Donnerstag, Dezember 06, 2007

Lieber opportun als nichts tun

Neulich hatte ich eine sehr interessante Diskussion über das Brettspiel Junta, die in einer mich sehr bestätigenden Erkenntnis mündete.

Manche Spiele entfalten erst ihre Dynamik, wenn die Spieler eine bestimmte Vorgehensweise beim Spielen an den Tag legen. Am Beispiel Junta fiel uns auf, dass das Spiel wenn man es nur als direktes Aufeinanderprallen von sieben eigenständigen Parteien betrachtet sehr schnell an Reiz verliert. Das Amt des Präsidenten wird zur einzigen Rolle im Spiel, die von Interesse ist. Der Schritt zum Putsch in jeder Runde wird unausweichlich, weil man ja sonst nicht Präsident und damit nicht "das eigentliche Spiel" spielen kann. Das Gerangel um die Position des "Alpha-Männchens" wird zum Dreh- und Angelpunkt des gesamten Spiels. Erst wenn man als Spieler (bzw. als Spielergruppe) beginnt den Opportunisten zu spielen und auch außerhalb der Rolle des Präsidenten nach Möglichkeiten sucht, um Geld zu sammeln und seine Konkurrenten genau daran zu hindern, entfaltet das Spiel seine ganz Größe. (Schlechte spanische Akzente sind dann das Tüpfelchen auf dem y.)

Statt den direkten Konflikt mit den Mitspielern zu suchen, zeichnet sich das eigene Spielvorgehen durch Täuschung, Irreführungen und Manipulationen aus. Dem geneigten Diplomacy-Spieler ist das vermutlich als 'völlig normale Strategie' bekannt. Unter Brett- und Kartenspielen habe ich den Eindruck, dass das "Immer auf den Stärksten und immer um die Spitze rangeln" so weit verbreitet ist, dass es einem womöglich gar nicht in den Sinn kommt, dass es auch anders geht. Bei Spielen, in denen das jedoch vorausgesetzt wird, kann das ein Problem werden.

Eine solche oder ähnliche Situation kann in jeder Spielgattung stattfinden - und tut es auch oft. Die Problematik ist offenbar nicht Rollenspielern zu eigen; aber dadurch bin ich davon überzeugt, dass sie unter Rollenspielern präsent ist.

Sonntag, Dezember 02, 2007

Zwei Rollenspielgangarten

Hands-off roleplaying:
Hier wird nur ein extrem geringes Maß an Beschreibung, emotionaler Nähe zum Spielgeschehen und/oder aktivem Streben nach einem Ziel durch die Spieler und den SL an den Tisch gebracht. Die Gruppe harrt in einer reaktiven Haltung darauf aus, dass das Spiel bzw. der Gebrauch der Regeln etwas produziert, aus dem man Spielspaß schöpfen kann. Eine Vorgehensweise, die bei Brettspielen verhältnismäßig ungefährlich ist, da die meisten Brettspiele auch dann noch spielbar sind, wenn man ihnen nur geringe Beachtung schenkt. (Viel Spaß hat man bei solchen Spielen jedoch trotzdem nicht.) Bei Rollenspielen jedoch - insbesondere bei denen der Story Games Ausrichtung - wird die gesamte Grundlage des Spiels so unterbunden. Es ist kein wirkliches Spiel mehr möglich.

Hands-on roleplaying:
Hier wird durch die Spieler und den SL ein sehr hohes Maß an Beschreibung, emotionaler Nähe und/oder Zielstreben an den Tisch gebracht. Die Gruppe überhäuft das Spiel geradezu mit Inhalten, die durch den Gebrauch der Regeln bzw. mit dem Spiel weiterentwickelt werden. Story Games sind genau darauf ausgelegt, haben jedoch immer spezifische (häufig nur implizit geäußerte) Anforderungen an diese Inhalte. Werden diese nicht eingehalten sind die verschiedenen Handlungen am Tisch oft nur schwer mit den Regeln/dem Spiel vereinbar. Differenziert aber ein Regelwerk nicht ausreichend zwischen den Inhalten, die die Gruppe an den Tisch trägt, so ist die Gruppe (bzw. der SL) gezwungen dies selbst zu tun. Eine Aufgabe, die das Spielgefühl maßgeblich formt. In solchen Spielen kann die Rolle des SLs eine übermäßig große und spielformende Bedeutung gewinnen.