Karsten war so nett mich darauf hinzuweisen, dass mein letzter Beitrag in der März Laudatio von rsp-blogs.de aufgelistet ist. (Was ich ja schon mal schmeichelhaft finde.) Allerdings schrieb er auch folgendes dazu:
"Bildliche Sprache mag für dich, lieber Georgios, inzwischen normal geworden sein... aber nicht alle können das von alleine. Und wenn ich nochmal hören muss "Da streiten sich ein Stufe 6 Kleriker und ein Stufe 5 Mönch um einen +4 Amulett of Willpower", dann..."
Das verwundert mich dann schon. Offensichtlich verstehe ich den garstigen "Show don't tell"-Tipp anders als er es tut. Mal sehen ob ich meine Lesart etwas verdeutlichen kann.
Ersteinmal geht es bei diesem Tipp nicht um "bildliche Sprache" oder irgendeine Art von Sprache. Die Umschreibung von NSCs hat nichts mit "showing" zu tun. Wenn sie unmissverständlich und eindeutig die Dinge benennt, die die Spieler wissen müssen um sinnvoll zu handeln, dann ist es "telling". Ob man das nun mit bildlicher Sprache, Handouts oder Regeltermini erreicht, ist eine reine Stilfrage.
Das Problem bei "show don't tell" ist dass es dazu aufruft klare Kommunikation als weniger wichtig einzustufen und Interpretationsfreiräume der Spieler zum hohen und Spielspaß-bildenden Ideal verklärt. Anstatt dass der SL also sagt:
"Im Gang hinter euch hört ihr wie sich eine Gruppe Orks nähern. Ihr schätzt, dass es etwa sechs sind."
...sagt er sowas wie...
"Ein Rasseln, Ächzen und Krachen schwappt aus dem Gang hinter euch heran. Ihr hört Grunzgeräusche, Metall das auf Leder klatscht und ein immer lauter werdendes Stampfen."
Die letztere Umschreibung mag interessanter sein oder auch stimmungsvoller. (Auch hier ist das natürlich Geschmackssache.) Aber sie ist für ein Rollenspiel unzureichend. Es fehlen die spielrelevanten Informationen. Der SL mag die Situation für sein Verständnis ausreichend "gezeigt" haben, aber die Spieler haben keine Ahnung was sie mit dieser Umschreibung anfangen sollen. Ganz davon abgesehen, dass das Wissen und die Erfahrung der Charaktere in der Spielwelt nicht in die Beschreibung eingebracht wurde und damit vielleicht in Textform anspricht, aber am Spieltisch einfach schlechter Stil ist.
Stimmungsvolle Umschreibungen sind natürlich wichtig und sehr angenehm. Aber sie sind halt nur das Salz in der Suppe, sie sind nicht die Suppe. Die Aufgabe des SLs ist nicht Atmosphäre zu verbreiten, sondern den Spielern zu vermitteln was ihre Charaktere wahrnehmen. Damit die Spieler anschließend die Charaktere sinnvoll und stimmig handeln lassen können. Wenn der SL es dabei noch schafft durch gute Wortwahl oder Darbietung Atmosphäre zu vermitteln, dann ist das toll. Aber wenn er darauf verzichten muss, damit es keine Missverständnisse gibt und man sich anschließend nicht mit "Woher sollte man das denn wissen?" / "Das könnt ihr euch doch wohl denken!" anschnauzen will... dann lässt man es halt sein.
Im Rollenspiel schlägt klare Kommunikation immer atmosphärische Beschreibung. Das ist keine Frage von entweder-oder. Man kann und soll beides haben. Aber wenn man sich in Einzelfällen zwischen den beiden entscheiden muss - weil die Gruppe den SL zwar gebannt aber vollkommen verständnislos anstarrt - dann muss man immer auf "telling" zurückschalten. Selbst wenn das bedeutet, dass man von Level 6 Cleric und Level 5 Monk reden muss.
Freitag, April 03, 2009
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8 Kommentare:
Sehe ich auch so. Vage Beschreibungen ohne Fakten sorgen für Unsicherheit bei den Spielern. Diese wiedrum sorgt für wenig zielstrebiges, langsames, ermüdendes Spiel. Und das will eigentlich niemand.
Wenn jemand die Faken so vrepacken kann, das die Atmosphäre transportiert wird - umso besser. Aber wichtig sind zunächst die Fakten, sonst wird es eine reine SL-only Wundergeschichte.
Beide Beschreibungen können sinnvoll sein und zum Spielstil beitragen.
Ich entscheide meisst anhand eines Fertigkeitswurfes, ob die Spieler die "Klartext"- oder die "Offen für Interpretation"-Version bekommen (auf diese Weise können die Spieler auch bei gescheiterten Würfelwürfen noch was reißen).
Deiner Kritik kann ich zustimmen. Aber dein Beispiel finde ich falsch gewählt. Denn gerade in diesem Beispiel, ist die szenische Beschreibung der Wahrnehmung der Charaktere viel angebrachter, als die simple Ausdrucksweise: "Da sind Orks auf dem Gang." (Ich übertreibe bewusst.)
Denn wenn die SC die beschriebenen Geräusche nur HÖREN, dann können sie nicht WISSEN, wer oder was diese Geräusche ausgelöst hat. Ich würde eine solche Situation also folgendermaßen lösen:
SL: "Ein Rasseln, Ächzen und Krachen schwappt aus dem Gang hinter euch heran. Ihr hört Grunzgeräusche, Metall das auf Leder klatscht und ein immer lauter werdendes Stampfen."
Spieler: "Verflixt, was könnte das sein?"
SL:"Würfel auf (Spezielle Kenntnisse der Spielwelt)."
Spieler: Würfel, würfel ... Geschafft!
SL: "ORKS! Und zwar Schwarzorks, so wie es sich anhört."
Spieler: "Urg. Und wie viele?"
SL: "Würfel mal Wahrnehmung ..."
Usw.
Ich habe auf diese Weise nämlich nicht nur das Geschehen atmosphärischer beschrieben, sondern auch die Spieler aktiviert. Aus einer monologischen Beschreibung, ist ein Dialog geworden. Die Informationen werden den Spielern nicht präsentiert, sondern entstehen im Gespräch und werden auf diese Weise plastischer, erfahrbarer und vor allem prägnanter.
Was soll daran bitte schlecht sein?
Abgesehen davon finde ich, hat deine Kritik weniger mit dem Tipp "Zeigen, nicht beschreiben", zu tun. Wenn du klare Sprache anmahnst, kann ich dir nur zustimmen. Diese ist aber beim Zeigen und beim Erzählen notwendig. Die Kunst beim Zeigen ist es ja gerade, einerseits die Spieler in die Situation zu versetzen UND GLEICHZEITIG alle wichtigen Informationen ERFAHRBAR zu machen, anstatt sie ihnen einfach nur nüchtern zu präsentieren.
Auch dem Satz, die Aufgabe des SLs sei es nicht, Atmosphäre zu vermitteln, sondern Informationen, kann ich so nicht zustimmen, denn die Aufgabe eines guten SL ist es in meinen Augen, die Informationen durch die Atmosphäre zu vermitteln. Eben so, wie ich das oben im Ansatz beschrieben habe, zugegeben an einem sehr simplen Beispiel.
Denn die Hauptaufgabe eines SL würde ich viel eher so beschreiben, dass es ihm gelingen muss, die Spieler zu aktivieren. Und das gelingt ihm meiner Meinung nach am besten,, wenn sie sich erstens gut in die Spielwelt und die konkrete Spielsituation hineindenken können, sie also erfahren können, statt sie nur erzählt zu bekommen und zweitens, wenn sie etwas zum Entdecken haben. Und "da sind Orks vor euch" weckt weder das Vorstellungsvermögen, noch die Neugier.
Also irgendwie würde mich grunzende Sabbeln spätestens beim dritten Mal nur noch deaktivieren ("Och, jetzt verplempert SL schon wieder Zeit für Trivialitäten").
Zumal ich "grunzende Orks" eher albern fände. Was einen wichtigen Punkt beleuchtet, weit stärker als im Roman wird die Vorstellungswelt im Rollenspiel kooperativ gebildet.
Also die Beschreibung ist nett und man sollte sie nicht weglassen. Aber auf Wahrnehmung würde ich würfeln lassen, BEVOR ich überhaupt irgendwas beschreibe. Damit klar ist, was die Charaktere hören. Ansonsten bin ich voll auf der Linie, den Spielern klare Beschreibungen zu liefern. Denn selbst wenn der Charakter schon 1000 mal Orks gehört hat, hat der Spieler vermutlich selten bis nie eine Beschreibung des Hörens von Orks von diesem Meister bekommen. Woher soll also der Spieler wissen, dass der Charakter das beschriebene als Orks interpretieren würde? Stimmungsvolle Beschreibungen sind nett, aber sie müssen fair sein. Sie müssen den Spieler mehr geben als die Möglichkeit zu bloßen Mutmaßungen. Ich habe shcon unter SLs gespielt, die ganz toll stimmungsovll beschrieben haben, aber die Spieler völlig im unklaren gelassne haben. Das tötet jeden Spielspaß udn ist ehrlich gesagt nur zum Kotzen.
@Marcus Johanus:
Ob das Beispiel falsch gewählt ist, hängt vor allem davon ab, was der SL in dieser Situation eigentlich tut. Etabliert er die neue Spielsituation ("Das sind die Fakten. Was tut ihr?") oder entwickelt er die bestehende Situation in der Interaktion ("Hier gibt's was neues auf das eure Charaktere reagieren können."). Mir geht es um ersteres. Letzteres kann man mit unzureichender Informationsausgabe lösen, aber das ist nur ein Weg von vielen.
Aber wenn du "zeigen" als "benennen mit etwas extra" definierst, dann ist das doch eher semantischer Eiertanz. ;) "Telling" ist das Benennen aller Informationen. "Showing" schließt per Definition bestimmte Informationen aus, damit so Freiräume entstehen können aus denen die Spieler weiteres ableiten bzw. interpretieren. Darum geht es ja bei "Show don't tell". Man könnte es auch "weniger ist mehr" nennen. Die Frage ob atmosphärisch dicht oder trocken faktisch, geht an dem vorbei worüber ich hier sprechen will.
Der SL ist das Wahrnehmungsorgen der Spieler. Nur über ihn können die Spieler (ggf. mit ihren Charakteren) die Spielwelt erfahren. Deine Alternative mag helfen Anfängern den Einstieg zu erleichtern, aber ich würde mich da eher durch die Würfel hingehalten fühlen. Ich will am Tisch wissen was der Charakter wahrnimmt, ich will es nicht deuten müssen. Ich will es auch nicht in die Hände des Zufalls legen, ob ich überhaupt irgendetwas von dem was um mich herum passiert wirklich mitbekomme.
Die Spielwelt und das Abenteuer sollten interessant genug sein um mich und meine Vorstellungskraft zu aktivieren. Auch ohne die Wahrnehmung des Charakters entschlüsseln zu müssen, sollten die Welt, die NSCs und die Ereignisse, die wir erleben genug Freiräume liefern, um mich zu beschäftigen. Wie oft haben Spieler schon mit abwegigen Vermutungen oder Ideen ein Abenteuer in eine völlig unerwartete Bahn geworfen? Ohne Freiräume könnte das gar nicht passieren.
Es gibt also gar keine Notwendigkeit einen solchen Dialog zur Vermittlung grundlegender Fakten der Spielsituation zu schaffen. Wenn die Spielwelt und das Abenteuer dynamisch geleitet werden, dann sollten die Spieler genug Material haben um ins Spiel zu versinken. Ihre Aktionen sollten ausreichend Dialog stellen. Wahrnehmung in Häppchen vermitteln kann man machen, aber man muss es nicht. "Showing" kann man machen, aber man muss es nicht. Im Gegenteil, wenn man sich verpflichtet fühlt Wahrnehmung so in Würfelei zu stückeln, dann leidet das Spiel darunter.
Wenn du schreibst, dass du die Spielsituation nicht "nur erzählt bekommen" willst, dann verwundert mich das schon. Es ist doch nicht so, dass man sich als Spieler aus dem Spiel bewegt nur weil der SL eindeutig und klar sagt was die Charaktere wahrnehmen. Du halst deinen Spieler mit deiner vorgeschlagenen Arbeitsweise mehr Aufwand auf um das Spiel zu spielen, aber ich sehe da kaum einen qualitativen Nutzen.
Zitat Georgios: "Aber wenn du "zeigen" als "benennen mit etwas extra" definierst, dann ist das doch eher semantischer Eiertanz. ;)"
Das fasst die Diskussion in meinen Augen ganz gut zusammen. Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass wir eigentlich ähnliche Dinge meinen. Mit deiner Unterscheidung von zeigen und erzählen bin ich nur nicht einverstanden. Ich sehe hat nicht ein, wieso das eine wenig und das andere viel Information bedeuten soll. Der Informationsfluss sollte idealer Weise bei beiden Verfahren gleich sein.
Ich habe doch gar nichts gegen einen vernünftigen Informationsfluss. Und auch nichts gegen Freiheiten der Spieler oder eine packende Spielwelt. Aber wenn ich das alles nur erzähl und nie gezeigt bekomme, dann wird das Spiel kaum zu einem Erlebnis. Das gilt ja nicht nur für den Spielleiter, sondern auch für alle anderen.
Wenn ein Spieler von seinem Charakter fortwährend in der dritten Person redet, werde ich diesen Charakter nie erleben. Und das gleiche gilt doch auch für einen Spielleiter, der seine NSC nur erzählerisch behandelt, sie aber nie wirklich auftreten lässt. Daran kann es doch gar keinen Zweifel geben.
Mit dem Informationsfluss hat das gar nichts zu tun. Es geht lediglich um die Präsentationsform der Informationen. Und der sollte bei beiden Methoden gleich gut sein. Natürlich gibt es immer wieder Probleme mit Spielleitern, die den Informationsfluss gut oder weniger gut gestalten (was aber auch für Spieler gilt). Mit zeigen vs. erzählen hat das aber meiner Erfahrung nach nichts zu tun.
Es soll in einem Fall viel und im anderen weniger Informationen beinhalten, weil dass die Achse ist über die ich "show" von "tell" unterscheide.
"telling" heißt hier genug Informationen liefern um eindeutig zu sein. "showing" heißt hier weniger Informationen liefern um damit Mehrdeutigkeit zu ermöglichen oder überhaupt Raum zur Deutung zu lassen.
Sobald man etwas nicht mehr deuten muss, benennt man es. Wenn die Spieler erst noch die Worte des SLs deuten müssen um an die wichtigen Infos zu kommen, ist es "showing" und nicht "telling". (Wir können natürlich diskutieren ob diese Sichtweise allgemeingültig ist - ich denke schon - aber für diese Diskussion hier sollte es keine Rolle spielen. Das sind die Begriffsinhalte mit denen ich in diesem Eintrag arbeite, diese in der Diskussion umzuformen, halte ich für wenig sinnvoll.)
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