurz nach Beginn aus dem Spiel austritt um den anderen ein schnelleres Spiel zu ermöglichen) entwickelte sich alles recht flink und flüssig. Die Spieler fanden sich nach kurzer Zeit zurecht und das Fiasko nahm seinen Lauf. Allein der für mich sehr extreme Sprung zwischen brachialem Humor und menschlicher Grausamkeit war mir ein wenig zu viel. Etwas mehr Feingefühl in beiden Extremen, hätte mir zugesagt und wäre meinen Vorlieben näher gekommen. Allerdings ist das bei einer Con-runde vielleicht etwas zu viel verlangt. Davon abgesehen lief die Runde sehr gut und hat den Spielern, wie ich denke, auch gefallen.

Der Samstag hingegen begann für mich mit schlechtem Schlaf, viel zu viel Kaffee und dem Gefühl aufgeputscht aber dennoch energielos zu sein. Ein Punkt, der sich noch als sehr nachteilig herausstellen sollte. Im Vormittagsblock habe ich eine vollbesetzte Runde Maid geleitet. Ein Comedy-Anime-Rollenspiel, in dem die Spieler Hausmädchen spielen. Die Spieler haben sich gleich für das Auswürfeln neuer Charaktere ausgesprochen und nach ein paar Minuten, hatten wir es mit einem Cyborg, einem mordenden Geist, einer Dämonen beschwörenden Prinzessin, einer Spionin und einem magischen Wesen, das verstorbene Seelen ins Jenseits begleitet zu tun. Die Charaktererschaffung machte damit den quirlig überdrehten Stil des Spiels recht gut deutlich, so dass die Spieler schon bald auf Augenhöhe sprachen und interagierten. Es störte sich daher auch niemand daran, dass durch Versprecher, Missverständnisse und Google-Vorschläge schon bald jemand 50kg Cannabis (sprich: Kanapee) ins Haus lieferte. Auch wurde der Kampf gegen den 12m-grossen-Babyroboter im Vorgarten oder die christlich-fundamentalistischen Selbstmordattentäter, die sich als Tanzlehrer ausgaben oder den Schlangendämon, der von Fr. Schmidt dermassen ausgeschimpft wurde, dass er kleinlaut anfing das von ihm beschmutzte Zimmer zu säubern, lediglich als Teil der normalen Arbeit eines Hausmädchens akzeptiert. Es war ein sehr, sehr lustiges Abenteuer. Und das trotz der Tatsache, dass ich vor allem mit Zufallstabellen und halb-erinnerten Abenteuerfragmenten spielleiten musste, weil ich der Meinung war meine Unterlagen zu Hause gelassen zu haben. (Ich fand sie etwa 20 Minuten nach der Spielrunde in meinem Ordner wieder.)

Im zweiten Spielblock leitete ich dann Primetime Adventures. Und hier machte mich mein Energietief und Kaffeeüberschuss dann endgültig alle. So fielen mehrere bedauernswerte Dinge zusammen und die Runde zog sich bald mit einer schwer erträglichen Langsamkeit durch die Stunden des Blocks. Für mich gleich doppelt frustrierend, weil es immer schmerzt wenn man neuen Leuten eines seiner absoluten Lieblingsspiele vorstellen will und eine derart schleppende Runde das Resultat ist. Wäre ich etwas fitter gewesen, hätte ich womöglich besser auf die Spieler eingehen konnten, die vielleicht eine etwas reaktivere Spielerrolle erwartet oder bevorzugt hätten. Selbst der Wechsel von unserem ursprünglichen - wenig ausgearbeiteten und kaum dynamischen - Konzept auf Star Trek: TNG hatte lediglich zur Folge, dass ich wieder Lust auf eine Star Trek-Kampagne bekam. Den enttäuschenden Block konnte sie jedoch nicht retten.

Vor und nach dem Abendblock am Samstag leitete ich wieder das Quiz und ich war von der Teilnahmezahl sehr positiv überrascht. Viele der Änderungen, sowohl die Aufteilung in Weicheier-Fragen und Echte-Nerds-Fragen wie auch das Auswürfeln der Punkte bei jeder Frage, schienen mir gut anzukommen und den Spaßcharakter des Quiz besser zu unterstreichen, als es die letzten Jahre der Fall war. Demnächst sollten die Fragen auch auf der Webseite der Odyssee erscheinen. Vielleicht kann sich dann der eine oder andere ein Bild davon machen. Besonders erfreut hat mich jedoch die Tatsache, dass das Quiz augenscheinlich das erfüllt hat, wofür es konzipiert wurde: Odyssee-besucher zusammen und ins Gespräch zu bringen. Nach der PTA-Enttäuschung war das Quiz ein kleiner persönlicher Erfolg für mich.

Kurz nach Mitternacht - als sich mein Energiepegel wieder ein wenig normalisiert hatte - packte ich noch mal Space Hulk: Todesengel aus. Schnell waren noch 5 weitere Spielfreunde gefunden und wir stellten uns dem Symbiontenpack. Trotz einiger Verluste (2 Spieler schieden völlig aus) konnten wir den letzten Symbiarchen erlegen und die Mission zu Ende bringen. Das Spiel lief sehr spannend, nicht zuletzt weil sich jeder als wichtiger Bestandteil des Teams einbringen konnte. Ich würde mich freuen, dass ganze auf der nächsten Odyssee (oder sogar dem Burg-Con) nochmal zu wiederholen. Nicht unbedingt mit dem gleichen Spiel und auf keinen Fall um die gleiche Uhrzeit, aber die Spielrunde hat den Abend/die Nacht sehr nett ausklingen lassen.

Am Sonntag erschien ich ausgeschlafen und mit vollen Energiereserven um 12 Uhr, um den Workshop zum Thema Kampagnenvorbereitung loszutreten. Wir waren ein kleiner Kreis von 7 Leuten und sprachen gut 3 Stunden über das Wie und Warum von Kampagnen. Es war sehr angenehm sich mal mit anderen Spielleitern zu unterhalten und Erfahrungen auszutauschen, ohne dabei auf die Macken und Probleme von Forendiskussionen zurückzugreifen. Ich hoffe die anderen konnten ein paar neue Ideen oder zumindest Denkanstösse mitnehmen. Ich fand es sehr hilfreich mal von Spielleitern zu hören, die ganz anders spielleiten als ich selbst. Vor allem empfand ich es als sehr aufschlussreich zu hören welche Schwierigkeiten und auch Selbstverständlichkeiten sie beim Leiten sahen. Der Sonntag Abend lief dann am Nachmittag ein wenig aus. Leider hatte ich keine Zeit im Anschluss beim Essen mit der Orga dabeizusein. Allerdings wurde mir das durch ein durchweg fantastisches Kabarett-programm am Abend ausgeglichen.


Die weniger erfreulichen Momente haben mein Odyssee-wochenende sicherlich ein wenig getrübt. Aber auch dieses Jahr hat sich der Besuch für mich gelohnt und trotz meiner Zweifel im Vorfeld, werde ich mit Sicherheit auch 2011 wieder die Odyssee fest einplanen.

Montag, Oktober 11, 2010

Mein Odyssee 2010 Programm

Die Odyssee steht am Ende der Woche an und mittlerweile habe ich es geschafft mein persönliches Programm dafür zurecht zu legen.

Freitag Abend: Fiasco
Ein entspannter und hoffentlich auch sehr unterhaltsamer Einstieg in den Con. Spielleiterloses Rollenspiel mit lockeren Regeln und einem vermutlich eher pechschwarzen Humor. Die Runden, die ich bisher gespielt habe, verliefen entweder sehr gut oder sehr schleppend. Mal schauen wie sich Coen Bros: The RPG mit unbekannteren Gesichtern spielt.

Samstag Vormittag: Maid
Ein Comedyrollenspiel für Animefreunde und solche die von sowas keine Ahnung haben. Wie ich zum Beispiel. Ein sehr überdrehtes und albernes Rollenspiel über Hausmädchen und ihre wilden Aufgaben, während sie versuchen den Haushalt und die Launen des Hausherren zu handhaben. Ein sehr lustiges und überdrehtes Rollenspiel... und nicht nur weil man nur Frauen spielen kann.

Samstag Nachmittag: Primetime Adventures
Nach langer Zeit hat mich wieder die Lust gepackt einen Klassiker zu leiten. PTA hat mich bisher fast immer gut beraten und sehr viel Spass gemacht. Mit einigen groben Serienkonzepten an der Hand sollte man eigentlich das meiste aus dem Block ziehen können.

Samstag Nacht: Das Odyssee Quiz ???
Auch dieses Jahr wollte ich wieder das Quiz leiten bei dem man Preise gewinnen kann, die bedeutungslos sind und Fragen beantwortet, die absurd sind. Mal schauen, ob das in der Programmplanung unterkommen kann.

Sonntag Mittag: Workshop zur Kampagnenvorbereitung
Diesmal wird der Sonntag statt für eine verschlafene und erschöpfte Spielrunde für einen Workshop genutzt, in dem es um Kampagnenvorbereitung geht. Ein hoffentlich informativer und hilfreicher Ausklang für den Con.

Mittwoch, September 29, 2010

Erzählspiel - was soll das?

Beim Kommentieren dieses Eintrags im Apprentice Blog fiel mir auf, dass ich den Begriff Erzählspiel zwar nicht sonderlich mag, aber er sich dennoch in meinen Wortschatz geschlichen hat, wenn ich über Rollenspiele rede. Dabei ist mir die Unterscheidung zwischen erzähllastigen Rollenspielen und Erzähl(rollen)spielen sehr wichtig. Aber um das zu verdeutlichen muss ich ein wenig ausholen.

Es wird kaum jemand daran zweifeln, dass Brettspiele sehr unterschiedliche Spielerlebnisse liefern. Mensch Ärgere Dich Nicht spielt sich anders als Chaos in der Alten Welt und das spielt sich wieder anders als Junta oder Diplomacy. Oberflächliche Gemeinsamkeiten können nicht darüber hinwegtäuschen, dass man es bestenfalls mit einer sehr weit gefächerten Bandbreite an Spielerlebnissen zu tun hat, die mit dem Begriff Brettspiel kaum ausreichend vermittelt wird. Aber niemand, der sich ein klein wenig damit beschäftigt würde etwa Monopoly und Puerto Rico gleichsetzen. Es gibt deutliche und zum Teil auch grundlegende Unterschiede zwischen den Spielen.

Ich bin der Ansicht, dass das auch auf Rollenspiele zutrifft. Es gibt auch bei Rollenspielen eine große Bandbreite an unterschiedlichen Spielerlebnissen, Spielzielen und Spielstilen. Eins davon ist das Erzählspiel.

Mit diesem Begriff sind all die Rollenspiele gemeint, für die folgendes gilt:

Die Charaktere und die Situationen, die sich während des Spiels ergeben, sind nicht allein deshalb interessant weil man „drin steckt“. Bei D&D (als Beispiel für ein nicht-Erzählspiel) sind die Ereignisse und auch die Kämpfe deshalb von Interesse, weil der Spieler sich vorstellt selbst dabei zu sein. Er ist vor Ort und stellt sich vor das Wirrwarr des Kampfes und das Getümmel selbst zu erleben. Würde man diesen Schritt weglassen, würden die meisten D&D-Runden nur wenig Spaß haben. Sich selbst in die Spielwelt einzufügen ist elementar für den Spielspaß und das wichtigste Element, das einen ans Rollenspiel bindet. Vergleicht man das hingegen mit einem prototypischen Erzählspiel wie Primetime Adventures (PTA), fällt auf dass das immer noch möglich ist; aber nicht mehr zwingend verlangt wird, damit das Spiel funktioniert. Die Spielregeln sind nicht dafür da den Spieler zu belohnen, weiterhin der Charakter zu sein. Hier geht es darum eine Serie und Figuren zu Beginn des Spiels zu entwickeln, die man in so einer TV-Serie sehen will. Es geht nicht darum Figuren zu entwickeln, die man sein will. Daher ist es auch eine weit verbreitete Hausregel bei PTA ein Netz an Figuren zu entwickeln und erst danach auszuwählen, welche man spielt. Es kommt dem Grundgedanken des Erzählspiels nahe, dass die Charaktere nicht stellvertretend für die Spieler in der Spielwelt handeln, sondern mit eigenen Zielen ausgestattet sind, die mit denen des Spielers zusammenfallen können, aber nicht müssen. Was jedoch für ein Erzählspiel unverzichtbar ist, sind Charaktere, die die Spieler interessieren. Was sie interessant macht, das unterscheidet sich natürlich von Spieler zu Spieler. Was auch erklärt weshalb viele Erzählspiele mehr Entscheidungsgewalt bei Setting- und Charaktererschaffung ermöglichen. Ziel ist es den Spielern alle notwendigen Mittel in die Hand zu geben, um Charaktere (und damit auch oft ein bestimmtes Umfeld) zu entwickeln, die sie interessant finden.

Ausserdem müssen Erzählspiele den Spielern Entscheidungen bieten, die nicht allein darauf aufbauen, dass der Spieler triumphieren will. Die interessanten Entscheidungen sind bei D&D vor allem taktischer Art. Selbstverständlich sind sie das nicht ausschließlich, aber das taktische Element innerhalb von Kämpfen und Konflikten ist ohne Frage das Herzstück des Spiels. Die Spieler haben ein bestimmtes Ziel im Auge und setzen die Fähigkeiten ihrer Charaktere möglichst geschickt ein, um genau dieses Ziel zu erreichen. Sei es ein Kampf, eine Verhandlung oder eine politische Intrige. Die Entscheidungen im Erzählspiel hingegen sind darauf ausgelegt die logische und schlüssige Folge dessen zu sein, was bisher passiert ist. Bei PTA würde man entscheiden was die nächste logische Handlung des Charakters wäre, welcher – wie schon erwähnt - nicht identisch zum Spieler sein muss. PTA bedient sich des Zufallselements durch Karten, um die Autonomie des Charakters zu simulieren. Der Spieler bestimmt nicht einfach, wie der Charakter sich in einem wichtigen Moment entscheidet, sondern muss die Karten als Ausgangspunkt nehmen, um diese Entscheidungen zu treffen. In vielen Erzählspielen (und auch bei PTA) kommt noch hinzu, dass die Spieler Einfluss darauf haben in was für Situationen sie die Charaktere bringen. Auch hier geht es darum das Spiel für alle Beteiligten interessant zu halten, indem die Charaktere mit den Dingen konfrontiert werden, die die Spieler interessant oder ansprechend finden. Wobei das Interesse nicht immer freudig sein muss. Oft ist es auch unterhaltsam die Charaktere in missliche Situationen zu bringen, um als Spieler zu überlegen wie der Charakter dort handeln würde.

Beschreibungen (worunter ich auch das Ausspielen des Charakters verstehe) haben im Erzählspiel einen hohen Stellenwert. Sie sind die Grundbausteine des Erzählspiels. Man kann es mit dem Bewegen einer Spielfigur beim Schach vergleichen. Beschreiben ist nicht die Quelle des Spielinteresses (genau so wenig, wie es das Figurenschieben beim Schach ist), aber das was man tun muss, um das Spiel zu spielen. Daher müssen Beschreibungen sorgfältig und mit Bedacht gewählt werden. Man vergleiche nur, wie sehr der Spielspaß bei D&D darunter leiden würde, wenn Spieler beliebig und ohne zu überlegen entscheiden was ihr Charakter im Kampf tut. Ebenso leidet ein Erzählspiel darunter wenn Beschreibungen so behandelt werden.

Hier würde ich auch eine klare Grenze zu erzähllastigem Spiel ziehen. Beschreibungen sind in beiden Fällen sehr präsent und können mit viel Sorgfalt gewählt werden. Aber beim erzähllastigen Spiel dienen sie dazu eine abstrakte Regelanwendung zu verkleiden. D&D4 ist da ein gutes Beispiel. Die Anwendung einer Power zieht im Normalfall eine Beschreibung nach sich. Dadurch wird ein abstrakter Regelmechanismus organisch ins Spiel eingebunden und die Interaktion lebendiger gemacht. Eine andere Aufgabe hat die Beschreibung jedoch nicht. Wer mag kann sich natürlich an ihr selbst erfreuen, aber der Fortgang des Spiels wird dadurch bestimmt, welche Regelmechanismen greifen und nicht welche Beschreibungen die Spieler einbringen. Je abstrakter und allgemeiner die Regeln dabei sind, desto erzähllastiger kann das Spiel werden. Daher erfreuen sich gerade regelarme Rollenspiele bei Leuten großer Beliebtheit, die gerne erzähllastig spielen. Das organische Einbinden der Regeln, die den Spielfortgang beeinflussen, verlangt es von den Spielern mehr zu beschreiben. So entsteht schnell der Eindruck, dass regelarme Rollenspiele mehr Rollenspiel (d.h. Ausspielen der Figur) erfordern, als es regelintensive Rollenspiele tun.

Beim Erzählspiel hingegen geht es nicht um diesen spielerischen Mehrwert durch das Beschreiben. Die Beschreibung selbst ist bereits der Spielakt und der Beitrag, den man zum Spielerlebnis leistet. Dadurch wird das Spiel vorangetrieben und darauf baut auch jeder weitere Spielzug auf.

Offensichtlich gibt es Regelwerke, die einzelne Aspekte des Erzählspiels gut unterstützen (z.B. Pendragons Passions) und ebenso offensichtlich trägt das Verhaltenden der Spielenden ebenfalls viel dazu bei, ob man nun eher Erzählspiel, erzähllastiges Rollenspiel oder irgendwie anders Rollenspiel spielt. Das Regelwerk kann da lediglich Hilfsmittel stellen. Auch muss man keine Worte darüber verlieren, dass sich so eine Spielausrichung im Laufe einer Kampagne oder auch eines Abends wandeln kann. Das setze ich schlicht als gegeben voraus.

Die Unterscheidung, die ich hier zwischen Erzählspiel und erzähllastigem Spiel sehe, wird durch diesen Eintrage hoffentlich deutlicher. Das erzähllastige Spiel stellt die Beschreibungen unter die spielrelevante Interaktion und bereichert diese. Während das Erzählspiel in der Beschreibung bereits eine spielrelevante Interaktion versteht.

Sonntag, September 12, 2010

Das ist keine Flagge, das ist schlechte Erziehung

Ein kurzes Überfliegen von rsp-blogs.de hat mir folgenden Blogeintrag geliefert, in dem sich Edalon Gedanken über das Flag Framing macht. Ein sicherlich nicht ganz uninteressantes Konzept, das jedoch - wie so viele Begriffe und Ideen, die im Dunstkreis der Forge ins Gespräch kamen - sehr viel spezifischer und enger gedacht ist, als es in den meisten Runden verstanden und umgesetzt werden will.

Wie so vieles aus dem Forge-umfeld haben Flags vor allem mit einer bestimmten Spielweise zu tun, namentlich dem Narrativismus oder Erzählspiel wie es hierzulande mehr oder weniger übertragen wurde. Die Unterschiede zwischen Erzählspiel und was auch immer man als Gegenpol aufziehen möchte, sind mannigfaltig, unzählbar und ändern sich nach Wetterlage fast täglich. Für das Konzept der Flags ist jedoch nur wichtig zu wissen, dass das Setting, die Charaktere, der Hintergrund, die Situationen... kurz alles was innerhalb des Spiels erfunden, erspielt oder entwickelt wird unter einem ästhetischen Gesichtspunkt betrachtet wird. Oder anders gesagt: man schaut ob etwas irgendwie ansprechend und interessant ist. Erst danach betrachtet man die logischen Folgen und notwendigen Bedingungen, um diese Idee umzusetzen. Wenn man also Lust auf Fabelwesen in den 1920ern hat, dann legt man das fest und beginnt danach erst zu überlegen wie es dazu gekommen sein mag, dass plötzlich Feen, Kobolde und Elfen existieren und was für Folgen das haben könnte. Oder wenn man Freiheitskämpfer in der Spielwelt haben möchte, beginnt man damit und entwickelt danach das Wie, Warum und Wozu.

Flags muss man daher als kleine inhaltliche Konzepte verstehen, mit der man die Spielwelt auffüllt und sie so ansprechender macht. Oder für unsere Denglisch-freunde: Flags sind (ausgewählter)„creative content“, der die Grundbausteine für die Spielwelt liefert. In einem Erzählspiel ist sowas vollkommen normal. Es werden Inhalte und Ideen angesprochen, die dann innerhalb das Spiels umgesetzt, eingebunden und verarbeitet werden. Flags haben jedoch eine besondere Funktion – und darüber scheint kaum Verwirrung zu bestehen – die sie erst zu Flags machen. Flags signalisieren und kommunizieren ein Interesse des Spielers an den SL und den Rest der Gruppe. Man darf diese Funktion von Flags jedoch nicht zu sehr vereinfachen oder verallgemeinern, denn dadurch wird das Ganze wirkungslos.

Flags sind kein unnötiger, englischer Begriff für „sagen was man will“. Mit Flags versucht man gerade den Dingen auf die Schliche zu kommen, die die Mitspieler in einer Spielrunde suchen aber nur schwer in Worte fassen können. Über die inhaltlichen Angaben versucht sich der gewillte SL an das heranzutasten, was die Spieler an den Tisch fesselt. Flags sind lediglich ein Hinweis auf das was ein Spieler sucht, und nicht das Aussprechen eines konkreten Wunsches.

Es geht bei Flags darum, dass man seinen Mitspielern wirklich zuhört. Der Vorschlag Fabelwesen einzubringen, kann viele unterschiedliche Gründe haben. Vielleicht interesiert der Spieler der Kontrast zwischen Technik und Magie in den 1920ern, vielleicht will er ein kindhaftes Sense of Wonder, vielleicht hat er Spaß am Aufrütteln der Vorstellung, dass der Mensch die Spitze der Schöpfung ist, vielleicht soll die Spielrunde bunter und fantastischer gemacht werden. Aber wenn man sich keine Gedanken über das Warum macht, sondern einfach nur das in die Spielwelt reinklatscht, was der Spieler gesagt hat... dann benutzt man keine Flags. Dann lagert man lediglich Arbeit auf die Spieler ab, sich etwas für das Abenteuer einfallen zu lassen.

Daher lassen sich Flags nur schwer und oft mit weniger Erfolg auf Allgemeineres erweitern. Sie entstanden als Begriff um sehr aussagekräftige Vorschläge von Spielern was den Inhalt der Spielrunde angeht zu fassen und zu versuchen diese besser zu erkennen. Wenn man versucht diesen Vorgang mit Fragebögen und ähnlichem beizukommen, geht das nur völlig an der Grundidee vorbei.

Denn die eigentliche Problematik an diesen Spielervorschlägen liegt darin, dass es wenig Spaß macht, genau das zu bekommen was man zu Beginn gesagt hat. Es ist ein Rollenspiel. Nichts hindert einen daran zu sagen „es gibt Fabelwesen in den 1920ern“. Wenn man dafür erst umständlich Wege über Regeln und Spielvorbereitung gehen muss, dann ist das kein Verdienst oder ein reizvoller Spielinhalt. Es ist lediglich eine komische Form verhätschelt zu werden. Es muss jeder selbst entscheiden wie sehr das den eigenen Spielspaß steigert.

Man kann sicherlich versuchen Flags jenseits von inhaltlichen Vorschlägen zu suchen. Sei es bei den Werten der Charaktere, deren Eigenschaften oder deren Hintergrundgeschichte. Und wer darin ein wenig Übung hat, kann diese Informationen vielleicht ähnlich gut auswerten. Aber Flags, die sich aus dem Inhalt ableiten, scheinen mir effektiver und direkter. Vor allem sind sie innerhalb des Erzählspiels die mehr oder weniger natürliche Form sich über das Spiel zu unterhalten. Man spricht über die Dinge, die in der Spielwelt passieren und drückt damit (oft implizit) aus, was einen daran interessiert. Wer ein Ohr für diese Dinge entwickelt, kann die Spielrunde mit Inhalten anreichern, die das gleiche Interesse bedienen und dabei frisch und überraschend bleiben.

Sonntag, August 08, 2010

Old School - was ich noch sagen wollte

Beim Stöbern durch Foren und Blogs bin ich mal wieder über den Begriff "old school" gestolpert und dem diffusen Spielstil, der damit betitelt wird. Mir fiel mal wieder auf wie unnütz diese Spielstil-bezeichnungen sind, weil der Zeitraum in dem sie irgendetwas konkretes und greifbares beschreiben können nur ein Bruchteil dessen ist, wie lange sich diese Begriffe weit über ihre Nutzbarkeit hinaus halten. Solche Spielstilnamen zu benutzen, ist so als würde man auf einer lauten Baustelle versuchen "stille Post" zu spielen.

Aber letztendlich ist dieses Problem nur in Online-diskussionen wirklich vorhanden. Im direkten Gespräch lassen sich diese Begriffe oft weit länger sinnvoll benutzen, um sich zu verständigen oder über Rollenspiel zu philosophieren. Denn letztendlich ist der Witz an diesen Begriffen, dass sie nicht eine Art von abstrahierter, idealisierter Spielweise oder Spielverständnis beschreiben. Stattdessen sind sie eine Bezeichnung für eine bestimmte Art von Spieler oder Person, die diesen Begriff benutzt, sich damit identifiziert und sich unter diesem Gesichtspunkt an Rollenspielunterhaltungen beteiligt. Effektiv bedeutet das, dass man mit "old school" keinen Spielstil mehr beschreibt, sondern praktisch eine Art von Spieler.

Wenn in einem Blog von "old school" die Rede ist, dann denkt man unweigerlich an die Personen und Persönlichkeiten, die sich dazu zu Wort melden. Man denkt an die Forennamen, die Manifeste, Klarstellungen und Erlebnisberichte dazu schreiben. Diese gedankliche Verkürzung mag zwar nicht sonderlich produktiv sein, sie ist aber bequem und lässt sich bei den meisten Leuten wohl kaum von der Hand weisen.

Der Grund weshalb Narrativismus-spieler oder ARSler in manchen Kreisen so ungern gesehen sind, hat weit weniger mit irgendwelchen Spielweisen zu tun, als den Fratzen, die damit in Verbindung gebracht werden. Bestimmte Begriffe wecken bestimmte Assoziationen. Und wenn diese Assoziationen bzw. Spieler eher Unwillen und Frust wecken, kommt man mit seinen tollen Begrifflichkeiten nicht weiter. (Ich bin mittlerweile der Meinung, dass man schlechte Spieler vor allem an ihrer hysterischen Reaktion auf das Wort "railroading" erkennt; und schlechte Spielleiter vor allem an ihrer Besessenheit mit dem Wort "Story". Je intensiver die Beschäftigung, desto störender der Rollenspieler.)

"Old School" zum Beispiel hat sich in meiner gedanklichen Kategorisierung in den letzen Monaten merklich gewandelt. Anfangs war mir die Idee sehr sympatisch, vor allem weil mir das Unprätentiöse daran gefiel. Es gab nicht das Selbstverständnis nach hoher Rollenspielkunst zu streben. Oder die Idee, dass man hoch-komplexe und vielschichtige phantastische Spielerlebnisse durchlebte. Old School - so zumindest meine ursprüngliche Wahrnehmung - war zufrieden mit weniger Aufwand, ohne sich dabei als minderwertig zu verstehen. Old School war mir sympatisch, weil ich dahinter Leute sah, die für sich entschieden hatten, dass mehr Aufwand und Komplexität ihnen nicht mehr Spielgenuss einbrachte. Mir war das sympatisch, weil ich darin ein Rückbesinnung auf das Individuelle beim Rollenspiel gesehen habe, dass eben auch mal Trends des Hobbies ignorieren darf, kann und manchmal auch sollte. Unter diesem Gesichtspunkt fand ich Old School toll. Es war zwar nichts für mich, weil mir das klassische Old School-genre "Sword & Sorcery" einfach zu wenig gab, aber ich erfreute mich an der Begeisterung, die unter den Anhänger so damit geweckt werden konnte. Denn der Rollenspielszene fehlt es mit Sicherheit nicht an negativen, ablehnenden und pessimistischen Stimmen.

Wie ich jedoch mit der Zeit fest stellen musste, hielt die positive und unterstützende Begeisterung nicht lange. Schnell tauchten Stimmen im Old School Bereich auf, die unter der Rückbesinnung auf einfachere Zeiten auch eine Ablehnung anderer "modernerer" Spiele verstanden. Diese Ablehnung schwappte dann auch schnell auf jegliche Veränderung und Abweichung von Altbekanntem über, bis ich im Stimmenwirrwarr um Old School herum vor allem das laute, verächtliche Schnauben hören konnte. Aus meiner Wahrnehmung von Old School als offene und positive Bestärkung eines Rollenspielminimalimus, wurde einer von vielen, unzähligen und schwer erträglichen elitären Kreisen, die man ausblendet um sich überhaupt noch unterhalten zu können.

Mittlerweile ist es mir unmöglich bei jeder Erwähnung von Old School nicht auch den reaktionären und konfrontativen Unterton zu hören. Die Unbefangenheit, die ich anfänglich für das Markenzeichen von Old School hielt, sehe ich mittlerweile nicht mehr. Stattdessen scheint der Begriff Old School vor allem Ideologen auf den Plan zu rufen.

Dienstag, Juli 20, 2010

Schreiben ist Silber, Reden ist Gold - ep.8

Georgios' Podcast #8 (Blutschwerter)
Georgios' Podcast #8 (Mediafire Link)

Thema: Spieleinführung
Länge: 7:52
Neueinstieg in der Coolness-Skala: Feze

Die unterschiedliche Tonqualität ist dadurch entstanden, dass zum Teil mehrere Wochen zwischen den Aufnahmen lagen.

Montag, Mai 17, 2010

Es war ein wahrhaftes [Fiasco]

Am Freitag bin ich endlich dazu gekommen mal eine Runde Fiasco zu spielen. Das Spiel lag schon seit 2 Wochen ungespielt rum und so langsam musste sich ja mal was ergeben.

Fiasco ist ein Spielleiter-loses Rollenspiel, welches wirklich sehr frei angelegt ist. Ich würde es selbst über Spiele wie Prime Time Adventures oder Dread stellen, was die Einschränkung durch die Regeln angeht. Wie bei jedem Erzählspiel steht die Konsensbildung sehr stark im Mittelpunkt. Man einigt sich gemeinsam wie das Spiel weitergeht. Während bei den meisten Rollenspielen Regelmechanismen vorhanden sind, um einen Konsens zu erzwingen ("ich habe eine 6 gewürfelt, also bestimme ich jetzt was passiert" oder "der Wurf ist gelungen, also erreicht mein Charakter sein Ziel") fehlen diese bei Fiasco völlig. Deutlicher gesagt:

Es gibt keine Regeln, die einem die Entscheidung einschränken, was als nächstes passiert.

Fiasco ist ein Spiel, das mit dem erzählerischen Können der Gruppe steht und fällt. Ein klein wenig habe ich mich an Spiele wie Pandemie erinnert gefühlt, in der es ebenfalls keine verregelte Vorgehensweise gibt, wie man die Züge zwischen den Spielern zu koordinieren hat. Fiasco ist dahingehend recht ähnlich. Jeder Spieler bekommt über das Spiel verteilt 4 Szenen in denen sein Charakter im Mittelpunkt steht und während der Szenen gibt es lediglich einen Regelmechanismus, der dafür da ist zu signalisieren ob die laufende Szene einen guten oder schlechten Ausgang nimmt.

In unserer Runde wurde das anfänglich so interpretiert, dass man zuerst die möglichen Ausgänge konkretisierte, bevor man sich für einen der Würfel am Tisch (die den positiven/negativen Ausgang darstellten) entschied. Gegen Ende war ich zunehmend der Meinung, dass wir uns damit auf dem falschen Dampfer befanden. Je mehr ich den Ablauf der Spielrunde und die Entwicklung der Szenen überdenke, umso mehr bin ich davon überzeugt, dass dieses "Vorher erzählen" ein Fehler ist. Ich denke vielmehr dass der positive/negative Ausgang einer Szene erst nach der Wahl einer Richtung bestimmt werden sollte. (Ein ähnliches Phänomen gibt es auch bei Prime Time Adventures, in der bei der Bestimmung der Agenda oder des Konflikts, oft viel zu viel vorweggenommen wird und das Rollenspiel während der Szenen so überflüssig gemacht wird.) Dadurch entsteht ein gewisser Bruch im Spielfluß, der einen fast immer aus dem Spiel herausreißt und einen dazu zwingt Dinge in Worte zu fassen (d.h. alles was passieren könnte), die unausgesprochen sehr viel reizvoller sind.

Ein Kritikpunkt, der nach dem Spiel angesprochen wurde, war die empfundene Beliebigkeit des Abenteuers. Hier, denke ich, haben wir eine der wichtigsten Regeln für das Erzählrollenspiel vergessen: "Mit viel Freiheit, kommt viel Verantwortung." Im Laufe des Spiels sind wir schnell der Versuchung verfallen einzelne Szenen noch unterhaltsamer, noch lustiger, noch wilder zu machen (kurz: dem "Awesome" hinterher zu jagen) und haben dabei oft das Gesamtbild aus den Augen verloren. Oder besser gesagt: zu oft war uns der Gag in der Szene wichtiger, als die strikte Einhaltung der Charaktere, die Plausibilität der Story oder auch die Einhaltung eines weniger seichten Genrestils. Da das Spiel keine Regeln beinhaltete, um diese Dinge zu verhindern (wie auch?), ist man als Gruppe gemeinsam in der Verantwortung, das Spiel so schwer oder leichtfüßig zu halten, wie es sein muss, damit man am Ende zufrieden ist. Eine Aufgabe, die sonst meist vom SL übernommen wird, wird hier natürlich auf alle Spieler verteilt. Rückblickend ist das sicherlich offensichtlich, aber während des Spiels ging es in der Begeisterung für die Situationen und Charaktere verloren.

Das Interessante an Fiasco sind ohne Zweifel die sehr dezenten, aber dennoch spürbaren Einflüsse, die durch die Listen in das Spiel kommen. So sind die Listen für die Spielvorbereitung (The Set-Up), in denen Beziehungen zwischen Charakteren, Orte, Gegenstände und Motivationen ermittelt werden ein sehr guter Boden um auf die Schnelle ein unterhaltsames und interessantes Ausgangsszenario zu entwickeln. Auch die Liste, mit der der Auslöser ermittelt wird durch den die ehrgeizigen Vorhaben der Charaktere in ein Fiasko münden, fügen sich sehr gut in das Geschehen ein. Dass die Listen mit denen ermittelt wird, welcher Art die Auflösung der Geschichte sein wird (z.B. ein Schicksal schlimmer als der Tod, heftigst angeschlagen, leicht angeknackst, sauber, etc.), eher zufällig erscheinen, passt sicherlich auch zum Genre mit dem sich Fiasco augenscheinlich beschäftigt. Wobei ich hier wohl am ehesten Änderungen für die eigene Spielrunde einführen würde, falls man mal weniger bittere und tief-schwarze Runden spielen möchte.

Unter'm Strich ist es vor allem der Umgang mit der Erzählfreiheit, der Fiasco zu einem nicht ganz einfachen Rollenspiel macht. Ironischerweise glaube ich aber, dass man gerade in Runden, die schon ein paar Erzählrollenspiele kennen, vielleicht mehr Schwierigkeiten haben wird. Dafür sind einige Lektionen, die man mit anderen Rollenspielen macht, zu sehr verinnerlicht. Fiasco spielt sich mit einer sehr klassischen Vorstellung von Rollenspielabenteuern, vielleicht sogar einen Tick einfacher als ohne. Ganz alleine schon deshalb, weil mir dort die Genretreue sehr viel stärker vorhanden scheint, als bei Rollenspielen deren Genre allein durch die Gruppe bestimmt wird.

Dienstag, April 13, 2010

Ankündigungen

Zwei kleine Ankündigungen.

1. Der Mediafire-link zur 7. Ausgabe des Podcasts ist jetzt zu haben. Hier findet man die Datei (für all die Leute, die nicht auf das Blutschwerter-Forum zugreifen können).

2. Inspiriert von den Fragebögen auf Dice2Death wird der nächste Podcast vermutlich ebenfalls in Interview sein. 21 Fragen an einen Rollenspieler. :D

Donnerstag, April 08, 2010

Schreiben ist Silber, Reden ist Gold - ep.07

Georgios' Podcast #7
Georgios' Podcast #7(Mediafire Link)

Thema: Warhammer Fantasy Roleplay 3 - praktische Erfahrungen
Länge: 8:07
Album des Monats: Of the Blue Colour of the Sky (OK Go)

Mittwoch, März 31, 2010

Die kindliche Angst vor dem Railroading

Wer diesen Blog schon etwas länger liest, wird sicherlich bemerkt haben, dass ich mich ein klein wenig daran störe wie mit dem Begriff Railroading umgegangen wird und was für Auswirkungen er bei Spielern und Spielleitern hat.

Unabhängig davon wie man Railroading versteht und was man alles dazu zählt, muss man zugeben, dass Railroading als großes Übel oder zumindest als bedauernswerte Fehlentwicklung in einer Runde behandelt wird. Durch Railroading wird die Entscheidungsfreiheit der Spieler beschnitten und die Ergebnisoffenheit des Spiels untergraben. Dem stimme ich voll und ganz zu. Genau das oder etwas vergleichbares paasiert, wenn es in einer Runde zu Railroading kommt.

Und meine Frage lautet nun: na und?

Was ist daran so schrecklich und unzumutbar, dass man als Spieler in einer einzelnen Situation nicht frei wählen kann wie man handelt? Woher kommt die Vorstellung, dass jede Situation den Spielern ausnahmslos jeden Handlungsversuch eine faire Chance zukommen lassen muss?

Muss man denn immer darauf pochen jede Situation auf genau die Weise zu lösen, die einem am besten gefällt? Ist es wirklich so ein Unheil, wenn man zwischen dem was der SL für sinnvoll hält und dem was die Spieler für interessant halten einen Kompromiss sucht? Oder schlimmer noch, wenn man als Spieler mal nicht seinen Kopf durchsetzen kann?

Bei manchen Kommentaren im Internet habe ich den Verdacht, dass große Entscheidungsfreiheit einfach nur eine Form vor Eskapismus für die Spieler ist. Dass man sich als Rollenspielcharakter in eine Welt flüchten kann in der man eben auf nichts und niemanden hören muss. In der man sich von niemanden etwas vorschreiben muss, und sofort die Warnpfeife des Railroadings bläst, wenn der SL oder ein Abenteuer es wagt die Spieler in eine Situation zu stellen, in der sie nicht alles tun können was ihnen in den Sinn kommt.

Ich halte dieses Geschrei und Geheule für ziemlich unreif und kindisch. Ich habe mit genug unterschiedlichen Spielern gespielt, um zu wissen, dass Entscheidungsfreiheit von jedem zu einem anderen Grad geschätzt wird. Der Zusammenhang zwischen spielerischer Qualität und uneingeschränkter Handlungsfreiheit ist bei weitem nicht so klar und deutlich wie von einigen Leuten gern vorausgesetzt wird.

Die vermeintlich deutlichen Railroadingfälle sind aber bekanntermaßen die, in denen einzig und allein eine Handlung zulässig ist. Situationen in denen die Spieler nur einen Handlungsweg nehmen dürfen. Wenn so etwas wiederholt und durchgehend passiert, dann ist das für den passionierten Hobbyisten natürlich langweilig, wenn nicht sogar frustrierend. Das wird den meisten so gehen, wie ich denke.

Ich bin jedoch nicht davon überzeugt, dass die radikale Gegenposition gerechtfertigt ist. Der Kreuzzug gegen das Railroading bis jedes Abenteuer nur aus Situationen besteht, in denen die Spieler zu jedem Zeitpunkt völlige Freiheit darüber haben wie der Abenteuerverlauf vorangeht, scheint mir unnötig. Ich denke weder, dass damit in platonisches Ideal an Rollenspiel erreicht wird, noch dass man dadurch als SL das beste für sich und seine Gruppe erreicht. Wie bereits erwähnt, sehe ich keinen Konsens an den Spieltischen wie viel Entscheidungsfreiheit tatsächlich verlangt wird. Irgendwie scheint es den nur in Foren und Blogs zu geben.

Es erscheint mir viel mehr am Sinnvollsten den Spielern irgendwie zu vermitteln wann ihre Handlungsmöglichkeiten stark eingeschränkt sind und wann nicht. Situationen, in denen eine starke Einengung der Handlungsfreiheit vertuscht wird, sehe ich nicht unbedingt als die bessere Alternative. "Railroading ist in Ordnung, so lange die Spieler nichts merken" halte ich für den falschen Ansatz. Wirklich negativ an Railroadingszenen ist doch vor allem die vergeudete Zeit, die die Spieler damit verbringen Alternativen zu suchen, die es nicht gibt und der Aufwand des SLs Ideen zu untergraben und zu blockieren, die das Abenteuer nicht weiterbringen.

Punkte, die man bequem umgehen kann, wenn man als SL einfach mal erwähnt, wann die Ideen der Spieler wirklich voll und ganz gefordert sind und wann Cleverness einfach keine wichtige Rolle spielt. Railroading sollte kein Tabu sein. Es ist in den meisten Fällen ein wenig lästig sein, vielleicht sogar etwas ernüchternd. Aber in der Praxis eben ab und an ein notwendiges oder auch nur bequemes kleines Übel. Wenn man lernt solche Dinge zu akzeptieren, statt sich in die absolute Verneinung und Ablehnung zu steigern, spielt es sich gleich viel entspannter und gelassener.

Mittwoch, März 24, 2010

Angeeignete und übertragene Zitate - Die Rache des David Mamet

Frage: Was ist [ein Abenteuer]? [Ein Abenteuer] ist der Versuch eines Helden die Dinge zu überwältigen, die ihn davon abhalten ein bestimmtes und dringendes Ziel zu erreichen.

Also: Wir [die Rollenspieler] müssen uns *in jeder Szene* drei Fragen stellen.

1) Wer will was?
2) Was passiert wenn er/sie es nicht bekommt?
3) Warum gerade jetzt?

Die Antworten auf diese drei Fragen sind wie ein Lackmustest. Wendet man sie an, werden die Antworten einem verraten, ob man es mit [einem Abenteuer] zu tun hat oder nicht.

Montag, März 22, 2010

Schreiben ist Silber, Reden ist Gold - ep.6

Georgios' Podcast #6 (mediafire)
Georgios Podcast #6 (Blutschwerter)

Thema: Investigativabenteuer
Länge: 8:43
The game: afoot


(NACHTRAG: Link zu den Blutschwertern eingefügt.)

Samstag, März 20, 2010

[Kluge Worte anderer Leute] Das Spaß-Glossar

Gefunden bei Amagi-Games.org von Levi Kornelsen. Die Unterscheidungen, die er hier macht, fand ich sehr interessant und zumindest ein gutes Fundament um sich über Aspekte des Rollenspiels zu unterhalten, die man vorher vielleicht nicht unbedingt bewusst wahrgenommen hat.

Ich habe die Seite einfach mal übersetzt. Das Original findet sich hier.


The What-I-Like Glossary


Was soll das?

Rollenspieler spielen aus unterschiedlichen Gründen und suchen oft verschiedene Spaßquellen in einer Spielrunde. Allerdings ist es oft nicht einfach über diese Dinge zu reden, ohne dass man schnell bei Begriffen wie "powergamer" oder "storyteller" landet, und vielen anderen Begriffen, die stark vereinfachen was es denn genau ist, woran Leute Freude haben. Falls deine Gruppe sich über diese Dinge unterhalten will und ein besseres Verständnis sucht was jedem einzelnen am Tisch gefällt, gibt es hier einige weniger vereinfachte und weniger ideologisch gefärbte Begriffe.

AGON ist die Freude darüber einen anderen Spieler am Tisch besiegt zu haben. Das ist nicht ganz das selbe wie das Überwinden einer Herausforderung, oder trotz schlechter Chancen den Sieg davon zu tragen. Es geht darum die anderen Spieler am Tisch zu besiegen. Bei Rollenspielen ist das nicht sehr stark verbreitet. Die meisten Rollenspieler versuchen es sogar zu vermeiden, denn problematischer Agon kann sehr viel Schaden anrichten. Aber manchmal schleicht er sich doch ein. Wenn der SL in der Rolle der Opposition nicht nur die Herausforderung gerecht ausspielt, sondern den Spielern eins auf die Mütze zu geben versucht, dann ist er bei Agon gelandet. Wenn die Spieler sich gegenseitig übertrumpfen wollen in dem sie noch coolere und aufregendere Dinge tun und sagen, dann hat man es wieder mit Agon zu tun. Agon kann eine Spielrunde bereichern, aber nur wenn er erkannt und akzeptiert wird, statt unausgesprochen unter der Oberfläche zu brodeln.

ALEA ist die Freude des Glücksspiels. Der Spaß der durch das Eingehen von Risiken entsteht, die Spannung die sich daraus entwickelt: das Gewinnen oder Verlieren. Spiele mit wichtigen Würfelwürfen, inbesonders wenn viel an einem einzelnen Würfelwurf hängt, bieten den Spielern Alea.

CATHARSIS ist das Gefühl des plötzlichen Auflösens von Spannung, nach einer besonders intensiven oder eindringlichen Erfahrung. Diese muss nicht zwingend tragisch oder traumatisch sein, aber emotional packend. Catharsis wird oft durch eine bestimme Umgangsform erreicht - insbesondere von seinem Charakter in der ersten Person sprechen, ist dabei sehr hilfreich.

CLOSURE ist das Gefühl, dass nichts weiter getan werden muss und die Sache abgeschlossen ist. Closure setzt voraus, dass was auch immer gerade Thema ist eine Auflösung gefunden hat. Das ist nicht an ein bestimmtes Ziel gebunden, aber setzt voraus dass der SL die Charakterziele und Endpunkte deutlich macht, oder auf die Spieler hört und das gemeinsame Ende sucht.

EXPRESSION ist das schlichte Verlagen am Spieltisch kreativ tätig zu sein. Spieler mit solchen Interessen wenden viel Zeit für Umschreibungen auf, zeichen womöglich ihre Charaktere und entwerfen große Hintergrundgeschichten für sie. (Wobei eine große Hintergrundgeschichte auch auf Kenosis oder Kairosis hinweisen kann.)

FIERO ist das erhebende Gefühl des Triumphes; etwa durch einen Sieg, durch das Bewältigen einer Herausforderung oder das Bezwingen eines Gegners. Wer nach Fiero möchte, sucht nach Gegenspielern gegen die sie klar Stellung beziehen können. Der SL spielt dann oft ein klein wenig gegen die Spieler. Ohne eine richtige Herausforderunge, mit echten Gefahren, gibt es auch kein Erfolgserlebnis für den Fiero-suchenden. Wer in einem Computerspiel immer und immer wieder gestorben ist, und dann es dann irgendwann schafft siegreich zu sein und vor Freude jubelnd Siegesposen vor seinem Computer mimt, weiß was Fiero ist.

HUMOUR - Spiele kann man zur eigenen Belustigung spielen und oft tut man das auch. Ein Spieler der nach Humour sucht, wird die Zusammenarbeit mit den anderen Spielern suchen, manchmal geht das sogar so weit, dass er den anderen Spielern sagt, was sie zu tun haben. Denn manche Arten von Humor ignorieren die klare Verteilung von "Wer darf was", die bei Rollenspielen oft sehr wichtig ist.

KAIROSIS ist die Zufriedenheit, die man aus Veränderung und Entwicklung zieht. Wenn ein Charakter unter Druck steht und plötzlich etwas über sich preisgibt, was man vorher nicht wusste oder wenn er eine merkliche Veränderung durchlegt (und dadurch noch interessanter wird), dann ist das oft eine Folge der Suche nach Kairosis.

KENOSIS ist das Gefühl tief in den Charakter oder die Fiktion des Spiels einzutauchen. Es ist eine Form von "Immersion". Spieler denen es darum geht, wünschen sich oft sehr gut gezeichnete Charaktere. Ausserdem versuchen viele solcher Spieler (aber nicht alle) die Art von Zusammenarbeit zu meiden, die sie "aus dem Fluss" bringt. Tiefe Kenosis ist einer der vielen "flow states", die es im Rollenspiel geben kann.

KINESIS ist der greifbare Spaß. Miniaturen, Karten, Illustrationen, Marker und Würfel sind alles visuelle und greifbare Dinge, die an einem Rollenspiel Spaß machen können. Ich kenne keinen, der diese Dinge als oberste Priorität sieht, aber es gehört für so manchen zu den 5 wichtigsten Punkten im Spiel.

LUDUS ist für Leute, die die Regeln ernst nehmen. Die Regelmeister und Optimierer suchen diese Art von Spaß. Für Leute, die Ludus-spaß wollen, sind die Regeln das Spiel. Sie sind das Spielzeug für das sich die Gruppe trifft und womit sie spielt. Was auch immer die Regelmechaniken sind, welchen Spielablauf sie auch unterstützen, dorthin zieht es die Ludus-spieler. Um Ludus zu bieten, muss das Spiel genug Komplexität besitzen, um sich hineinknien zu können und allein durch das Spiel mit den Regeln unterhaltsam sein. D&D und Exalted sind beides Spiele, die Ludus-interessierte Spieler zu unterhalten wissen.

NACHES ist der Genuss mitanzusehen, wie jemand dem man etwas beigebracht hat oder für den man veranwortlich ist, mit diesem Wissen Erfolg hat. Wenn es einen Spieler in der Gruppe gibt, der anderen immer gerne Regeln erläutert und erklärt wie sie funktionieren, kann es gut sein, dass dieser Spieler Naches genießt. Viele SLs sind, wen wundert's, Naches-freunde. Einige Spieler haben auch Spaß daran, wenn ein Schüler oder Verbündeter ihres Charakters durch ihre Hilfe Erfolg hat.

PAIDA ist zügelloser Spielspaß, bei dem Regeln lediglich ein Beiwerk sind. Spieler, denen es um Paida-spaß geht ziehen es vor, Regelfragen nach dem Bauchgefühl zu lösen und sich danach zu entscheiden was gerade am besten passt. Wenn es komplexe Regeln gibt, was den Umgang mit Gegnern angeht, versuchen Paida-spieler Gegner zu meiden. Das Neue und Unbekannte ist in solchen Fällen oft - aber nicht immer - wichtig für die Spieler. Alberne Charaktere sind manchmal ein Zeichen dafür, dass dem Spieler nach Paida der Sinn steht.

SCHADENFREUDE ist der Spaß am Missgeschick und Unglück anderer. Der Spaß, den man hat, wenn man sieht wie der Bösewicht seine gerechte Strafe bekommt, ist ein typischer Vertreter davon. Eine Spielrunde kann so etwas nur liefern, wenn es Charaktere gibt, die die Spieler mit Freude hassen und sie ihnen wirklich weh tun können (nicht unbedingt körperlich), ohne sich dabei schlecht zu fühlen.

SOCIABILITY ist recht grundlegend. Für die meisten Spieler ist das Spiel und alles was dazu gehört das Spiel zu spielen nur ein Weg um gemeinsam etwas zu unternehmen. Die Spielrunde ist auch - oder nur - eine Ausrede um außerhalb der spielerischen Interaktion gemeinsam Zeit zu verbringen. Spieler, denen es vor allem um Spiel als gemeinschaftliche Interaktion geht, versuchen ihre Ziele oft an die der anderen Spieler anzupassen. Aber wollen sich auch sonst gerne unterhalten. Wenn sie nicht direkt mit dem Spielen ihres Charakters beschäftigt sind, unterhalten sie sich oft nebenbei.

VENTING ist ganz einfach das Verlangen Frust oder andere Emotionen durch das Spiel loszuwerden. Nach einem harten Tag, kann es sehr viel Spaß machen einigen Orks einfach mal die Nasen platt zu hauen.

Ein Link

Diesmal nur ein Link während ich den nächsten Podcast vorbereite (der absolut gar nichts mit dem Link zu tun haben wird).

Sehr interessantes Experiment/Spielkonzept. Vor allem deshalb wie die Spieler mit der Fiktion des Brettspiels umgehen und diese in einzelnen Fällen erweitern, verändern oder neu schreiben. Aber auch die Beobachtungen zur "human choice", welche digitale Spiele (so die Ansicht der Macherin) nicht einfangen können.

TRAIN

Mittwoch, März 10, 2010

Schreiben ist Silber, Reden ist Gold - ep.5

Georgios' Podcast #5 - Blutschwerter
Georgios' Podcast #5 - Mediafire

Thema: Die Story Falle
Länge: 8:51
Rock Band 2 GS: 4

Mittwoch, März 03, 2010

[FA-Q]Georgios erklärt sämtliche Spielstile

Offenbar gibt es weiterhin Verwirrung und Unklarheiten darüber, was die unterschiedlichen Spielstile angeht, die Rollenspieler auszuüben pflegen. Hier nun also ein Artikel zu sämtlichen Spielstilen, die in Diskussionen herumgeistern.

Sämtliche Besonderheiten und Eigenschaften der Spielstile lassen sich auf diese Grundgedanken zurückführen. Sobald das nicht mehr der Fall ist, hat man es nicht mehr mit einer sauberen und funktionalen Formen davon zu tun, sondern mit aus Unfähigkeit oder Unwillen entstandenen Zerrbildern.

ARS - Der Berüchtigste aller Spielstile und in seiner gedanklichen Klarheit und unerschrockenen Bedingungslosigkeit unerreicht. ARS entstand als Auflehnen gegen das entartete Rollenspiel und als Zeichen gegen die Unterwanderung durch das linke Geschmeiß und ihre perfiden Ideologien. Beim ARS kontrolliert der Spielleiter die Welt und die Spieler ihre Charaktere. Verschiedene Variationen davon greifen Aspekte der Spielerkontrolle oder des Spielleitereinflußes bewusster auf, aber fußen voll und ganz auf der klaren Abgrenzung dieser Elemente.

Storytelling - Ein Randphänomen im Rollenspiel, welches von niemandem wirklich wahrgenommen wurde und nur in den obskursten Rollenspielbüchern als Fußnote erscheint. Der Vollständigkeit wegen wird es hier kurz erwähnt. Beim Storytelling wird eine abstruse Verteilung von Charaktern und Spielwelt (inkl. NSCs wenn man sich das vorstellen kann) vorgenommen, die den Spielern erstere und dem Spielleiter (oder "Erzähler") letztere zuteilt. In der Praxis natürlich überhaupt nicht umsetzbar und anderen Spielstilen offensichtlich unterlegen.

Storygaming - Die Kunstform des Rollenspiels. Anders als in anderen Spielstilen werden Charaktere und Spielwelt vollkommen neu aufgezogen, so dass der Spielleiter nicht die Charaktere lenkt, sondern über die Spielwelt entscheidet (besonders talentierte Storygamer übernehmen auch zusätzliche Charaktere, z.B. Antagonisten und Nebenfiguren. Diese Begriffe jetzt zu erklären würde den Rahmen des Blogs und vermutlich des gesamten Internets sprengen). Die Spieler werden hier mit einer völlig neuen Aufgabe konfrontiert, in dem jeder von ihnen einen Protagonisten (d.h. Held) spielt. Es sollte offensichtlich sein, dass das eine derart radikale Abkehr vom Rollenspiel ist, dass Storygaming praktisch ein eigenes Hobby darstellt. Ein Hobby für das die meisten Rollenspieler nicht die nötige Reife, geistige Kapazität oder emotionale Erfahrung besitzen. Es ist echt ganz total was anderes. Also wirklich jetzt.

Gamismus - Irrtümlich als Umschreibung für eine Art von Konsens zwischen Spielern entwickelt, wurde die wahre Bedeutung nur einigen grenzgenialen Individuen deutlich, die darin den Schlüssel zu einer neuen Ebene des Hobbies erkannten. Gamismus erklärt den Aufbau des Spiels als eine Aufteilung zwischen Spieler und Spielleiter was Dinge wie Charaktere und Spielwelt angeht. Es gibt diesbezüglich noch immer hitzige Diskussionen wer über welche Dinge entscheiden sollte. Aber in den letzten Jahren scheint die Ansicht mehr und mehr Unterstützung zu gewinnen, dass dem Spielleiter die Welt und den Spielern die Charaktere übergeben werden sollten. Immer noch ein sehr heikles und kontroverses Thema, dessen hitzigen Streitpunkte jederzeit wieder aufzuflackern drohen.

Narrativismus - Von einem Gerüchten zufolge Mann entworfen, der Rollenspiele weder versteht, kennt, spielt oder mag. Dabei wird dem Rollenspiel die gesamte Grundlage genommen und im gleichen Zug pervertiert, in dem Charaktere und Spielwelt den Spielern bzw. dem Spielleiter übergeben wird. Auf ethisch-moralischer Ebene eine vollkommen indiskutable Vorgehensweise und sollte jederzeit mit vollster Verachtung, Spott und Häme beantwortet werden.

Simulationismus - Der mit Abstand wichtigste und bedeutsamste aller Spielstile. Wenn man das nicht versteht, dann kann man Rollenspiel als solches nicht begreifen. Im Mittelpunkt des Simulationismus stehen Spielwelt und Charaktere. Dem gegenüber steht die Spielgruppe, welche - und das ist jetzt wichtig - in Spieler und Spielleiter aufgeteilt wird. Also Spieler - die spielen - zum einen und Spielleiter - der das Spiel leitet - zum anderen. Bevor es weitergeht, sollte das verinnerlicht werden
Spieler und Spielleiter.
Spieler.
Spielleiter.

Soweit alles klar? Nun, jetzt werden diese Dinge richtig kompliziert, weil einer der beiden nun die Spielwelt übernimmt und einer die Charaktere. (Wenn man mit mehr als 2 Personen spielt, können auch mehrere Charaktere vergeben werden.). Dem Spielleiter fällt die Spielwelt zu, aber den Spielern Charaktere. An diesem Punkt steigen viele aus, und ich selbst musste erst ein Vierteljahr in einem buddhistischen Kloster verbringen, bevor ich diese Aufteilung begriffen hatte.


Freeform - Eine quasi-religöse Grenzerfahrung und ein Bad in einem leuchtenden Meer von Spaß und Glückseligkeit, dass man jederzeit erreichen kann, wenn man nur aufhört so verdammt verkopft und verkrampft zu sein. Ich selbst verstehe freeform überhaupt nicht und habe keine Ahnung wie man die Spielwelt dem Spielleiter übergibt, aber dann gleichzeitig den Spielern Charakter geben kann über die sie dann entscheiden. Freeform ist so einzigartig und fantastisch, dass eigentlich niemand die Wahrhaftigkeit dieses Spielstils auch nur erahnen kann, wenn er nicht das Glück hat mit einem wahrlich Erleuchteten am Tisch zu sitzen.

Damit sollten die grundlegenden Unterschiede zwischen den Spielstilen deutlich geworden sein. Vor allem sollten damit die verschiedenen Debatten, Flamewars und Zickereien nachvollziehbarer und verständlich werden. Schließlich wird ja jetzt deutlich woher diese Konflikte kommen und wie sie entstehen.

Montag, Februar 22, 2010

Warum düster immer plump ist

Ich habe den Eindruck, dass zynische Charaktere auf viele Spieler einen besonderen Reiz ausüben. Aber auch Charaktere, die nicht ganz sauber sind und eine gewisse Unbequemlichkeit an sich haben, werden oft gerne gespielt. Ein Charakter, der viele Schattenseiten hat, ist interessanter und packender als ein Charakter, dessen formgebende Eigenschaft, sein unerschütterlicher Glaube an das Richtige und das Gute ist, und das dabei noch ohne offensichtliche Scheinheiligkeit und Widersprüche tut.

Im Prinzip neige ich dazu diesem Gedankengang mit Vorbehalt zuzustimmen. Aber in der Praxis, also am Spieltisch selbst, sehe ich etwas ganz anderes passieren. Dort drängt sich mir die Erkenntnis auf, dass solche zynischen, schattigen Charaktere lediglich eine andere Form von Powergaming sind. Sie sind eine Art der Allmachtsphantasie, die sich ihre Unantastbarkeit nicht über Punktewerte und ähnliches erarbeitet, sondern über den Charakter der Spielfigur.

Als zynischer, schattiger und häufig auch aufmüpfiger Charakter widersetzt man sich jeglichem Druck und jeglichen Zwängen, dem eine beliebige Figur in der Spielwelt ausgesetzt ist und kann sich so vor jeglicher Form der Verantwortung innerhalb des Settings drücken. Solche Charakter zu spielen ist ohne Frage sehr befreiend. Man muss sich nicht darauf einlassen die richtigen Umgangsformen zu wählen um mit einem NSC zu sprechen, sondern kann frei entscheiden wie sich der Charakter verhält. Man muss sich keine Gedanken machen wie der Charakter reagiert, wenn er mit Situationen konfrontiert wird, die einen normalen NSC mit seinen Überzeugungen in Konflikt bringen. Ein solcher Charakter kann immer jene Überzeugung haben, die ihm gerade passt oder hilft. Ein solcher Charakter hat auch selten Verpflichtungen, die er einhalten muss. Wer Zyniker ist und alles mokiert womit er konfrontiert wird, der ist niemandem etwas schuldig. Und wenn ein solcher Charakter dann doch etwas tut, was nicht für ihn von Vorteil ist, dann ist das bereits eine große Sache.

Solche Charaktere sind einfach zu spielen und benötigen so gut wie keine Anstrengung um gespielt zu werden. Man kann als Spieler tun und lassen was man will und muss sich recht wenig um die Spielwelt selbst kümmern. Es ist egal wie komplex, durchdacht oder vielschichtig die Spielwelt sein mag. Wenn sie mit einem solchen Charakter konfrontiert wird, wird sie automatisch vereinfacht und auf eine reine Kulisse reduziert. Damit kann man sich als Spieler bequem aus der Verantwortung stehlen sich mit der Spielwelt auseinanderzusetzen und ihr durch die eigene Interaktion Leben einzuhauchen. Eine Herangehensweise, die ich voll und ganz verstehen kann, wenn man aus welchen Gründen auch immer, eine Rollenspielrunde spielt um etwas Zerstreuung zu suchen ohne sich dabei übermäßig anzustrengen. Solche Charaktere machen das Spiel eben nicht interessanter und packender. Sie machen das Spiel auf der inhaltlichen und thematischen Ebene einfacher. Als Spieler kann man das gesamte Geschehen auf Armlänge halten und aus sicherer Distanz darin herumstochern, ohne Gefahr zu laufen, dass irgendetwas passiert was einen tatsächlich packt. An Stelle von thematischer und inhalticher Komplexität nudelt man altbekanntes und uninteressantes ab.

Interessanterweise habe ich das gleiche Phänomen auch auf Spielleiterseite schon gesehen. Schattige, düstere und harte Setting (am weitesten verbreitet ist das sicherlich bei Post-apokalyptischen Settings) die jegliche Komplexität abwürgen, weil am Ende alles auf den reinen Überlebenskampf reduziert werden kann (und oft wird). Wenn das Setting darauf ausgelegt ist uneingeschränkten Pragmatismus zu fördern, dann werden damit sämtliche anderen Überlegungen an den Rand gedrängt und allein auf ihre Funktionalität heruntergebrochen. Ein Vorgehen, dass ich verstehen kann, wenn man der Komplexität einer Spielwelt aus dem Weg gehen will - wofür es oft gute Gründe gibt. Aber es ist ein Vorgehen, das den Anspruch an Komplexität und gehobenem Rollenspiel deutlich zuwiderläuft.

Ich denke ein Rollenspiel, in dem man Helden spielt; in dem man Charaktere spielt, die auch Dinge jenseits des pragmatischen Eigeninteresses verfolgen und in dem man es mit einem Setting zu tun hat, dass nicht immer nur das Überleben der Charaktere aufs Spiel setzt... ist für ein anspruchsvolles, komplexes, immersives und überhaupt befriedigendes Rollenspielerlebnis weit besser geeignet.

Heldenhafte Charaktere und auch ungefährlichere (nicht unbedingt harmlose) Spielwelten, ermöglichen weit interessanteres und packenderes Rollenspiel, als ihnen oft zugebilligt wird. Vorausgesetzt sowohl SL als auch Spieler sind gewillt, sich mit mehr darin auseinanderzusetzen ausser der Frage was einen gerade umbringen kann.

Dienstag, Februar 09, 2010

Angeignete und übertragene Zitate - die David Simon Ära

"Weißt du was du bist, wenn du kein Ende für deine [Spielrunde] anpeilst? Ein Stümper. Du bist kein [Spielleiter]. Du magst vielleicht nicht die Unfähigkeit eines Stümpers haben. Vielleicht bist du ein fantastischer [Spielleiter], aber du machst das was Stümper tun. Du bist auf dem besten Weg in die Stümperei and es wird dich nichts davon abhalten, denn [Rollenspiele] haben einen Anfang, eine Mitte und einen Schluß."

Zur Frage warum ich keine Kampagnen mit offenem Ende mag.

Sonntag, Januar 31, 2010

Schreiben ist Silber, Reden ist Gold - ep.4

Georgios' Podcast #4 - Blutschwerter
Georgios' Podcast #4 - Mediafire

Thema: Warhammer Fantasy Roleplay (3rd)
Länge: 9:16
Valenzetti-Gleichung: 4, 8, 15, 16, 23, 42

Samstag, Januar 23, 2010

Schreiben ist Silber, Reden ist Gold - ep.3

Georgios' Podcast #3

Thema: Scope
Länge: 9:13
Sockenfarbe: rechts-schwarz, links-schwarz

Montag, Januar 11, 2010

Angeignete und übertragen Zitate - teil IV

"Was mich am stärksten stört sind [Spielsituationen] die wie [Spielsituationen] wirken, die nur existieren um die Spieler anzusprechen; unabhängig davon was es mit den Charaktern zu tun hat oder irgendeinem Gespür für [die Spielweltrealität]. Alles in [diesen Spielrunden] passiert über [den Spielinhalt] hinweg und dadurch wirkt das Ganze gestellt und falsch."

Zur Frage warum ich mich mit den meisten selbsternannten Storytellern nichts anfangen kann.

Samstag, Januar 09, 2010

Schreiben ist Silber, Reden ist Gold - ep.2

Georgios' Podcast #2

Thema: Wissensfertigkeiten
Länge: 8:54
Aufgenommen im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie

Freitag, Januar 01, 2010

Schreiben ist Silber, Reden ist Gold - ep.1

Georgios' Podcast #1

Thema: Die Grundpfeiler des Spielleitens
Länge: 11:03
Titelmelodie: 3. Klavierkonzert op. 30 in d-Moll, Rachmaninov

(Da ich keinen besseren Filehost gefunden habe, muss ich hier mit Mediafire Vorlieb nehmen. Das direkte Einbinden in die Seite klappt leider nicht, so muss man den Podcast gezwungenermaßen erst herunterladen.)