Donnerstag, Oktober 29, 2009

Spiel 2009 - Eindrücke, Meinungen, Sensationen (Teil 1)

2 Tage Spiel und 4 Tage Heinsberger Spielregion liegen hinter mir und damit auch einige neue Spielerfahrungen.

An Rollenspielrunden habe ich nur 3 Stück mitnehmen können. Zwei davon Demo-runden auf der Messe. Das erste Rollenspiel war 3:16, in einer lustigen 4-Spielerrunde. Sgt. Sex Machine, Corporal Psycho und Trooper Tigerclaw brachen auf um Terra präventiv vor einer Bedrohung durch die Aliens zu schützen. Dass die Aliens sich allein mit Katapulten und Suizidangriffen verteidigen konnten, tat der taktischen Mission keinen Abbruch. Selbst als es darum ging den zivilen Stützpunkt zu säubern, wussten die Marines effizient zu handeln. ("Der Feind hat seine Stützpunkte mit seinem Leben verteidigt. Ob er wollte oder nicht.") Nach mittlerweile 2 Runden habe ich den Eindruck, dass 3:16 ein Spiel ist, das mit viel Gelächter und Albernheit beginnt und im Laufe der Mission(en) immer bitterer und unangenehmer wird. Zumindest liefen beide Runden in diese Richtung. Die anfänglich lächerliche Überzeichnung eines hypermilitaristischen Settings wird zunehmend erdrückender und beklemmender. Es beeindruckt mich zwar wie präzise das Regelwerk als Spiel funktioniert, das Setting und all die Grausamkeit und Mordlust darin macht aus einem Starship-Troopers-Actioner im Verhoeven-stil für mich ein Horrorszenario. Ein fantastisches Spiel, das ich nie wieder spielen möchte.

Auf der Spielemesse selbst konnte ich am Samstag eine Demorunde Barbaren! spielen. Ähnlich wie schon bei 3:16 hatte ich was das Setting und Genre des Spiels angeht im Vorfeld meine Bedenken. Anders als bei 3:16 wurden diese vom Spiel jedoch nicht bestätigt. Barbaren! war für mich leider die größte Enttäuschung der Spielmesse. Hinter dem "Barbaren sind doof und brutal"-Aufhänger schien das Spiel nichts weiter zu bieten. Zumindest weckte der SL bei mir den Eindruck, dass das Buch seine gesamte Spieltiefe mit dem Buchklappentext ausgeschöpft hatte. Für eine lustige Dreiviertel-stunde mit den Kumpels reicht das, für mehr jedoch nicht. Aber hinter der sehr plumpen und flachen Fassade sprangen mir doch zwei Punkte ins Auge. Zum einen eine Regelmechanik die effektiv die Barbaren durch Mord sexuelle Erregung verspüren lässt und umgekehrt durch Sex mehr Aggression und Blutlust verursacht. Eine durchaus verstörende Verknüpfung, die sicherlich nicht ungewollt ist. Aber ob sie in das Genre passt und dort hinein gehört, kann ich nicht beurteilen. Viel interessanter hingegen, und hier kann ich nur spekulieren, wie beabsichtigt dieser Effekt am Spieltisch ist, war der Umgang mit den andersgeschlechtlichen NSCs im Spiel. Die barbarische Beute der Frauen, besser gesagt der Weiber, hat mich sehr amüsiert. Hier wurde, absichtlich oder nicht, die unter Rollenspielern so weit verbreitete Unfähigkeit und Ahnungslosigkeit mit dem anderen Geschlecht vorgeführt. Es war beeindruckend mitanzusehen wie der SL damit rang den "Weibern" mehr Unterscheidbarkeit als ihre Haarfarben zu geben und kläglich scheiterte. Vielleicht spornt dieser Moment der schamerfüllten Ahnungslosigkeit den einen oder andern an, mal ein wenig darüber nachzudenken was es mit dem Mysterium "Frau" denn wirklich auf sich hat. Vielleicht jedoch und das ist meine größte Befürchtung und der Grund weshalb ich von dem Spiel so enttäuscht bin, ist Barbaren! lediglich das Mario-Barth-Fantasy-Rollenspiel.

Wie bereits im letzten Eintrag erwähnt, hatte ich auch die Möglichkeit das neue Warhammer Rollenspiel auszuprobieren. Die wichtigsten Eindrücke stehen dort. Kurz und knapp: die Vorwürfe der Verbrettspielung sind vollkommen falsch und einfach nicht zutreffend. WFRP3 ist nicht mehr Brettspiel als jedes andere Rollenspiel mit Würfelpoolsystem. Die Unterschiede zur vorherigen Edition finden sich allein in den Überlebenschancen der Helden (sie sind jetzt höher) und der Verlagerung der taktischen Kampfentscheidung (Einteilung der Ausdauer statt Positionierung der Figur) statt. Ansonsten sind die Veränderungen rein kosmetischer Natur. Selbst der Umschwung von einer rein zufallsbasierten Charaktererschaffung zu einem schlichten Point-Buy-Charakterbau ist zwar wie ich finde saudumm und nutzlos, aber dank der noch immer sehr grossen Varianz im Würfelsystem, nur eine oberflächliche Veränderung des Spielgefühls.

In Teil 2 werde ich über einige Brettspiele schreiben, die ich gespielt habe.

Sonntag, Oktober 25, 2009

WFRP3 - Die (halb)nackte Wahrheit

Die vermutlich einzige Überraschung im Rollenspielbereich auf der Spiel, war die Möglichkeit eine Demorunde von FFGs neuem Warhammer-spiel mitzunehmen.

Diese Chance liessen sich Saint of Killers und ich nicht nehmen, und warum um Punkt 15 Uhr am Tisch um am eigenen Leibe mitzuerleben, was FFG meinem liebgewonnenen WFRP angetan hatte. Die Wahrheit, soweit man diese nach einem kurzen (aber offiziellen) Demoszenario erkennen kann, lautet: WFRP ist ein Spiel, das die 90er übersprungen hat und mit viel Stil und Elan um neue Rollenspieler wirbt.

Wer sich über die Details der neuen Edition informieren will, der kann auf die FFG-Seite gehen oder eine "Rezension" abwarten. Ich gebe eine Bewertung ab und die ist, wer dem vollständigen Lesen von Texten eher skeptisch gegenübersteht, durchweg gut mit kleineren Makeln.

Vorneweg, die durchaus offensichtlichste Änderung ist das Würfelsystem, welches den Gebrauch eines Würfelbechers fast unverzichtbar macht, aber schon nach kurzer Zeit flink von der Hand geht. Besonders die kleineren Symbole, die vorteilhafte und nachteilhafte Nebeneffekte ausdrücken, animieren dazu Beschreibungen auszuschmücken. Auch wenn ich mir vorstelle kann, dass der eine oder andere SL diese Fähigkeit erst noch studieren werden muss. Sympathischerweise werden diese Nebeneffekte nicht erzwungen, sondern durch die Würfel nur ermöglicht. Aber warum man das nicht immer als Aufforderung nehmen sollte ein klein wenig mehr geschehen zulassen als reinen Erfolg/Misserfolg kann ich mir nicht vorstellen.

Der zweite offensichtliche Punkt sind die Karten. Sowohl die der Fähigkeiten, Traits, Karrieren wie auch die Aktionen. Diese sind am ehesten als Regelhilfen zu verstehen. Anstatt in einer Tabelle nachzuschlagen was für regeltechnische Boni ein besonders gelungener Angriffswurf bringt, kann man hier diese Dinge auf der Aktionskarte nachlesen. Schnell und bequem. Das gemeinsame Nutzen der Karten durch mehrere Spieler ist gar kein Problem, da keiner der Spieler auf eine spezielle Karte angewiesen ist, sondern nur den Text darauf braucht um ggf. die zusätzlichen Effekte seines Würfelwurfs abzulesen.

Das Powerniveau wurde leicht angehoben. Tiefe Abstürze durch einen Kritischen Treffer, der weit übers Ziel hinausgeht, ist nicht mehr möglich. Aufgrund der hohen Würfelvarianz eines Pools, ist das Spiel aber weiterhin sehr unvorhersehbar. So wie man es von WFRP kennt. Mein erster Eindruck ist, dass die Crits keine langfristigen oder unwiderrufbaren Schäden anrichten. Spielerisch macht das keinen gewaltigen Unterschied; die Atmosphäre wird dadurch aber eine merklich andere. Man hat immer noch keine Superhelden, die sich mit unbeschreiblicher Macht durch Gegnerhorden schlachten. Aber drei Tiermenschen (eine Henchmentruppe, also vereinfachte Regeln) oder ein Gor sind nun kein Grund mehr zur Panik. Auch wenn sie noch lange kein Zuckerschlecken sind.

Positiv aufgefallen sind mir auch die Stances. Eine sehr nette Ergänzung zum typsichen Rollenspiel, die einem sowohl Einfluss auf die eigenen Chancen beim Würfeln gibt, wie auch die Darstellung des Charakters färben kann. Nachdem Birgitta Tageslicht erst wütend in den Kampf ging, konnte sie sich fassen und mit einer Zen-artigen Ruhe einige Chaosschergen einschüchtern und verjagen. Stance-marker sind aber auch ein tolles mittel für den SL um Initative und Handlungsreihenfolge besser zu verwalten kann. Auch kann man so den Fortschritt in einer komplexen Aufgabe oder Zeitverlauf anschaulich darstellen. Zwingend ist es nicht, aber bequem und elegant.

Die Gruppenkarte ist sehr nett und bringt ein paar hübsche Kooperationselemente ins Spiel. So werden Fortune Points verteilt, wenn das Limit des Group Pools erreicht wird. Die vorschnellen jungen Narren bekamen so immer wieder Fortune zurück um noch besser aufs Maul zu hauen.
Die Karten geben eine sehr grobe Art der Gruppeninteraktion und der Zusammenhalts an. Die Hysterie und Panik, dass man in seinem Rollenspiel durch die Gruppenkarte eingeengt wird, ist so falsch wie absurd. Die Karten sind vage genug um viel eigenes zu erlauben, aber nicht so beliebig, dass man ihre Wirkung nicht spürt. Allein die Regel, dass der SL den Tension-meter nach oben schiebt, wenn die Gruppe zu viel rumzickt, gefällt mir immer noch nicht. Ich glaube gern, dass manche Gruppen davon profitieren, wenn der SL mit einer in-game-Mechanik die Aufmerksamkeit auf das Spiel zurückbringt. Gerade bei Runden, die nicht weit genug denken, um Asozialität ihrer Charaktere genug zu zügeln, um die Gruppe nicht zu sprengen, ist das nützlich. Ich finde sie dennoch eher unnötig und würde sie eher selten nutzen wollen.

Problematischer hingegen ist die Fatigue/Stress-mechanik. Diese begrenzt die Aktionsmöglichkeiten der Figur während der Runde und zeigt ihre Erschöpfung an. Die Idee sagt mir sehr zu. Man kann an seine Grenzen gehen um mehr zu erreichen, aber ist anschließend aus der Puste. Anfangs hab ich mich an der Umsetzung etwas gestört. Das Abzählen von Erschöpfungspunkten und das Überlegen ob und wie man sich diese Runde verhalten will, fand ich zuerst etwas befremdlich. Diese abstrahierte Ressourcenzählerei ist meist störend. Allerdings fällt durch die mangelnde Battlemap auch die eher brettspielige Manövrierungs-phase aus WFR2 weg. Im direkten Vergleich finde ich das eher einen Gewinn statt eines Verlustes.

Der Preis macht eine Anschaffung für mich leider nicht lohnenswert. Aber sollte sich der Preis oder mein Hobbybudget sich ändern, würde ich mehr oder weniger bedenkenlos zuschlagen.

WFRP3 ist anders, interessant und enorm spielbar. Also alles was man sich von einer neuen Edition wünscht.

Montag, Oktober 19, 2009

Komplexität

Komplexität ist eine tolle Sache. Komplexität ist das was einen an ein Jugendhobby bindet, selbst wenn man das Jugendalter hinter sich gelassen hat. Wären Rollenspiele nicht in der Lage Komplexität zu bieten, würde ich mich nicht weiter damit beschäftigen, sondern hätte mir längst ein anderes Hobby gesucht.

Nun ist es aber so, dass diese Komplexität sich auf sehr unterschiedliche Art und Weise in einer Rollenspielrunde ausdrücken kann. Die Zwei für mich interessantesten und über die man vermutlich am ehesten im Internet reden kann, sind eng mit der Spielwelt gekoppelt.

Wobei man hier deutlich zwischen Komplexität und schierer Masse unterscheiden sollte. Eine Spielwelt kann gigantisch sein, eine ausführliche Geschichte besitzen und mit einer Wucht an Details glänzen. Komplexität erringt sie jedoch erst, wenn es innerhalb dieser Spielwelt Zusammenhänge gibt, die sich gegenseitig bedingen und beeinflussen. Komplexität hat ein Spiel erst, wenn es eine Wechselwirkung zwischen verschiedenen spielrelevanten Inhalten gibt. Das ist reizvoll. Die Auseinandersetzung mit diesen komplexen Wechselwirkungen, die Interaktion damit und die Weiterentwicklung davon empfinde ich als sehr spannend.

Nun gibt es, wie eben erwähnt, zwei grobe Stränge in der man Komplexität ausüben kann und über die man irgendwie sinnvoll reden kann. Die erste Richtung wäre die Komplexität der Ressourcen. Damit meine ich die Abbildung verschiedener, häufig an Ressourcen gekoppelter Zusammenhänge in das Spielgeschehen. Damit meine ich Zusammenhänge, die sich über zählbare und auswertbare Inhalte äussern, wie etwa Truppenstärken, Dauer eines militärischen Zugs, Kampfleistung, Versorgung, Geld, etc. Etabliert man diese in einem Spiel als beeinflussbare Grössen, die sich gegenseitig bedingen können. Wenn also die Truppe zu groß ist, damit die Versorgung reicht bis sie ans Ziel gelant, könnte die Kampfleistung darunter leiden und man muss mehr Geld dafür ausgeben, dass die Truppen stark genug sind um das Ziel des Zugs zu erreichen.... etc.... wenn man das also im Spiel etabliert und die Spieler durch ihre Charaktere darauf Einfluss nehmen können, so entfaltet das Rollenspiel automatisch eine Komplexität, die jeden anspricht der irgendwo an einem RTS-Computerspiel Gefallen finden kann. Dies ist eine Komplexitätslinie, deren Reiz ich zwar nachvollziehen kann, aber nicht nachempfinden. Es fehlt mir die Begeisterung mich mit diesen Dingen lange genug zu beschäftigen, um sie zu überschauen und auch dann fehlt mir die Motivation eine solche Richtung des Spiels weiter zu verfolgen.

Die Komplexität, die mir jedoch sehr viel mehr liegt und die mich auch stärker an Rollenspiele zu fesseln weiss, selbst wenn es mehr Zeit und Aufwand bedeutet, findet sich auf der Ebene wieder, die ich als Story bezeichnen würde. Auf der Ebene in der die Handlungen und Entscheidungen eines Charakters nicht deshalb etwas bedeuten weil sie für mich als Spieler so nützlich und gewinnbringend sind, sondern weil sie den Figuren und damit auch der Welt in der sie sich bewegen Tiefe verleihen. Ein Charakter, der seine facettenreiche Umwelt zu manipulieren weiß, um sein klar umrissenes Ziel zu erreichen, reizt mich nicht. Weder als Spieler, noch als Mitspieler. Aber ein Spiel in dem die Vielschichtigkeit oder Widersprüchlichkeit von Beweggründen eine Rolle spielt, ein Spiel in dem Handlungen Konsequenzen tragen, die nicht nur den Besitz des Charakters betreffen, sondern auch sein Wesen. Ein Spiel bei dem der Charakter Tragik und auch Komik durchlebt, weil das Leben nun mal eben nicht nach engen Genrekonventionen funktioniert, das finde ich spannend. Ein Spiel bei dem die Komplexität des menschlichen Verhaltens und des menschlichen Zusammenlebens sich entfalten kann, so glaubwürdig und authentisch wie man es sich nur vorstellen kann - egal wie fantastisch die Welt sein mag - so etwas finde ich spannend. Das ist die Art von Komplexität, die ich beim Rollenspiel geniesse.

Diese beiden Stränge sind natürlich nicht unvereinbar. Aber ich weiß, dass meine Vorliebe sehr stark in eine bestimmte Richtung neigt und ich mit Komplexität an Ressourcen nur wenig Spielgenuss verbinde. Selbstverständlich heißt das nicht, dass ich die eine Art von Komplexität ausschliesse. Wohl aber, dass ich sie weniger stark beachte als die andere. Ich vereinfache sie mir - dort wo ich es für vertretbar halte - um mich stärker mit der Komplexität zu beschäftigen, die mir zusagt. Jeder SL und jeder Spieler sollte das tun.

Sonntag, Oktober 11, 2009

Spiel 2009 in Essen

Dieses Jahr werde ich entgegen Erwarten in Essen sein. Geplant ist am Donnerstag und am Samstag die Hallen unsicher zu machen.

Montag abend geht's dann wieder zurück nach Hause.

Mal schauen was es interessantes zu Brettspielen und Rollenspielen gibt. Ich freue mich ja besonders auf Chaos in the Old World.