Donnerstag, November 23, 2006

Regeln der Vorstellung

Die gemeinsame Vorstellung am Spieltisch ist immens wichtig. Wenn die gemeinsam vorgestellte Spielwelt jeden der Spieler anspricht, so hat das eine deutliche Auswirkung auf das Spielgefühl. Je ansprechender die Spielwelt ist, desto interessanter wird das Spielerlebnis. Bei Brettspielen sieht man das in vereinfachter Form. Die schöne Aufmachung eines Spiels trägt zum Spielspaß bei. Wenn auch bei einigen Leuten stärker als bei anderen.

Im Rollenspiel kann die Spielwelt auf unterschiedlichste Arten und Weisen für die Spieler ansprechend gemacht werden. Angefangen von liebevoll gemachten Miniaturen und Handouts, zur sorgfältigen Darstellung von NSCs bis hin zur durch Musik und Licht unterstützten Umgebungsbeschreibung durch den SL. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten aus denen ein SL nach Bedarf, Interesse und Veranlagung schöpfen kann, um für eine ansprechende Spielwelt zu sorgen.

Wenn die gemeinsam vorgestellte Spielwelt dadurch besonders ansprechend ist, haben Spielhandlungen mehr Gewicht. Eine Verfolgungsjagd im Spiel wirkt um vieles spannender, wenn der SL bei der Beschreibung aus allen Registern zieht und die Spieler sich das Geschehen gut vorstellen können. Es verleiht den Spielhandlungen zusätliche Bedeutung und das Spielerlebnis wird dadurch erfüllender und befriedigender.

Im klassischen Rollenspiel wird ein Teil der Arbeit durch die Regeln geleistet. Solche Regeln gelten oft als "gut", wenn ihre Anwendung glaubwürdige und nachvollziehbare Ergebnisse in der Spielwelt nach sich ziehen. Diese Regeln stellen oft die Grundlage für die gemeinsame Vorstellung dar, auf der der SL aufbaut. Dabei kann es vorkommen, das der SL ggf. die Beschreibung der Spielwelt an die Vorlieben der Gruppe anpasst. Der Regeln, die Spielleiterentscheidungen und die Präsentation der Spielwelt prägen hier die gemeinsam vorgestellte Spielwelt.

Einige Spiele entfernen sich jedoch stark von diesem Modell. Die Prägung der gemeinsamen Vorstellung findet dort anders statt. Die Regeln tragen wenn, dann nur indirekt dazu bei, wie die Spielwelt sich zusammensetzt. Was jedoch viel wichtiger ist, die Aufgabe des SLs daran wird an andere Spieler vergeben. Der Begriff "Erzählrecht" kann dafür zwar gebraucht werden, ist jedoch zu ungenau. Ich möchte hier über die Formung der gemeinsam vorgestellten Spielwelt sprechen.

Ein Rollenspiel bei dem diese andere Art der Formung wie ich finde am deutlichsten zu Erkennen ist, ist Primetime Adventures. Hier geben die Regeln nur sehr wenige und vage Einschränkungen zur Spielwelt. Es liegt in den Händen aller Spieler gemeinsam eine Spielwelt zu formen, die sie anspricht und das Spiel für sie ansprechender macht. Damit das funktioniert, muss es zu einem Dialog zwischen den Spielern kommen. Es muss eine Möglichkeit geben sich gegenseitig deutlich zu machen, was für eine Spielwelt man haben will und was einem diese Spielwelt vermiesen würde. Das muss nicht alles im Vorfeld geklärt werden. Es reichen dabei zwei kleine Regeln.

Die Spieler müssen 'Nein' sagen.

Jeder Spieler muss lernen etwas abzulehnen, wenn ein anderer Spieler etwas in die Spielwelt einbringen will, was ihm nicht gefällt. Hier muss man sich zum Teil von den Umgangsformen des klassischen Rollenspiels lösen. Wenn ein Spieler in einer WFRP Runde dem SL sagt, im gefiele die Beschreibung einer Kreatur nicht oder die Art und Weise wie sich ein NPC verhält, so ist das nicht akzeptables Spielverhalten. Es hält das Spiel auf und lenkt vom eigentlichen Spielziel ab. Ganz zu schweigen, dass es als unglaublich unhöflich gilt einem anderen Spieler vorzuschreiben wie er seiner Spielaufgabe nachzukommen hat.

Bei Spielen in denen jedoch die gemeinsame Erschaffung der Spielwelt im Mittelpunkt steht, muss man anders handeln. Man muss den Spielern regelmässig deutlich machen, was man zu schätzen weiss und was nicht. Dies ist nur möglich wenn man mit einer der Umgangsformen des klassischen Rollenspiels bricht und einem anderen Spieler sagt, das sein Vorschlag einem nicht gefällt. Wenn der eigene Anspruch an die Spielwelt bei jedem Spieler jedoch nur sehr lose und flexibel vorhanden ist, kommt es schnell zum kleinsten gemeinsamen Nenner: reine Albernheit, in der die Charakter, ihr Handeln und die Spielwelt selbst bedeutungslos sind. Das ist häufig ein Problem bei InSpectres-Runden, kann aber auch bei einem Spiel wie Primetime Adventures dazu führen, dass man es nicht als richtiges Rollenspiel ernst nehmen kann. Jeder Spieler trägt ein Stück Verantwortung, was die Qualität der Spielwelt und damit die Qualität der Spielrunde angeht.

Die Spieler müssen sich gegenseitig loben.

Primetime Adventures hat die äußerst clevere Fan Mail Regel, welche jeden Spieler mit zusätzlichem Spieleinfluß belohnt, für einen Beitrag, der den anderen Spielern gefällt. Die positive Bestätigung für einen guten Beitrag wird durch Regeln verstärkt. Die Spielwelt formt sich mit jeder Episode (d.h. jeder Sitzung) stärker nach den Vorlieben der Spieler. Dabei liegt es jedem der Spieler frei, seine Beiträge ebenfalls sorgfältiger und aufwändiger zu betreiben. So kann man auch bei Primetime Adventures (je nach Serien-Art) mit Illustrationen, Musik und Beschreibungen, die mit Film-Begriffen ausgestattet sind, eine noch stimmungsvollere und dichtere Spielwelt formen.

In meiner derzeitigen PTA-Kampagne waren die Spieler zu Beginn noch sehr vorsichtig und unwillend mir (als SL-Ersatz) bei Szenenvorschlägen oder Beschreibungen zu widersprechen. Erst jetzt beginnen sie sich wohler damit zu fühlen, Beiträge anderer zu verändern oder gänzlich abzulehnen, wenn sie das Gefühl haben, dass die Spielwelt dadurch leiden würde. Lediglich das greifbare Belohnen und Loben anderer Beiträge durch Fan Mail hinkt noch ein wenig hinterher. Anscheinend ist es noch nicht ganz selbstverständlich andere Spieler nicht nur verbal zu belohnen.

Spiele, in der die Spielwelt nicht mehr allein vom SL präsentiert wird, benötigen ein Spielverhalten, dass sich merklich von dem aus dem klassischen Rollenspiel unterscheidet. Die Spieler müssen sowohl Lob als auch Unzufriedenheit im Spiel aussprechen. Wenn das nicht passiert, leidet die Spielwelt darunter und damit auch das Spielerlebnis selbst.

Donnerstag, November 16, 2006

'Klassisches' Rollenspiel

Es wird Zeit den Begriff klassisches Rollenspiel etwas eindeutiger zu fassen. Zu allererst ist diese Unterscheidung nicht dafür da sämtliche Rollenspiele in "klassisch" und irgendwas anderes zu unterteilen. Es geht darum, ein bestimmtes Spielmodell zu Umreissen, welches vor allem von Dungeons & Dragons (nicht AD&D) etabliert wurde. Ein Modell, an dem sich die Mehrheit der Rollenspiele orientiert und das bestimmte Sichtweisen und Vorstellungen über das Rollenspiel geprägt hat. Vor allem soll dieses "klassische Rollenspiel" hier festgehalten werden, damit man im Vergleich erkennen kann, auf welche Art sich andere Rollenspiele davon gelöst haben.

Der Spielleiter (SL) steht im klassischen Rollenspiel im Mittelpunkt und ist für das gesamte Design von immenser Bedeutung. Er muss drei Aufgaben nachkommen, die für den Spielablauf formgebend sind.

1) Schiedsrichter
Dem SL kommt die Aufgabe zu, darauf zu achten dass die Regeln des Spiels richtig eingesetzt werden. Ausserdem muss er in Einzelsituationen entscheiden, wie Regeln für die Spielsituation ausgelegt werden müssen. Häufig, jedoch nicht zwangsläufig, wird dem SL deshalb auch eine Aufgabe ähnlich der eines Diskussionsleiters zugesprochen.

2) Inhaltelieferant
Die womöglich wichtigste Aufgabe des SLs besteht darin, Inhalte für das gemeinsam vorgestellte Spiel zu liefern. Es liegt an ihm der Gruppe ein virtuelles Spielbrett (Situationsbeschreibung) zu präsentieren, auf dem die Spieler ihre Figuren spielen können. Es ist hierbei wichtig, dass diese vom SL erstellte und präsentierte Spielbasis die vorangegangenen Handlungen der Spieler miteinbezieht. Die Spielbasis wird nicht zu Beginn etabliert und dann unverändert gelassen, sondern befindet sich in einem ständigen Wandel. Das liegt zum einen daran das die Spielwelt Schritt für Schritt im Spiel erbaut wird und zum anderen daran, dass die Handlungen der Figuren eine Wirkung auf die Spielwelt haben müssen. Der SL muss die Handlungen der Figuren deshalb merklich bei der Weiterentwicklung der Spielbasis einfliessen lassen.

3) Opposition
Damit es überhaupt zum Spiel kommen kann, benötigt es eine Form der Opposition für die Spieler. Diese wird vom SL kontrolliert. Die Opposition hat dabei fast immer eine konkrete Form im Spiel. Die Spieler arbeiten gegen eine Figur oder Figurengruppe, gelegentlich gegen einen Gegenstand oder Vorrichtung. Abstrakte Konzepte wie Menschlichkeit, Werte oder der innere Konflikt einer Figur bleiben vom SL unberührt.

Die Spieler hingegen sind dazu ermutigt, das Spiel allein durch ihre Figuren zu betrachten. Eine mehr oder minder klare Trennung zwischen dem Wissen des Spielers über das Spiel und seine typischen Abläufe und dem Wissen der Figur über die Welt in der er sich befindet ist dabei sehr gern gesehen.

Führt man diese richtig Dinge zusammen, so entsteht ein Spielablauf in dem die Spieler Figuren steuern, die sich in einer dynamischen Welt mit diversen Aufgaben und Herausforderungen befinden. Das Auseinandersetzen mit diesen Aufgaben hat zwingend eine Art Abenteuergeschichte zur Folge, deren Ausgang nicht fest steht.

Das "richtige" Zusammenführen ist jedoch weder einfach noch selbsterklärend. So kann es unklar sein, wie der SL seiner Aufgabe als Inhaltelieferant nachkommen soll. Es stellt sich die Frage, wie man als SL angemessene Spielinhalte erschafft und wie man sie der Spielform entsprechend entwickelt. In der Regel wird oft versucht diese Unklarheit mit Phrasen wie "ein wenig SL-Erfahrung" oder "ein gewisses kreatives Talent" zu kaschieren. Allein über die Präsentation der Spielwelt wird sehr viel gefachsimpelt.

Ausserdem ist die Zielsetzung beim Spielen der Opposition häufig nicht deutlich unterstrichen. Eine eindeutige Trennung zwischen Zielen der gegnerischen Figuren und Zielen des SLs wird selten gemacht. Die Vermengung der beiden Ziele stört jedoch den reibungslosen Spielablauf. Auch ist die Ungenauigkeit bei der Formulierung der Spielziele für die Spieler oft ein Garant dafür, dass das Spiel nicht ohne Mißverständnisse und Störungen auskommt.

All diese Stolpersteine lassen sich jedoch ohne Probleme mit etwas Zeit und gutem Willen auf Seiten der Spieler aus dem Weg räumen. Schwierig wird es jedoch, wenn sich die Gruppe oder einzelne Spieler bestimmte Fehlgewohnheiten aneignen.

Fehlgewohnheit 1 - Geschichte über Spielbarkeit

Im klassischen Rollenspiel kann und darf der Geschichte, die man am Ende des Abenteuers erlebt haben will, nicht mehr Bedeutung beigemessen werden, als dem Umgang mit den Aufgaben und Herausforderungen der Spielwelt. Damit die Aufgaben und Herausforderungen für die Spieler von Wert sind, und damit überhaupt eine Existenzberechtigung im Spiel haben, dürfen sie auf keinen Fall im Dienste einer "besseren Geschichte" eingeschränkt oder in ihrer Bedeutung für die Geschichte herabgesetzt werden. Die Geschichte ergibt sich aus den Spielhandlungen. Sie existiert nicht im Vorfeld und wird nicht durch das Ausüben einzelner Handlungen für die Spieler weitergesponnen.

Fehlgewohnheit 2 - SL über das Spiel

Die Vielzahl an Aufgaben, denen der SL nachkommen muss, sowie der überproportional große Einfluss, den der SL im Vergleich zu den anderen Spielern hat, verleiht einige dazu den SL auch über die Regeln des Spiels zu erheben. So dass der SL nicht nur die Spielinhalte ("was in der Spielwelt passiert und wie es sich den Figuren präsentiert") vorgibt, sondern auch die Spielabläufe ("wer etwas wie in der Spielwelt bewirken kann") sowie die Spielform ("worum es beim ganzen Spiel eigentlich geht") festlegt und nicht mehr an die (impliziten) Vorgaben des Spiels gebunden ist.

Beide Fehlgewohnheiten führen zu einem völligen Zusammenbruch des Spielmodells eines klassischen Rollenspiels.

Donnerstag, November 09, 2006

GNS Erklärungen

Die Überarbeitung des deutschen Wikipedia Artikels zur GNS-Theorie hat mich dazu bewegt meine Gedanken zu den drei Spielformen niederzuschreiben.

Gamism(us)- Gamismus (GAM) ist entgegen derzeitiger Lamentierungen, die weit verbreitetste Spielform im Rollenspiel. Das liegt vor allem daran, dass GAM schnell wiedererkannt wird und daher schnell und einfach zu verstehen ist. Man kennt die Idee aus Brettspielen und ähnlichem. Hier steht die Herausforderung an den Spieler im Mittelpunkt. Es geht um eine Aufgabe, die es zu erfüllen gilt oder eine Zielsetzung, die erreicht werden muss. Man kann das umschreiben mit "Gewinnen wollen", allerdings halte ich es für treffender hier von "sich messen wollen" zu sprechen. Diese Herausforderungen sind dabei gebettet in die gemeinsam vorgestellte Welt bzw. die Geschichte, die sich aus dem gemeinsamen Spielen ergibt. Die Geschichte und die Tiefe der Charaktere, sind nicht zwingend notwendig um eine funktionierende GAM-Runde zu haben. Aber ohne diese Geschichte (und die erforschte Welt in der die Geschichte statt findet) ist das Ganze schal und uninteressant. So als würde man eine Pizza ohne Belag essen. Je ansprechender die Welt, die Geschichte und die Charaktere sind, desto mehr Spaß macht es darin große Taten zu vollbringen. Ohne das, kann man genausogut Sudoku oder Space Invaders spielen. Eine weitere große Stärke des Rollenspiels besteht darin, dass die Herausforderungen, die an die Spieler gestellt werden, auf fast unbegrenzte Art und Weise in Erscheinung treten können. Von der Jagd auf einen Banditentrupp, zum Lösen eines kniffligen Mordfalls bis hin zum sozialen Aufstieg des Charakters vom Rattenfänger zum mächtigsten Mann im Königreich. Die Flexibilität die Rollenspiele in diesem Gebiet aufweisen, lässt sich weder bei Brettspielen noch bei Computerspielen finden.

Narrativism(us) - Narrativismus (NAR) ist sehr schwer zu erklären, aber um so einfacher zu erkennen, wenn man ihn verstanden hat. Leider wirkt NAR oft sehr viel anspruchsvoller, anstrengender und esoterischer als er tatsächlich ist. NAR hat große Ähnlichkeit mit dem Lesen eines Buches oder dem Schauen eines Films. Allerdings muss auch hier wieder etwas eingeschränkt werden, da man ein Buch oder einen Film auf sehr unterschiedliche Arten und Weisen geniessen kann. Bei NAR geht es um Bedeutung. Um die Art von Bedeutung, die man dem Handeln einer Figur beimisst, wenn sie etwas aussergewöhnliches tut. Oder die Bedeutung, der man einer Situation beimisst, die durch das Zusammenspiel verschiedener Umstände entstanden ist. Oder die Bedeutung, die der Verlauf der Ereignisse trägt. Wer ein Buch schon mal intensiv gelesen hat oder tief in einen Film versunken war, könnte das wiedererkennen. Es geht darum, dass man die Ereignisse der Geschichte nicht nur erlebt, sondern überdenkt und ihnen eine Bedeutung zuordnet. Bei einem solchen Rollenspiel ist es nicht zwingend nötig, Herausforderungen an die Spieler zu stellen oder die Ereignisse sehr glaubwürdig darzustellen. Aber auch hier ist es so, das das Spiel dadurch noch reizvoller und interessanter wird. Ohne Aufgaben für die Spieler oder ein gewisses Maß an Glaubwürdigkeit der Ereignisse kann man das Spiel gleich sein lassen und sich einfach nur über das Leben unterhalten. Es ist auch ein Irrglaube, dass es bei NAR darum geht Tiefgründiges über die menschliche Existenz zu sagen. Der einzige Maßstab den es gibt, ist das Interesse der Spielenden und die Dinge, die sie im Moment des Spielens beschäftigen. Die große Stärke des Rollenspiels besteht darin, dass gemeinsam eine Geschichte erspielt wird, die einem mit einem Gefühl hinterlässt als hätte man ein lohnenswertes Buch gelesen oder ein bereicherndes Gespräch mit den anderen Spielern gehabt.

Simulationism(us) - Das vernachlässigte Kind der Forge-Theorie. Simulationismus (SIM) ist zwar verhältnismässig schwer zu verstehen, aber noch viel schwerer umzusetzen. SIM ähnelt am ehesten Fan-Fiction. Damit möchte ich nicht die Qualität der beiden Dinge vergleichen, sondern den Ansatz. Bei SIM wird versucht eine bereits existierende Umgebung, oder Erzählform, zu nehmen und sie in der Gruppe weiterzuspinnen, zu erweitern und darauf aufzubauen. Es geht darum sich gemeinsam etwas vorzustellen und daraus neue Vorstellungen zu erschaffen. Bei einem Spiel wie Cthulhu (dt.) werden dabei die Hintergrundtexte als Ausgangsbasis genommen, um sie am Tisch weiterzuentwickeln und zu erweitern. Dabei bedient sich jede Gruppe zu verschiedenen Teilen an der Struktur und der Stimmung der Horror-Geschichten von Lovecraft, sowie den historischen Umständen des gespielten Zeitraums um ihre eigene SIM-Ausgangsbasis zu schaffen. Es ist wahr, das die Spielbarkeit, d.h. der Gebrauch der Charaktere als Personen, die ihre Umwelt verändern, nicht zwingend notwendig ist, um SIM zu spielen. Aber auch hier gilt: es ist das Salz in der Suppe. Ohne diese Spielbarkeit, könnte man gleich gemeinsam Geschichten erzählen oder Improvisationstheater machen. Ein Fehler, der im Zusammenhang mit SIM oft gemacht wird, ist die Regeln immer als Simulation der physikalischen Naturgesetze zu sehen. Das stimmt nur bedingt. SIM kann sich genausogut daran orientieren, wie eine Geschichte aufgebaut ist und wie ein Spannungsverlauf aussehen soll. Die Regeln, die für ein SIM von höchster Bedeutung sind, sind die, die durch die Ausgangsbasis vorgegeben werden. Diese können mit Tabellen, ausgeklügelten Wahrscheinlichkeiten und ähnlichem gekoppelt sein, sie müssen es aber nicht. Es kommt oft vor dass Leute, denen Art, Form oder Stil der Geschichte, die im Spiel entsteht besonders wichtig ist, von NAR reden, aber in Wirklichkeit SIM meinen.

Das ein Spieler an jeder der drei Spielformen Spaß haben kann, ist selbstverständlich. Spieler, die eindeutige Vorlieben haben, bezeichnen sich gerne als Gamisten, Narrativisten oder Simulationisten, allerdings ist das eher eine vereinfachte Ausweitung der ursprünglichen Theorie. GNS-Theorie beschreibt nicht einzelne Spielermotivationen, sondern Spielvorgänge bzw. das was ich in früheren Blogeinträgen als Kern des Spiels oder Spielziel beschrieben habe. Man kann Vorlieben für bestimmte Spielziele haben, aber deshalb muss nicht zwangsläufig eine Abneigung gegen andere Spielziele bestehen.

Das ein Spieler GAM, NAR und SIM während ein und derselben Spielrunde erleben kann, steht völlig ausser Frage. Wie in den Beschreibungen schon zu sehen ist, können sich die drei zu einem gewissen Grad untereinander gut unterstützen. Die Exklusivität der Spielziele sagt lediglich aus, dass das Spiel zu jedem beliebigen Zeitpunkt nur eines der drei Ziele verfolgen kann. Ziele können wechseln; auch schnell und häufig. Aber die GNS-Theorie besagt, dass eine Spielrunde mehr Spaß macht, wenn es keine Zweifel darüber gibt, welches Spielziel jetzt gerade vorangestellt ist.

Ob es Mischformen (Hybride) gibt, in denen zwei Spielziele gleichzeitig verfolgt werden, ist umstritten. Für das Verständnis der Theorie jedoch nicht von Bedeutung.

Donnerstag, November 02, 2006

Heute kein Artikel.