Es gibt Dinge, die sind einfach nicht tot zu kriegen. Der Glaube an Sozialdarwinismus etwa, Syphilis oder eben ARS. Seit einigen Jahren geistert dieses diffuse Gebilde durch die deutsche Internetlandschaft und hat sich vermutlich schon an den einen oder anderen Tisch verirrt. Das liegt jedoch bei weitem nicht an irgendwelchen charakteristischen Eigenschaften eben dieser Spielweise, welche von Rollenspielern für sich entdeckt werden. Welche Spielinhalte und Techniken ARS genau ausmachen, ist nicht wirklich der Rede oder der Kritik wert. Mein Problem mit ARS beginnt damit, dass es eine sprachliche Rauchbombe ist, dessen einzige verbindliche Eigenschaft lautet "normales Rollenspiel" zu sein.
Denn bei ARS wird sich bewusst eine nebelhafte und nur schwer greifbare Vorstellung was ARS bedeutet, zu Nutzen gemacht. Einig ist man sich nur, was es alles nicht ist. Es sind keine schlechten Spielrunden; keine Spielleiter, die ihre Spieler runterbuttern; keine Spieler, die Primadonnen sind und ihre spielstörenden Handlungen als das Spielen von Rollen verkaufen wollen. Es sind keine entwerteten Entscheidungen. Keine Spielwelten, die nur statische Kulisse sind. Keine NSCs, die nur darauf warten von Spielern angesprochen und aktiviert zu werden, als wären sie ein Textbaustein eines Computerspiels. Kurz: ARS ist alles das nicht, was Rollenspiel langweilig macht. ARS nimmt für sich in Anspruch alles zu sein, was gut ist und nichts von dem was schlecht ist im Rollenspiel. Ganz tolle Kiste.
Hiermit wird dann auch die Behauptung legitimiert, ARS wäre ganz normales Rollenspiel. In einem gewissen Sinne ist es das auch. ARS wird verkauft als Rollenspiel, das gefällt. Natürlich ist das "normales" Rollenspiel, warum sollte man ein Hobby betreiben das im Normalfall keinen Spaß macht? Dementsprechend sollte es auch niemanden wundern, dass so viele Leute sich begeistert für ARS aussprechen. Kaum hat man ihnen gesagt, sie sollen aufhören die Dinge zu tun, die ihnen keinen Spaß gemacht haben, macht ihnen der Rest des Rollenspiels plötzlich viel mehr Spaß. Welch überraschende Einsicht!
Wäre das alles was es mit ARS auf sich hat, dann wäre es nichts weiter als ein harmloser kleiner Trendbegriff in bestimmten Hobbykreisen. Aber dahinter versteckt sich auch - angetrieben von einigen verbitterten und fanatischen Individuen - der Versuch Menschen gezielt aus dem Hobby auszugrenzen. Hinter ARS steckt ein asoziales Verhalten, das es schwer macht sich in diesem Hobby wohlzufühlen, wenn man nicht zur richtigen Clique gehört: der ARS-Clique. Wer nicht die richtigen Spiele verteufelt, die richtigen Kunstbegriffe benutzt, um seine Spielvorlieben auszudrücken oder gar die falschen in den Mund nimmt, gilt als Feind. Nicht als ein Rollenspieler von vielen, der womöglich andere Vorlieben hat. Man ist der Feind. In manchen Fällen gilt man als verblendet, als elitär, als moralisch indiskutabel, als Vergewaltiger. Kurz: als der Feind in einem ideologischen Krieg, mit dem einige Leute den tatsächlich normalen Rollenspielern bedrängen. Es werden Fronten gezogen zwischen "uns" und "den anderen" und zwar mit einem ungebrochenen Fanatismus, der einen erschauern lässt. Es wird von einigen speziellen Individuen mutwillig die große Lüge vorangetrieben, dass es hier um irgendetwas anders als eine kleinliche Cliquenschlacht ginge. Dass ARS zu etwas anderem führen soll als einer gewollten und gezielten Verhärtung und Verrohung der Umgangsformen.
ARS ist keine Ideologie. Es gibt keinen ideologischen Krieg, den man um und mit ARS zu führen hat. Es gibt keine pervertierenden Einflüsse auf das wahre Rollenspiel, die man unter dem Banner des ARS ausrotten muss. ARS ist nichts weiter als ein fadenscheiniger Grund, um Cliquen zu bilden und Gehässigkeiten und Aggressionen an Menschen zu entladen, deren einziges Vergehen darin besteht unterhaltendes Rollenspiel mit den falschen Begriffen zu umschreiben.
ARS ist kein Spielstil. Es ist ein rhetorisches Mittel, um Menschen auf der anderen Seite des Bildschirms zu Feinden zu erklären und sich einzureden sich wegen Nichtigkeiten die übelsten verbalen Entgleisungen erlauben zu dürfen. Denn wenn man ARS als normales Rollenspiel akzeptiert hat, dann muss es auch das andere, das abnormale Rollenspiel geben gegen das man in den Krieg zu ziehen hat. Dann kann man sich auch zu jeder Art von Angriffen hinreißen lassen, um der Sache zu dienen. Um das Hobby zu reinigen. Um den Krieg zu gewinnen.
ARS ist ein Mittel zur Verteufelung von Menschen, die es gewagt haben auf andere Art Spaß daran zu haben Elfenprinzessinen oder Weltraumpiraten zu spielen. ARS ist ein Vorwand um anderen bösartig, verachtend und verletzend entgegenzutreten. Aber da es dabei lediglich um das Hobby Rollenspiel geht, besteht die Lüge darin, dass ein solches Verhalten irgendwie gerechtfertigt werden kann.
Mittwoch, Mai 27, 2009
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17 Kommentare:
Ist dieser Artikel nicht genau so eine Ausgrenzung, wie du sie bei ARS kritisierst?
Nur dass das Schlagwort nicht "Charakterspiel" oder "Geschichtenerzählen", sondern eben "ARS" ist...
Ansonsten stimmt mein Gefühl mit deiner Einschätzung überein: Ich konnte bisher noch nicht allgemeingültig herausfinden, was ARS wirklich bedeutet, aber ich hatte oft das Gefühl, dass es einfach heißt "Runde XYZ war Mist, ARS ist die Lösung".
Ob das so eine heftige Grenzziehung bedeutet wie du es beschreibst, kann ich allerdings nicht einschätzen.
Vielleicht habe ich dafür auch zu wenige Ideologiediskussionen miterlebt...
Vollste Zustimmung ...
Fight fire with fire …
Ich überinterpretiere das jetzt mal und erkenne darin, dass Georgios das ARS-Gehetze persifliert. Denn ja, mir geht das auch ziemlich auf den Keks. Immer wieder neue Ausformungen vom Bad Wrong Fun™. Zum Glück handelt es sich bei solchen Spielerverhetzern ja nur um eine Minderheit, die hoffentlich keiner ernst nimmt. Ich jedenfalls suhle mich weiter in meinem Bad Wrong Fun™ (oder wer weiß … vielleicht spiele ich schon ARS, ohne es zu merken).
So richtig klar ist mir auch nie geworden, was denn jetzt mit ARS eigentlich gemeint ist. Das muss mir mal einer auf einer Con erklären.
Hi,
die Kritik bezieht sich doch eigentlich mehr auf eine Person (die die Kritik ohne Zweifel verdient hat) als auf den armen Begriff.
Man kann ARS vorwerfen, dass es als Begriff zu weit gefasst ist, aber es ist definitiv ein anderer Spielstil als beispielsweise quasi-würfellose Vampire-Intrigen oder auch Spiele wie Primetime Adventures. Es will bestimmte Tugenden des Rollenspiels hervorheben, die teilweise in Vergessenheit geraten zu sein scheinen (*scheinen* wohlgemerkt).
Die Behauptung, es wäre "normales Rollenspiel", ist natürlich totaler Blödsinn und gerechtfertigter Grund sich aufzuregen - doch das sagt, glaube ich, auch nur einer und vielleicht ein oder zwei seiner verblendeten Anhänger. Wo wir wieder beim Anfang wären :-)
Als kleiner Nachtrag: Ich finde Vampire-Intrigen und Primetime Adventures großartig :-)
Ich weiss nicht, ob Dir aufgefalle nist, das sich im Internet, bes. on Foren, immer genügend Leute tummeln, die einfach nur motzen, unhöflich sind udn denen es nur darum geht Stunkt zu machen. Ob sie dazu nun durch Fanatismus für Themen wie ARS oder durch mangelnde Erziehung geworden sind ist sicherlich unterschieldich. Aber wenn man so etwa nicht erleben möcht, sollte man sich am Besten aus alle nOnline-Communities strengends heraus halten. Das trifft auch so für ARS zu udn für viele andere Themen. Und mit Beiträgen wie diesen gibt man solchen Leuten entweder einen Erfolg oder gießt einfach nur noch mehr Öl ins Feuer. Darum findei ch solche Artikel absolut destruktiv. Wenn dijenigen, die an sachlichen diskussionen interessiert sind, es nicht schaffen selbst sachlich zu bleiben ,was unterscheidet sie dann von Fantikern, Flamern usw?
ARS ist meienr Ansicht nach in diesem Fall nur zufällig das Thema und kein Grund. Darum will ich mich auch nicht weiter zu der Kritik daran äußern. (Eine sachliche unaufgeregte Diskussion führe ich aber gerne)
@ArneBab
Ich vertrete ja eher die Ansicht, dass die Ablehnung von Intoleranz nicht intolerant ist.
@amel
Die Vorstellung, dass man Spielstile nicht nur fassen, sondern auch diskutieren sollte, überzeugt mich immer weniger. Diese Spielstilbeschreibungen können eine Hilfe sein, um sich einigen Spielelementen, die einem gefallen klar zu werden; aber eine feste Verordnung im Stile von "Ich bin Narrativist." oder ähnliches... darin sehe ich mittlerweile mehr Schaden als Nutzen.
Ich neige dazu, es wie Amel und TheClone zu sehen. Das laute Getöse um ARS zu Beginn war sicherlich nicht hilfreich, aber danach hat es zumindest bei mir einige ultimative Wahrheiten (TM) aufgebrochen und sorgt bei mir für mehr Spaß am Rollenspieltisch.
Und ich war der Meinung, ARS sei einfach nur das HErausforderungsorientierte Spiel. Nicht etwa ein Marketinginstrument aber durchaus ein bestimmter Spielstil. Dass der Begriff von manchen Leuten missbraucht wird um Glaubenskriege anzuzetteln sollte angesichts der Kommunikationsgepflogenheiten im Netz nicht sonderlicht überraschen, oder? Das aber an ARS Festzumachen halte ich für falsch.
Ich habe sowas durchaus auch schon früher erlebt, vor allem zu den Zeiten, als Vampire: The Masquerade der große Stern am Rollenspielhimmel war. Während meiner Gruppensuche bin ich so manchem "wahren Rollenspieler" begegnet, bei dem ich immer das Gefühl habe er wolle mir sagen können, wie denn richtig zu spielen sei und das jede andere Form des Hobbies minderwertig sei - ja sogar kein Rollenspiel sei.
Auch aus der LARP-Ecke kenne ich solche Töne. (Ganz schlimm war Vampire Live Action. Das schien mir eine ungesunde Kombination zu sein, die Egomanen anzieht. Schien. Ich bin nicht in der Szene drin und war es nie.)
Also: Warum soll gerade ARS "böse" sein.
Ich verstehe die Vehemenz, mit der ARS zuweilen artikuliert wird auch als Gegenreaktion zu jener Vehemenz, mit der in der deutschen Rolloszene (zumal außerhalb des Internets), die Überlegenheit des Charakter- und Erzählspiels (was immer das auch im Einzelfall bedeuten mag) progagiert wird.
Es ist doch immer noch so: Wenn man dem 08/15-Rollenspieler in Deutschland sagt, dass man sich an Würfelwürfe hält und Regeln einhält, dann wird man ziemlich oft sofort in die Schublade "schlechter Rollenspieler", "Munchkin", etc... geschoben. Das ist auch eine Form von Arroganz. Und mancher ARSer ballert halt, das mag man gut finden oder nicht, die volle Breitseite dagegen.
@rollenspiel
"Also: Warum soll gerade ARS "böse" sein."
Ich verstehe nicht, wie du darauf kommst, dass ich so etwas sage.
@Joni
'Die anderen haben aber damit angefangen.' ist schon seit dem Kindergarten keine Entschuldigung mehr.
@rollenspiel:
Nachtrag: Ich kann nur noch mal aus dem Text zitieren:
"Welche Spielinhalte und Techniken ARS genau ausmachen, ist nicht wirklich der Rede oder der Kritik wert."Ich kritisiere ARS nicht auf der inhaltlichen Ebene. Zum einen weil es inhaltlich zu diffus ist, aber vor allem weil ich keinen Sinn darin sehe eine Sammlung an Spieltechniken, die Leuten augenscheinlich gefallen, gegen eine andere Sammlung an Spieltechniken, die Leuten gefallen, zu verteidigen oder anzugreifen.
Diese Auseinandersetzung mit ARS halte ich für verfehlt. ARS enstand aus dem Bedürfnis zu diffamieren. Wenn man anfängt ARS ernst zu nehmen und Vor- und Nachteile dieses "Spielstils" zu erörtern, dann fehlt nicht viel bevor man in die Cliquenschlammschlacht gezogen wird, die sich gerne als ideologischer Kampf inszenieren würde.
Georgius: Ich mag das selbst auch gar nicht zu arg bewerten. Ich finde in der Tat selbst, dass die Diskussion oft viel zu unsachlich geführt wird.
Allerdings erlaubst du dir selbst eine starke Verkürzung, wenn du die rhetorische Gnadenlosigkeit einzelner ARS-Verfechter auf die ganze "Szene" beziehst und pauschal vorwürfst, ARSer seien so eine Art schwer erziehbare, aggressive Kinder. Das ist mMn genauso unfair wie zu sagen, "alle DSA-Spieler sind doof".
@Joni
Aber genau diese Pauschalverurteilungen mache ich ja nicht. Ich kritisiere das Cliquenverhalten, das Anfeinden und die Selbstverherrlichung des eigenen Fehlverhaltens. Das ist leider mit ARS verknüpft, weil genau aus diesen Bedürfnis ARS ersponnen worden ist und von manchen weiterhin dafür benutzt wird.
Wer im diffusen Aggressionsnebel von ARS vergessene Spieltugenden wiedergefunden hat und den Spaß am Spiel wiederentdeckt hat, der hat mit meiner Kritik erstmal nichts zu tun. (Wobei ich aber auch denken würde, dass solche Personen mit ARS auch nicht mehr zu tun haben als mit jedem anderen 3-Buchstaben-Kürzel.)
Hallo Georgios,
ARS hat aus meiner Sicht einige Eigenarten und kann von anderen Stilen, insbesondere Erzählspiel, durchaus sinnvoll unterschieden werden. Das erlaubt ein besseres Verständnis des Spiels und ist zu begrüßen.
Dass ein paar Asoziale, wir reden hier aber alle mutmaßlich insbesondere über einen bestimmten Kandidaten, sich durch ihren Diskursstil vollkommen disqualifizieren, ist aus meiner Sicht davon unabhängig.
Insofern kann man die in der Tat bisweilen schwer erträgliche Rudelbildung und Selbsterhöhung zwar zum Kotzen finden, aber der funktionale Kern von ARS und dessen Nutzen im Diskurs bleibt davon aus meiner Sicht unberührt.
Besten Gruß vom Beatboy
Rudelbildung, Vermehrung, Exaltierung, Ausgrenzung, Diskriminierung und Vertreibung ist nun einmal die Prozedere.Reihenfolge, mit der es die Menschheit geschafft hat, sich über den ganzen Planeten zu verbreiten.
Erst zusammenhalten, denn gemeinsam ist man stärker, bis man stark genug ist. Dann die Leute, die anders sind rausschmeissen und als "ihhh" bewerten. Man selbst ist ja besser. Die vertreibt man dann auch am Besten hinter den eigenen Wahrnehmungshorizont, wo die dann genau das gleiche machen...
ARS ist da nur Medium und das Verhalten ist nichts anderes, als das, was die Menschen seit Jahrtausenden machen.
"ARS ist da nur Medium und das Verhalten ist nichts anderes, als das, was die Menschen seit Jahrtausenden machen."Du verwechselst eine Erklärung mit einer Entschuldigung. Und gerade an Erklärungen mangelt es ja nun wirklich nicht.
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