Das ist sie. Die beste Rollenspieltheorie, die es jemals gab. Besser als GNS, da nicht nur verständliche Begriffe genommen werden sondern sowohl konkrete Spielrunden als auch Spieler erfasst werden. Besser als GDS, denn man kann sie klar und deutlich von GNS unterscheiden. Besser als das Process-Modell, weil die Erklärung auf einem Bierdeckel Platz hat. Besser noch als Robin Laws' Spielertypen, weil man sie nicht mehr erst ins Deutsche übersetzen muss.
Annahme: Die Dinge die man sich von einer Spielrunde erwünscht oder die man darin sucht, ähneln stark den Ansprüchen die man an einen Film haben kann. Das man von einer Rollenspielrunde nicht das Gleiche will, wie von einem Film ist selbstverständlich. Dennoch lassen sich die Ziele, die Rollenspieler in ihrer Runde verfolgen, mit Hilfe von Filmgenres wie ich finde recht gut umreissen.
Der Grund dafür ist recht simpel. Die meisten Leute haben genug Filme gesehen, um fast alle der erwähnten Filmgenres klar von einander trennen zu können. Ob man das gleiche über Rollenspiele sagen kann, bezweifele ich. Daher habe ich zu eine weiter verbreiteten Kategorisierung gegriffen. Hinzu kommt, dass die Voreingenommenheit gegenüber einzelner Filmgenres sich fast immer auf die Vorurteile was bestimmte Spielziele angeht übertragen lässt.
Die Ziele einer Spielrunde lassen sich an Hand dieser leicht verständlichen Genres illustrieren.
Actionfilm - Ziel ist es mitreissende Kämpfe und andere folgenschwere Ereignisse auszuspielen.
Drama - Hier soll es lohnenswert sein über die Geschichte zu reflektieren.
Melodrama - Mit den Figuren in der Spielwelt soll mitgefühlt werden.
Komödie - Selbsterklärend: es soll gelacht werden.
Dokumentarfilm - Was in der Spielwelt passiert, muss so wahrhaftig und plausibel wie möglich erscheinen.
Kunstfilm - Die Spielrunde soll eine aussergewöhnliche wenn nicht einzigartige Erfahrung sein.
Merke: die übliche Benutzung des Begriffs Genre beim Rollenspiel betrifft inhaltliche Genres (Western, Fantasy, Sci-Fi, Horror, etc.), die Genretheorie verwendet jedoch formale Genres.
Jede Rollenspielrunde lässt sich an Hand ihrer Ausprägung in diesen Genredimensionen umschreiben. Die Ziele lassen sich leicht miteinander kombinieren und bauen in vielen Fällen sogar stark aufeinander auf. Bestimmte Kombinationen sind für manche Spieler nicht aus einem Rollenspiel wegzudenken.
Dienstag, August 21, 2007
Mittwoch, August 15, 2007
[Odyssee 2007] Primetime Adventures
Nachtrag: Dom war so nett den fertigen Bogen auf der Metstübchen-Seite hochzuladen. Hier gibt es das fertige PDF.
Als Teil der Vorbereitung für die Runden, die ich auf der Odyssee leiten will, habe ich beschlossen die wichtigen Begriffe des Spiels zu übersetzen. Ich habe nicht wirklich Lust mich am Tisch in halb-verständlichem Denglisch unterhalten zu müssen.
PTA Übersetzungstabelle
Franchise - Schema
Premise - Serienkonzept
Tone - Stil
Protagonist - Figur
Concept - Charakterkonzept
Issue - Drama ("Warum macht der denn so ein Drama daraus?")
Story Arc - Charakterentwicklung
Screen Presence - Fokus (Da daran gemessen wird, wieviel Aufmerksamkeit der Figur in dieser Folge geschenkt wird. Aufmerksamkeit war jedoch zu mißverständlich dafür.)
Personal Set - Markenzeichen (Das Personal Set ist dafür da, dem Zuschauer zu signalisieren, dass das was jetzt passiert sehr wichtig ist. Da es sich dabei nicht um einen Ort sondern auch um einen Gegenstand, ein musikalisches Thema oder ähnliches handeln kann, hielt ich Markenzeichen für angemessen. Ob der Gebrauch des Personal Set dadurch inflationär ansteigt, bleibt abzusehen.)
Connections - Gute Freunde
Edges - Eigenschaften
Nemesis - Erzrivale
Focus - Aufgabe ("Soll diese Szene den Charakter beleuchten oder den Plot vorantreiben?")
Agenda - Ziel ("Was ist das Ziel dieser Szene?")
Location - Okzidental Rezipierte Themenkonvergenz (in Raum und Zeit)
Fan Mail - Zuschauerpost
Next Week On - Vorschau
Einen übersetzten Spielerbogen zu entwerfen ist schnell getan. Ob ich das für Dogs in the Vineyard auch mache, weiß ich noch nicht. Dafür ist mir der Bogen, dann vielleicht doch etwas zu aufwändig. Womöglich nur für Begriffe wie Raise, See, Fallout und so.
Als Teil der Vorbereitung für die Runden, die ich auf der Odyssee leiten will, habe ich beschlossen die wichtigen Begriffe des Spiels zu übersetzen. Ich habe nicht wirklich Lust mich am Tisch in halb-verständlichem Denglisch unterhalten zu müssen.
PTA Übersetzungstabelle
Franchise - Schema
Premise - Serienkonzept
Tone - Stil
Protagonist - Figur
Concept - Charakterkonzept
Issue - Drama ("Warum macht der denn so ein Drama daraus?")
Story Arc - Charakterentwicklung
Screen Presence - Fokus (Da daran gemessen wird, wieviel Aufmerksamkeit der Figur in dieser Folge geschenkt wird. Aufmerksamkeit war jedoch zu mißverständlich dafür.)
Personal Set - Markenzeichen (Das Personal Set ist dafür da, dem Zuschauer zu signalisieren, dass das was jetzt passiert sehr wichtig ist. Da es sich dabei nicht um einen Ort sondern auch um einen Gegenstand, ein musikalisches Thema oder ähnliches handeln kann, hielt ich Markenzeichen für angemessen. Ob der Gebrauch des Personal Set dadurch inflationär ansteigt, bleibt abzusehen.)
Connections - Gute Freunde
Edges - Eigenschaften
Nemesis - Erzrivale
Focus - Aufgabe ("Soll diese Szene den Charakter beleuchten oder den Plot vorantreiben?")
Agenda - Ziel ("Was ist das Ziel dieser Szene?")
Location - Okzidental Rezipierte Themenkonvergenz (in Raum und Zeit)
Fan Mail - Zuschauerpost
Next Week On - Vorschau
Einen übersetzten Spielerbogen zu entwerfen ist schnell getan. Ob ich das für Dogs in the Vineyard auch mache, weiß ich noch nicht. Dafür ist mir der Bogen, dann vielleicht doch etwas zu aufwändig. Womöglich nur für Begriffe wie Raise, See, Fallout und so.
Freitag, Juli 27, 2007
Wii Friend Codes
Nach langer Zeit bin ich mit meinem Wii mal wieder im Internet. Wen's interessiert:
Wii Freundschafts-Code - 2669 5243 1991 4653
Mario Strikers Charged - 047350 889387
Wer meiner Freundesliste hinzugefügt werden möchte, der trage einfach seine Codes in den Kommentaren ein.
Wii Freundschafts-Code - 2669 5243 1991 4653
Mario Strikers Charged - 047350 889387
Wer meiner Freundesliste hinzugefügt werden möchte, der trage einfach seine Codes in den Kommentaren ein.
Samstag, Juli 14, 2007
SL-Typen Online Test
Arref aus dem Gamecraft-Forum war so nett, aus meinen Spielleiter-Typen einen Online Fragebogen zu basteln. Wer sich das mal näher anschauen will, der kann das hier tun.
Inwiefern der Test die Typen angemessen ermittelt, weiss ich nicht. Ich vertraue jedoch darauf, dass Arref keine groben Schnitzer gemacht hat.
Inwiefern der Test die Typen angemessen ermittelt, weiss ich nicht. Ich vertraue jedoch darauf, dass Arref keine groben Schnitzer gemacht hat.
Samstag, Juli 07, 2007
Einstieg in die Rollenspielreparatur
(ehemals: Rollenspielreparatur für Anfänger. Die Kommentare haben mir deutlich gemacht, dass die meisten den Titel anders verstanden haben, als er von mir gedacht war. Der neue Titel ist hoffentlich weniger mißverständlich.)
Rollenspiele sind eine herrlich komplexe Angelegenheit. Zwar sind die Regeln meist schnell verstanden und verinnerlicht, es ist jedoch das Zusammenspiel der verschiedenen Bestandteile des Ganzen; die Eigendynamik, die das Spiel entwickelt und die unerwarteten Spielereignisse und unberechenbaren Spielhandlungen, die so unterhaltsam sind. Es ist eine der großen Stärken des Hobbies: niemand kann vorhersagen wohin sich das Spiel entwickeln wird.
Das ist auch einer der Gründe weshalb es so frustrierend und schwierig sein kann eine Spielrunde zu kitten, der ein Spiel keinen Spaß hat. Denn eine Gruppe die keinen Spaß hat, ist in etwa so viel sagend, wie eine Windows Fehlermeldung. Irgendwas läuft schief, aber man weiß nicht genau was, wo und wie. Während ein Windowsbenutzer sein Glück in den Hilfedateien suchen kann, bleibt dem enttäuschten Rollenspieler nur die Möglichkeit die zuvor erwähnte Komplexität zu entwirren und nach der Quelle der Spaßbremse zu suchen.
Ich möchte hier ein paar grundlegende Beobachtungen zum Spielgeschehen festhalten, welche helfen sollen die Probleme mit einem Spiel festzuhalten. Da sich der Text für jede Art von Rollenspiel(er) eignen soll, werde ich nicht über Vorlieben, Spielziele, Creative Agendas oder ähnliches schreiben. Solche Dinge sind fast gänzlich von den jeweiligen Spielern abhängig und sind nicht wirklich von einem Aussenstehenden zu erfassen. Ich möchte die Bereiche nach vorne stellen in denen unvereinbare Interessensunterschiede zu Schwierigkeiten führen können.
Um etwas zu reparieren, muss man erst einmal wissen womit man es zu tun hat. Um deutlicher zu machen, was am Spieltisch passiert, möchte ich das Spielgeschehen in drei 'Ebenen' aufteilen.
1) Die Personen-Ebene
Das ist selbstverständlich die Grundlage einer jeden Rollenspielrunde. Hier geht es um die Leute, die gemeinsam am Tisch sitzen mit all ihren Vorlieben und Abneigungen. Es geht darum wie wir miteinander umgehen und alles was dazu gehört. Wenn jemand von 'Gruppenvertrag' spricht, dann ist das hier damit gemeint. Wenn es hier schon die ersten Spannungen gibt (weil einer den anderen nicht mag oder mit ihm reden kann), dann stehen die Chancen schlecht, dass die Spielrunde ein Erfolg wird. Das Cheetoism-Wiki beschäftigt sich vorwiegend mit dieser Ebene.
2) Die Spiel(er)-ebene
Hier geht es um Spieler und Spielregeln. Man spricht von Spielwerten, Würfelwürfen, Erzählrechten, usw. Anders gesagt, es geht um alles was im Regelwerk steht und was die Art und Weise formt in der die Spieler miteinander interagieren. Man kann sich das als Überbau vorstellen, der sich auf die Personen-Ebene stützt. Das kann zu Problemen führen, wenn die einzelnen Spielregeln sich nicht damit vereinbaren lassen wie die Personen miteinander umgehen wollen. Ein Großteil der Rollenspieltheorie im Internet beschäftigt sich mit dieser Ebene.
3) Die Fiktions-Ebene
Fiktion bezieht sich auf alles, was im Spiel passiert: Charaktere, Orte, Situationen, Monster, usw. usf. Ich benutze den Begriff Fiktion, da all diese Dinge von den Spielern erdacht werden, jedoch nicht weil sie sie sich zwingend zu einer Art von Geschichte zusammenfügen müssen. Viele betrachten das Spielgeschehen als eine Art des Geschichtenerzählens, dass ist jedoch nicht zwingend nötig. Die Fiktion wird benutzt, um das Spiel zu spielen. Sie wird aber auch durch das Spiel produziert. Wenn ein Spieler einen kritischen Treffer würfelt, so überträgt sich das auf die Fiktion als eine schwere Verletzung für den Gegner. Stellt man sich eine Spielhandlung als das Werfen eines Steins in einen See vor, dann stellen die Wellen die Fiktion dar. Viele Spielberichte beschäftigen sich vorwiegend mit der Fiktions-Ebene.
Natürlich sind diese Ebenen während des Spiels nicht sauber voneinander getrennt, sondern werden fast immer gleichzeitig in Anspruch genommen. Die Trennung hier dient nur zur Vereinfachung.
Diese drei 'Ebenen' wirken aufeinander, beeinflussen sich gegenseitig und verändern sich durchgehend. Die herrliche Komplexität, die ich zu Beginn erwähnt habe, ist nichts anderes: die vielseitigen Möglichkeiten in denen die Personen, das Spiel und die Fiktion zusammenspielen. Genau das möchte ich jetzt etwas genauer betrachten.
Wie die Ebenen aufeinander treffen, habe ich in den kurzen Beschreibungen bereits angedeutet. Die Personen bedingen die Spielebene, welche wiederum die Fiktion formt. Einfacher gesagt: die Personen suchen sich ein Spiel aus und entscheiden wie sie es spielen wollen. Die Fiktion ist das, was fürs Spielen nötig ist und was durch das Spielen produziert wird.
Das Zusammenspiel der 'Ebenen' ist für den Spielspaß von großer Bedeutung. Die meisten Leute haben an bestimmten Arten des Zusammenspiels Spaß, andere Formen empfinden sie als störend, wieder andere sind ihnen egal. Ein Spiel, das das bevorzugte Zusammenspiel nicht ausreichend unterstützt, kann ihren Spaß schmälern. Einige Arten des Zusammenspiels, die mir gefallen oder die ich in Spielen gesehen habe, möchte ich hier kurz umreißen. Ich hoffe, dass das als Starthilfe dienen kann, um Schwierigkeiten in der Runde zu erkennen.
Ursache und Wirkung (Fiktion beeinflußt Spiel)
Dieses Zusammenspiel ist so selbstverständlich, dass es schon fast unabdingbar für Rollenspiele ist. Wenn die Spieler entscheiden müssen was sie als nächstes tun wollen oder wie sie gemäß der Regeln handeln wollen, müssen sie sich auch danach richten welche Möglichkeiten ihnen die Fiktion anbietet. Anders gesagt, obwohl mein Warhammer Charakter in der Lage ist Schlösser zu knacken (da er diese Fertigkeit besitzt), muss die Fiktion erst ein Schloß beinhalten bevor ich meinen Charakter eins knacken lassen kann. Dieses Prinzip wird auch gerne auf ganze Spielrunden ausgeweitet (z.B. im Kampagnenspiel). Hier wird die Fiktion einer vorherigen Spielrunde benutzt um die Möglichkeiten der aktuellen Runde vorzubereiten und einzugrenzen. Schwierigkeiten ergeben sich meist dann, wenn Ursache und Wirkung nicht ganz so streng eingehalten wird, wie es einzelne Personen am Tisch gerne hätten. Das bedeutet, wenn Ereignisse ohne Grund zu passieren scheinen oder die Personen am Tisch das Gefühl haben nicht ausreichend Einfluss auf die Fiktion zu haben (s.a. 'Railroading').
Glaubwürdigkeit (Personen begrenzen Fiktion)
Dies ist eine weitere Form des Zusammenspiels, die übersehen werden kann, weil sie so selbstverständlich wirkt. Handlungen und Ereignisse innerhalb der Fiktion sind derart miteinander verknüpft, dass sie von den Personen am Tisch als glaubwürdig und plausibel anerkannt werden. Es ist nicht unüblich, dass die Regeln mit dem Ziel entworfen wurden die Fiktion möglichst glaubwürdig zu halten und deshalb besonders unwahrscheinliche und unglaubwürdige Ereignisse im Vorfeld ausgeschlossen werden. Da jedoch die Personen am Tisch beim Spiel darüber entscheiden was glaubwürdig ist und was nicht, gibt es auch Spiele, die das vollkommen in die Hände der Gruppe legen. Das kann ein Problem sein, wenn die Fiktion im Zuge dessen so unglaubwürdig und albern wird, dass sie (und damit auch das gesamte Spiel) die nötige Zeit und den nötigen Aufwand nicht mehr wert ist.
Genre (Fiktion schränkt Spielebene ein)
Dieses Zusammenspiel hat Ähnlichkeiten zur Glaubwürdigkeit, nur dass an Stelle der Ansprüche die die Personen an die Fiktion stellen, hier die Richtlinien eines literarischen oder filmischen Genres angewandt werden. Stellt sich bei Glaubwürdigkeit die Frage: 'wie wahrscheinlich ist es das das passiert?' so stellt Genre die Frage: 'wie angemessen ist es das so etwas in dieser Art der Fiktion passiert?'. Die häufigste Einbindung von Genre tritt als Beschreibungstexte (s. 'fluff') in Rollenspielbüchern auf, welche einen Eindruck vermitteln soll wie eine niedergeschriebene Form der Fiktion eines Spiels aussehen könnte. Manche Rollenspiele unterstützen und verankern Genre durch Regeln ins Spiel (s. Geistige Stabilität in Cthulhu). Rollenspiele die auf Filmen, Büchern oder Fernsehserien basieren, umgehen die Genrefrage zum Teil in dem sie eine Vertrautheit mit den Ausgangstexten und damit den Einzelheiten des Genres voraussetzen. Probleme können auftreten, wenn sich die Spieler durch das Genre zu stark eingeschränkt fühlen (s. Sternenflottenoffiziere in einem Star Trek Rollenspiel); wenn sie sich nicht einig darüber sind was durch das Genre unterstützt wird und was nicht (s. Feuergefechte in einer Cthulhu Spielrunde) oder sich nicht sicher sind wie bindend die Genrevorgaben sind (s. 1984 Elemente in einer Paranoia-spielrunde).
Erweiterung (Personen bauen das Spiel aus)
Unter anderem werden Regeln entworfen um Fragen, die während des Spiels auftreten zu beanteorten. Manche Regeln sind dafür da um den Gewinner eines Kampfes zwischen Charakteren zu bestimmen. Andere halten fest wie Ausrüstungsgegenstände einem Charakter helfen oder hinderlich sein können bestimmte Dinge zu tun. Wieder andere bestimmen wer etwas wann zur Fiktion beitragen kann. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Handlungen und das Verhalten der Spieler dazu führen, dass solche Fragen überhaupt erst gestellt werden. Da das was am Spieltisch passiert sich jedoch von Spieltisch zu Spieltisch stark unterscheiden kann, kann es passieren, dass einige Fragen von der Gruppe gar nicht erst gestellt und die jeweiligen Regeln gar nicht benötigt werden. Umgekehrt ist es alles andere als ungewöhnlich, dass sich die Gruppe Fragen stellt, die der Spielautor nicht erwartet hat. Manche empfinden es als selbstverständlich und als Teil des Charmes von Rollenspielen während des Spiels diese 'Löcher' zu füllen. Andere werfen es einem Spiel vor solche Fragen nicht schon im Vorfeld zu beantworten. Erwartungen und Vorlieben können sich von Gruppe zu Gruppe stark unterscheiden, weshalb einige Spiele für manche Gruppen unspielbar sind, während andere Spieler flüssig und ganz ohne Probleme laufen.
Ausspielen (Personen ersetzen Spielebene)
Manche Gruppen umgehen Regeln gänzlich und einigen sich bei Streitfragen auf eigene Art und Weise. Ein sehr weit verbreitetes Beispiel dafür wäre das Ergebnis von Gesprächen zwischen Charakteren zu bestimmen in dem man diese Gespräche „ausspielt“, d.h. die Gespräche werden schauspielerisch nachgestellt und die Personen am Tischen entscheiden über die Folgen. Diese Vorgehensweise ist so verbreitet, dass einige Spieler es als einer der, wenn nicht sogar das wichtigste Element von Rollenspielen ansehen. Offensichtlich wird ein Spiel, dass diese Art von Zusammenspiel nicht ausreichend unterstützt oder zulässt, diesen Leuten weniger Spaß machen.
In den Regeln verankterte Annahmen (Spielebene setzt Personenebene voraus)
Spiele werden mit Spielern im Hinterkopf entworfen, d.h. mit ihren Annahmen und ihrem Interesse ein Rollenspiel zu spielen. Manche Spiele lassen sich mit einer weiten Pallette an möglichen Spielerannahmen und -interessen spielen. Andere gehen davon aus, dass die Gruppe an bestimmten Eigenschaften eines Rollenspiels interessiert ist, während sie andere weniger beachtet. Eine Spielrunde kann darunter leiden, dass die Erwartungen der Spieler an ein Rollenspiel sich nicht mit dem decken, was der Spielautor mit dem Spiel der Gruppe bieten wollte. Das Regelwerk kann sich etwa um etwas anderes drehen, als das was die Spieler sich von dem Spiel versprechen. Es kann sehr frustrierend sein, wenn die Regeln die 'Spaßquellen' des Spiels einschränken anstatt die Fragen zu beantworten, die 'wirklich wichtig' sind.
Wie die 'Ebenen' zusammenspielen müssen, damit ein Rollenspiel Spaß macht oder überhaupt ein Rollenspiel ist, ist ein Thema über das man viel und lange diskutieren kann ohne zu einer Lösung zu kommen. Statt langer Diskussionen schlage ich mehr Experementierfreude bei Spielen vor. So zeichnet sich schon bald ab, welche Formen des Zusammenspiels den Spielern wichtig sind, welche sie stören und welche ihren Spielspaß nicht weiter beeinflussen.
Rollenspiele sind eine herrlich komplexe Angelegenheit. Zwar sind die Regeln meist schnell verstanden und verinnerlicht, es ist jedoch das Zusammenspiel der verschiedenen Bestandteile des Ganzen; die Eigendynamik, die das Spiel entwickelt und die unerwarteten Spielereignisse und unberechenbaren Spielhandlungen, die so unterhaltsam sind. Es ist eine der großen Stärken des Hobbies: niemand kann vorhersagen wohin sich das Spiel entwickeln wird.
Das ist auch einer der Gründe weshalb es so frustrierend und schwierig sein kann eine Spielrunde zu kitten, der ein Spiel keinen Spaß hat. Denn eine Gruppe die keinen Spaß hat, ist in etwa so viel sagend, wie eine Windows Fehlermeldung. Irgendwas läuft schief, aber man weiß nicht genau was, wo und wie. Während ein Windowsbenutzer sein Glück in den Hilfedateien suchen kann, bleibt dem enttäuschten Rollenspieler nur die Möglichkeit die zuvor erwähnte Komplexität zu entwirren und nach der Quelle der Spaßbremse zu suchen.
Ich möchte hier ein paar grundlegende Beobachtungen zum Spielgeschehen festhalten, welche helfen sollen die Probleme mit einem Spiel festzuhalten. Da sich der Text für jede Art von Rollenspiel(er) eignen soll, werde ich nicht über Vorlieben, Spielziele, Creative Agendas oder ähnliches schreiben. Solche Dinge sind fast gänzlich von den jeweiligen Spielern abhängig und sind nicht wirklich von einem Aussenstehenden zu erfassen. Ich möchte die Bereiche nach vorne stellen in denen unvereinbare Interessensunterschiede zu Schwierigkeiten führen können.
Um etwas zu reparieren, muss man erst einmal wissen womit man es zu tun hat. Um deutlicher zu machen, was am Spieltisch passiert, möchte ich das Spielgeschehen in drei 'Ebenen' aufteilen.
1) Die Personen-Ebene
Das ist selbstverständlich die Grundlage einer jeden Rollenspielrunde. Hier geht es um die Leute, die gemeinsam am Tisch sitzen mit all ihren Vorlieben und Abneigungen. Es geht darum wie wir miteinander umgehen und alles was dazu gehört. Wenn jemand von 'Gruppenvertrag' spricht, dann ist das hier damit gemeint. Wenn es hier schon die ersten Spannungen gibt (weil einer den anderen nicht mag oder mit ihm reden kann), dann stehen die Chancen schlecht, dass die Spielrunde ein Erfolg wird. Das Cheetoism-Wiki beschäftigt sich vorwiegend mit dieser Ebene.
2) Die Spiel(er)-ebene
Hier geht es um Spieler und Spielregeln. Man spricht von Spielwerten, Würfelwürfen, Erzählrechten, usw. Anders gesagt, es geht um alles was im Regelwerk steht und was die Art und Weise formt in der die Spieler miteinander interagieren. Man kann sich das als Überbau vorstellen, der sich auf die Personen-Ebene stützt. Das kann zu Problemen führen, wenn die einzelnen Spielregeln sich nicht damit vereinbaren lassen wie die Personen miteinander umgehen wollen. Ein Großteil der Rollenspieltheorie im Internet beschäftigt sich mit dieser Ebene.
3) Die Fiktions-Ebene
Fiktion bezieht sich auf alles, was im Spiel passiert: Charaktere, Orte, Situationen, Monster, usw. usf. Ich benutze den Begriff Fiktion, da all diese Dinge von den Spielern erdacht werden, jedoch nicht weil sie sie sich zwingend zu einer Art von Geschichte zusammenfügen müssen. Viele betrachten das Spielgeschehen als eine Art des Geschichtenerzählens, dass ist jedoch nicht zwingend nötig. Die Fiktion wird benutzt, um das Spiel zu spielen. Sie wird aber auch durch das Spiel produziert. Wenn ein Spieler einen kritischen Treffer würfelt, so überträgt sich das auf die Fiktion als eine schwere Verletzung für den Gegner. Stellt man sich eine Spielhandlung als das Werfen eines Steins in einen See vor, dann stellen die Wellen die Fiktion dar. Viele Spielberichte beschäftigen sich vorwiegend mit der Fiktions-Ebene.
Natürlich sind diese Ebenen während des Spiels nicht sauber voneinander getrennt, sondern werden fast immer gleichzeitig in Anspruch genommen. Die Trennung hier dient nur zur Vereinfachung.
Diese drei 'Ebenen' wirken aufeinander, beeinflussen sich gegenseitig und verändern sich durchgehend. Die herrliche Komplexität, die ich zu Beginn erwähnt habe, ist nichts anderes: die vielseitigen Möglichkeiten in denen die Personen, das Spiel und die Fiktion zusammenspielen. Genau das möchte ich jetzt etwas genauer betrachten.
Wie die Ebenen aufeinander treffen, habe ich in den kurzen Beschreibungen bereits angedeutet. Die Personen bedingen die Spielebene, welche wiederum die Fiktion formt. Einfacher gesagt: die Personen suchen sich ein Spiel aus und entscheiden wie sie es spielen wollen. Die Fiktion ist das, was fürs Spielen nötig ist und was durch das Spielen produziert wird.
Das Zusammenspiel der 'Ebenen' ist für den Spielspaß von großer Bedeutung. Die meisten Leute haben an bestimmten Arten des Zusammenspiels Spaß, andere Formen empfinden sie als störend, wieder andere sind ihnen egal. Ein Spiel, das das bevorzugte Zusammenspiel nicht ausreichend unterstützt, kann ihren Spaß schmälern. Einige Arten des Zusammenspiels, die mir gefallen oder die ich in Spielen gesehen habe, möchte ich hier kurz umreißen. Ich hoffe, dass das als Starthilfe dienen kann, um Schwierigkeiten in der Runde zu erkennen.
Ursache und Wirkung (Fiktion beeinflußt Spiel)
Dieses Zusammenspiel ist so selbstverständlich, dass es schon fast unabdingbar für Rollenspiele ist. Wenn die Spieler entscheiden müssen was sie als nächstes tun wollen oder wie sie gemäß der Regeln handeln wollen, müssen sie sich auch danach richten welche Möglichkeiten ihnen die Fiktion anbietet. Anders gesagt, obwohl mein Warhammer Charakter in der Lage ist Schlösser zu knacken (da er diese Fertigkeit besitzt), muss die Fiktion erst ein Schloß beinhalten bevor ich meinen Charakter eins knacken lassen kann. Dieses Prinzip wird auch gerne auf ganze Spielrunden ausgeweitet (z.B. im Kampagnenspiel). Hier wird die Fiktion einer vorherigen Spielrunde benutzt um die Möglichkeiten der aktuellen Runde vorzubereiten und einzugrenzen. Schwierigkeiten ergeben sich meist dann, wenn Ursache und Wirkung nicht ganz so streng eingehalten wird, wie es einzelne Personen am Tisch gerne hätten. Das bedeutet, wenn Ereignisse ohne Grund zu passieren scheinen oder die Personen am Tisch das Gefühl haben nicht ausreichend Einfluss auf die Fiktion zu haben (s.a. 'Railroading').
Glaubwürdigkeit (Personen begrenzen Fiktion)
Dies ist eine weitere Form des Zusammenspiels, die übersehen werden kann, weil sie so selbstverständlich wirkt. Handlungen und Ereignisse innerhalb der Fiktion sind derart miteinander verknüpft, dass sie von den Personen am Tisch als glaubwürdig und plausibel anerkannt werden. Es ist nicht unüblich, dass die Regeln mit dem Ziel entworfen wurden die Fiktion möglichst glaubwürdig zu halten und deshalb besonders unwahrscheinliche und unglaubwürdige Ereignisse im Vorfeld ausgeschlossen werden. Da jedoch die Personen am Tisch beim Spiel darüber entscheiden was glaubwürdig ist und was nicht, gibt es auch Spiele, die das vollkommen in die Hände der Gruppe legen. Das kann ein Problem sein, wenn die Fiktion im Zuge dessen so unglaubwürdig und albern wird, dass sie (und damit auch das gesamte Spiel) die nötige Zeit und den nötigen Aufwand nicht mehr wert ist.
Genre (Fiktion schränkt Spielebene ein)
Dieses Zusammenspiel hat Ähnlichkeiten zur Glaubwürdigkeit, nur dass an Stelle der Ansprüche die die Personen an die Fiktion stellen, hier die Richtlinien eines literarischen oder filmischen Genres angewandt werden. Stellt sich bei Glaubwürdigkeit die Frage: 'wie wahrscheinlich ist es das das passiert?' so stellt Genre die Frage: 'wie angemessen ist es das so etwas in dieser Art der Fiktion passiert?'. Die häufigste Einbindung von Genre tritt als Beschreibungstexte (s. 'fluff') in Rollenspielbüchern auf, welche einen Eindruck vermitteln soll wie eine niedergeschriebene Form der Fiktion eines Spiels aussehen könnte. Manche Rollenspiele unterstützen und verankern Genre durch Regeln ins Spiel (s. Geistige Stabilität in Cthulhu). Rollenspiele die auf Filmen, Büchern oder Fernsehserien basieren, umgehen die Genrefrage zum Teil in dem sie eine Vertrautheit mit den Ausgangstexten und damit den Einzelheiten des Genres voraussetzen. Probleme können auftreten, wenn sich die Spieler durch das Genre zu stark eingeschränkt fühlen (s. Sternenflottenoffiziere in einem Star Trek Rollenspiel); wenn sie sich nicht einig darüber sind was durch das Genre unterstützt wird und was nicht (s. Feuergefechte in einer Cthulhu Spielrunde) oder sich nicht sicher sind wie bindend die Genrevorgaben sind (s. 1984 Elemente in einer Paranoia-spielrunde).
Erweiterung (Personen bauen das Spiel aus)
Unter anderem werden Regeln entworfen um Fragen, die während des Spiels auftreten zu beanteorten. Manche Regeln sind dafür da um den Gewinner eines Kampfes zwischen Charakteren zu bestimmen. Andere halten fest wie Ausrüstungsgegenstände einem Charakter helfen oder hinderlich sein können bestimmte Dinge zu tun. Wieder andere bestimmen wer etwas wann zur Fiktion beitragen kann. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Handlungen und das Verhalten der Spieler dazu führen, dass solche Fragen überhaupt erst gestellt werden. Da das was am Spieltisch passiert sich jedoch von Spieltisch zu Spieltisch stark unterscheiden kann, kann es passieren, dass einige Fragen von der Gruppe gar nicht erst gestellt und die jeweiligen Regeln gar nicht benötigt werden. Umgekehrt ist es alles andere als ungewöhnlich, dass sich die Gruppe Fragen stellt, die der Spielautor nicht erwartet hat. Manche empfinden es als selbstverständlich und als Teil des Charmes von Rollenspielen während des Spiels diese 'Löcher' zu füllen. Andere werfen es einem Spiel vor solche Fragen nicht schon im Vorfeld zu beantworten. Erwartungen und Vorlieben können sich von Gruppe zu Gruppe stark unterscheiden, weshalb einige Spiele für manche Gruppen unspielbar sind, während andere Spieler flüssig und ganz ohne Probleme laufen.
Ausspielen (Personen ersetzen Spielebene)
Manche Gruppen umgehen Regeln gänzlich und einigen sich bei Streitfragen auf eigene Art und Weise. Ein sehr weit verbreitetes Beispiel dafür wäre das Ergebnis von Gesprächen zwischen Charakteren zu bestimmen in dem man diese Gespräche „ausspielt“, d.h. die Gespräche werden schauspielerisch nachgestellt und die Personen am Tischen entscheiden über die Folgen. Diese Vorgehensweise ist so verbreitet, dass einige Spieler es als einer der, wenn nicht sogar das wichtigste Element von Rollenspielen ansehen. Offensichtlich wird ein Spiel, dass diese Art von Zusammenspiel nicht ausreichend unterstützt oder zulässt, diesen Leuten weniger Spaß machen.
In den Regeln verankterte Annahmen (Spielebene setzt Personenebene voraus)
Spiele werden mit Spielern im Hinterkopf entworfen, d.h. mit ihren Annahmen und ihrem Interesse ein Rollenspiel zu spielen. Manche Spiele lassen sich mit einer weiten Pallette an möglichen Spielerannahmen und -interessen spielen. Andere gehen davon aus, dass die Gruppe an bestimmten Eigenschaften eines Rollenspiels interessiert ist, während sie andere weniger beachtet. Eine Spielrunde kann darunter leiden, dass die Erwartungen der Spieler an ein Rollenspiel sich nicht mit dem decken, was der Spielautor mit dem Spiel der Gruppe bieten wollte. Das Regelwerk kann sich etwa um etwas anderes drehen, als das was die Spieler sich von dem Spiel versprechen. Es kann sehr frustrierend sein, wenn die Regeln die 'Spaßquellen' des Spiels einschränken anstatt die Fragen zu beantworten, die 'wirklich wichtig' sind.
Wie die 'Ebenen' zusammenspielen müssen, damit ein Rollenspiel Spaß macht oder überhaupt ein Rollenspiel ist, ist ein Thema über das man viel und lange diskutieren kann ohne zu einer Lösung zu kommen. Statt langer Diskussionen schlage ich mehr Experementierfreude bei Spielen vor. So zeichnet sich schon bald ab, welche Formen des Zusammenspiels den Spielern wichtig sind, welche sie stören und welche ihren Spielspaß nicht weiter beeinflussen.
Samstag, Juni 30, 2007
Der Gläserne Spielleiter
Als Spielleiter muss man häufig eine Vielzahl an Aufgaben für die Spielrunde übernehmen. Das ist nichts neues. Auch das es sich dabei um Aufgaben handelt, die man getrost von einander trennen und anders verteilen kann, haben schon eine Vielzahl von Spielen bewiesen.
Es ist jedoch auch äußerst hilfreich, wenn der Spielleiter deutlich macht, wann er welcher seiner Aufgaben nachkommt. Das heißt, das die Gruppe immer im Klaren darüber ist, wann er z.B. als Schiedsrichter auftritt oder wann er die für den Spielablauf notwendige Opposition stellt und wann er seinen eigenen Interessen nachgeht.
Denn dadurch vermeidet man Mißverständnisse, die schnell in Frust und dem Vorwurf des Railroadings münden können. Damit eine Spielrunde (auch langfristig) funktioniert, muss die Gewissheit herrschen, dass sich jeder an die Absprachen der Gruppe also die vereinbarten Regeln des Spiels hält. Je einflussreicher und mächtiger ein Spielteilnehmer ist, desto deutlicher muss erkennbar sein, dass diese Absprachen eingehalten werden. Bei einem Spiel, dass dem Spielleiter etwa ein uneingeschränktes Veto-Recht zuspricht, ist es sogar zwingend notwendig.
Es ist nicht verwunderlich, das ich diese Idee bei Paranoia XP entdeckt habe. Ein Spiel bei dem der Spielleiter explizit tun und lassen kann, was er will. Aber diese Vorgehensweise ist eigentlich in jedem Rollenspiel sinnvoll. Gerade wenn die Gruppe übermächtige Spielleiter gewohnt ist, deren Vorgehensweisen und Beweggründe im Dunkeln bleiben.
Eine verschlossene Tür kann ein Spielleiter den Spielern aus zahllosen Gründen vor die Nase stellen. Es könnte eine zu lösende Aufgabe sein oder lediglich Verzierung. Es könnte eine durch das Setting entstandene Notwendigkeit sein. Oder die Entscheidung des Spielleiters etwas bestimmtes aus dem Spiel auszuschliessen, usw. usf. Hat die Gruppe keine Anhaltspunkte, warum der Spielleiter tut was er tut, wird der Zusammenhalt der Spielgruppe nur unnötig auf die Probe gestellt.
Geheimnisse vor anderen Spielern sind hier fehl am Platz.
Es ist jedoch auch äußerst hilfreich, wenn der Spielleiter deutlich macht, wann er welcher seiner Aufgaben nachkommt. Das heißt, das die Gruppe immer im Klaren darüber ist, wann er z.B. als Schiedsrichter auftritt oder wann er die für den Spielablauf notwendige Opposition stellt und wann er seinen eigenen Interessen nachgeht.
Denn dadurch vermeidet man Mißverständnisse, die schnell in Frust und dem Vorwurf des Railroadings münden können. Damit eine Spielrunde (auch langfristig) funktioniert, muss die Gewissheit herrschen, dass sich jeder an die Absprachen der Gruppe also die vereinbarten Regeln des Spiels hält. Je einflussreicher und mächtiger ein Spielteilnehmer ist, desto deutlicher muss erkennbar sein, dass diese Absprachen eingehalten werden. Bei einem Spiel, dass dem Spielleiter etwa ein uneingeschränktes Veto-Recht zuspricht, ist es sogar zwingend notwendig.
Es ist nicht verwunderlich, das ich diese Idee bei Paranoia XP entdeckt habe. Ein Spiel bei dem der Spielleiter explizit tun und lassen kann, was er will. Aber diese Vorgehensweise ist eigentlich in jedem Rollenspiel sinnvoll. Gerade wenn die Gruppe übermächtige Spielleiter gewohnt ist, deren Vorgehensweisen und Beweggründe im Dunkeln bleiben.
Eine verschlossene Tür kann ein Spielleiter den Spielern aus zahllosen Gründen vor die Nase stellen. Es könnte eine zu lösende Aufgabe sein oder lediglich Verzierung. Es könnte eine durch das Setting entstandene Notwendigkeit sein. Oder die Entscheidung des Spielleiters etwas bestimmtes aus dem Spiel auszuschliessen, usw. usf. Hat die Gruppe keine Anhaltspunkte, warum der Spielleiter tut was er tut, wird der Zusammenhalt der Spielgruppe nur unnötig auf die Probe gestellt.
Geheimnisse vor anderen Spielern sind hier fehl am Platz.
Donnerstag, Juni 28, 2007
Verlieren ist Teil des Spiels
In den meisten Regelbüchern steht im Kapitel "Was ist Rollenspiel?" ein Satz wie "Rollenspiel ist ein Spiel bei dem es keine Verlierer gibt". Oft mit dem Kumbayah Zusatz: "so lange alle Spaß haben, hat jeder gewonnen". Der Zusatz ist natürlich völlig trivial, die Kernaussage ist auch nicht völlig falsch, jedoch recht mißverständlich und uneindeutig. Denn es ist doch offensichtlich so, dass es zumindest bei Kämpfen in Rollenspielen eindeutig Verlierer und Gewinner gibt. Aber dieser erklärende Satz will etwas allgemeiner verstanden werden. Solange der Spielablauf unterhaltsam ist, hat die Gruppe gewonnen.
Manche Spielleiter sehen das als Auftrag, den Spielern eine mitreißende und vor allem vollständige Geschichte zu liefern. Ein Plot, der den Spielern als Sandkasten dient, in dem sie sich austoben können. Andere Spielleiter versuchen die Gruppe zu Gewinnern zu machen, in dem sie ihnen ein schlüssiges und dynamisches Setting liefern, das eine solche Sandkastenfunktion erfüllen soll. Wieder andere folgen den Gesetzen der Dramaturgie um zum gleichen Ziel zu gelangen. Ganz Verwegene versuchen alles gleichzeitig zu machen oder ganz andere Schwerpunkte zu legen. Über die Unterschiede dieser Ansätze soll es hier nicht gehen.
Es geht mir vielmehr darum, was passiert, wenn dem Sandkasten der Sand ausgeht. Was passiert, wenn die Dramturgie versagt und die Spieler nur genervt mit den Augen rollen. Oder wenn das Setting sich plötzlich als völlig widersprüchlich entpuppt oder durch die Spielerhandlungen ad absurdum geführt wird. Oder, um das bekannteste Beispiel zu nennen, wenn die Story gegen die Wand gefahren wurde.
Die Standardantworten dazu rangieren zwischen: "das müssen die Spieler einfach mal so akzeptieren... suspension of disbelief und so" und "da muss der SL halt ein wenig hinter den Kulissen tricksen um das Spiel am Laufen zu halten". Das Wichtigste scheint zu sein, das nur niemand offen ausspricht was gerade passiert ist: das die gesamte Gruppe verloren hat. Denn nichts anderes passiert hier. Sie haben sich zusammengesetzt um gemeinsam Spaß am Spiel zu haben; einem Spiel in dem es Kämpfe gibt, ein Setting, das man gemeinsam erkundet und eine unterhaltsame Story die man gemeinsam erspielt und Teile davon oder das gesamte Ding gingen in die Hose.
Manchmal macht der SL halt einen Fehler. Vielleicht war die Opposition zu stark oder das Setting nicht durchdacht oder die Ereignisse machten keinen Sinn. Manchmal fällen die Spieler falsche Entscheidungen und brechen einen Streit vom Zaun den sie nicht gewinnen können oder flüchten in Windeseile vor dem schreienden Unrecht, statt etwas dagegen zu tun oder sie scheren sich einen Dreck darum, was im Spiel passiert und wollen nur in der Kneipe sitzen und dem Gastwirt beim Geschichtenerzählen zuhören. Manchmal hat man halt auch einfach nur Pech, weil jeder Würfelwurf katastrophal daneben ging und die gesamte Gruppe ins Verderben riss.
Manchmal verliert man eben.
Das ist auch im Rollenspiel möglich, egal wie sehr man darauf pocht, dass es beim Rollenspiel keine Verlierer gibt. Der springende Punkt ist nur wie man damit umgeht. Was man meiner Meinung nach nicht tun sollte, ist diese Niederlagen unter den Teppich kehren und so tun als wären sie nicht passiert. Man sollte gerade nicht darüber hinwegschauen um das Spiel am Laufen zu halten. Man sollte gerade nicht tricksen, umschreiben und rückwirkende Änderungen erfinden, nur damit man sich im Glauben wähnen kann, das das Spiel nicht gerade eben zusammengebrochen ist. Natürlich ist es enttäuschend, wenn nach langem Spiel, eine dusslige Kleinigkeit alles kaputt macht. Wenn der geheimnisvolle Mörder schon nach vier Minuten Spielzeit geschnappt wurde. Wenn die Charaktere die Todesfalle nicht überleben, weil sie nicht auf die Idee gekommen sind den grünen Knopf zu drücken. Wenn ein Kobold mit einem Buttermesser fünf erfahrene Kriegshelden niederstreckt, weil die Würfel einfach nicht so wollen, wie sie sollen.
Aber so ein klein wenig Enttäuschung oder Frust ist schon ok. Das sollte man sich schon zutrauen können. Es ist kein unerträglicher Schandfleck, den man nie wieder los wird. Man hat beim Rollenspiel verloren. Das ist nicht mal halb so schlimm, wie man es sich vorstellt.
Ja, das Spiel stockt. Aber wenn jeder am Tisch daran interessiert ist weiterzuspielen, dann wird man auch eine Möglichkeit finden weiterzuspielen. Der Vorteil den man sich davon verspricht, solche Situationen hinter der Hand "gerade zu biegen" ist bei weitem nicht so hoch wie der Vorteil, wenn man solche Dinge ausspricht, offenlegt und anschliessend gemeinsam darauf hinspielt Spaß zu haben.
Manche Spielleiter sehen das als Auftrag, den Spielern eine mitreißende und vor allem vollständige Geschichte zu liefern. Ein Plot, der den Spielern als Sandkasten dient, in dem sie sich austoben können. Andere Spielleiter versuchen die Gruppe zu Gewinnern zu machen, in dem sie ihnen ein schlüssiges und dynamisches Setting liefern, das eine solche Sandkastenfunktion erfüllen soll. Wieder andere folgen den Gesetzen der Dramaturgie um zum gleichen Ziel zu gelangen. Ganz Verwegene versuchen alles gleichzeitig zu machen oder ganz andere Schwerpunkte zu legen. Über die Unterschiede dieser Ansätze soll es hier nicht gehen.
Es geht mir vielmehr darum, was passiert, wenn dem Sandkasten der Sand ausgeht. Was passiert, wenn die Dramturgie versagt und die Spieler nur genervt mit den Augen rollen. Oder wenn das Setting sich plötzlich als völlig widersprüchlich entpuppt oder durch die Spielerhandlungen ad absurdum geführt wird. Oder, um das bekannteste Beispiel zu nennen, wenn die Story gegen die Wand gefahren wurde.
Die Standardantworten dazu rangieren zwischen: "das müssen die Spieler einfach mal so akzeptieren... suspension of disbelief und so" und "da muss der SL halt ein wenig hinter den Kulissen tricksen um das Spiel am Laufen zu halten". Das Wichtigste scheint zu sein, das nur niemand offen ausspricht was gerade passiert ist: das die gesamte Gruppe verloren hat. Denn nichts anderes passiert hier. Sie haben sich zusammengesetzt um gemeinsam Spaß am Spiel zu haben; einem Spiel in dem es Kämpfe gibt, ein Setting, das man gemeinsam erkundet und eine unterhaltsame Story die man gemeinsam erspielt und Teile davon oder das gesamte Ding gingen in die Hose.
Manchmal macht der SL halt einen Fehler. Vielleicht war die Opposition zu stark oder das Setting nicht durchdacht oder die Ereignisse machten keinen Sinn. Manchmal fällen die Spieler falsche Entscheidungen und brechen einen Streit vom Zaun den sie nicht gewinnen können oder flüchten in Windeseile vor dem schreienden Unrecht, statt etwas dagegen zu tun oder sie scheren sich einen Dreck darum, was im Spiel passiert und wollen nur in der Kneipe sitzen und dem Gastwirt beim Geschichtenerzählen zuhören. Manchmal hat man halt auch einfach nur Pech, weil jeder Würfelwurf katastrophal daneben ging und die gesamte Gruppe ins Verderben riss.
Manchmal verliert man eben.
Das ist auch im Rollenspiel möglich, egal wie sehr man darauf pocht, dass es beim Rollenspiel keine Verlierer gibt. Der springende Punkt ist nur wie man damit umgeht. Was man meiner Meinung nach nicht tun sollte, ist diese Niederlagen unter den Teppich kehren und so tun als wären sie nicht passiert. Man sollte gerade nicht darüber hinwegschauen um das Spiel am Laufen zu halten. Man sollte gerade nicht tricksen, umschreiben und rückwirkende Änderungen erfinden, nur damit man sich im Glauben wähnen kann, das das Spiel nicht gerade eben zusammengebrochen ist. Natürlich ist es enttäuschend, wenn nach langem Spiel, eine dusslige Kleinigkeit alles kaputt macht. Wenn der geheimnisvolle Mörder schon nach vier Minuten Spielzeit geschnappt wurde. Wenn die Charaktere die Todesfalle nicht überleben, weil sie nicht auf die Idee gekommen sind den grünen Knopf zu drücken. Wenn ein Kobold mit einem Buttermesser fünf erfahrene Kriegshelden niederstreckt, weil die Würfel einfach nicht so wollen, wie sie sollen.
Aber so ein klein wenig Enttäuschung oder Frust ist schon ok. Das sollte man sich schon zutrauen können. Es ist kein unerträglicher Schandfleck, den man nie wieder los wird. Man hat beim Rollenspiel verloren. Das ist nicht mal halb so schlimm, wie man es sich vorstellt.
Ja, das Spiel stockt. Aber wenn jeder am Tisch daran interessiert ist weiterzuspielen, dann wird man auch eine Möglichkeit finden weiterzuspielen. Der Vorteil den man sich davon verspricht, solche Situationen hinter der Hand "gerade zu biegen" ist bei weitem nicht so hoch wie der Vorteil, wenn man solche Dinge ausspricht, offenlegt und anschliessend gemeinsam darauf hinspielt Spaß zu haben.
Donnerstag, Juni 14, 2007
Atmosphäre besteht aus Gefühlen
Eine Rollenspielrunde als atmosphärisch zu bezeichnen, ist oft ein Ausdruck der Wertschätzung und des Lobes für eine Spielrunde. Daher ist es selbstverständlich, dass der geneigte Spielleiter danach strebt die Rollenspielrunde so zu leiten, dass sie von den Spielern als atmosphärisch wahrgenommen wird. Wenn man sich dabei an das Wissen und die Erfahrung anderer Spielleiter wandt, so bekommt man häufig folgende Vorschläge zu hören:
"Frag deine Spieler was ihnen gefällt."
"Benutze Musik und Licht."
"Gute Beschreibungen und etwas Schauspiel."
Solche und ähnliche Antworten finde ich meist nur bedingt brauchbar. So als würde man auf die Frage "Wie baue ich mir ein Heim in dem ich mich wohl fühle?" mit "hübsche Tapete", "tolle Wohnzimmereinrichtung", "neue Multimedia-anlage" oder "getrennte Betten" antworten. Die Antworten sind allesamt richtig (je nach Veranlagung versteht sich), aber sie alle übersehen einen wichtigen Punkt bzw. nehmen ihn als gegeben an. Dabei sind es meist die Schwierigkeiten mit genau diesem Punkt, die Einen erst dazu treiben die Ratschläge anderer zu suchen: ein stabiles Haus bauen bzw. die Bereitschaft aller Spieler eine Atmosphäre im Spiel zuzulassen.
Das ist die Problematik, die man lösen muss bevor man zu audio-visuellen Hilfsmitteln oder großer Redekunst greifen kann. Zuerst muss jeder Spieler es zulassen (bzw. sich entscheiden) von dem Spiel und den Ereignissen darin emotional beeinflusst zu werden. Er muss mitfühlen, wenn Charaktere leiden. Er muss sich gruseln, wenn er von ominösen Gefahren umgeben ist. Er muss erzürnt sein, wenn großes Unrecht geschieht. Eine atmosphärische Runde ist nichts anderes, als eine Runde, die beim Spieler bestimmte Emotionen angesprochen hat.
Natürlich ist es nicht so, das sog. weniger atmosphärische Runden, eine emotionslose Angelegenheit wären. Ganz im Gegenteil. Es gibt eine Handvoll Emotionen beim Rollenspiel, deren Erfahrung man bei jedem Rollenspieler vorraussetzen kann: Stolz nach einem hart errungenen Sieg; Freude nach einem glücklichen Würfelwurf; Begeisterung durch die Kameraderie zwischen den Charakteren/Spielern etc. Es gibt jedoch auch ein weites Feld an Erfahrungen beim Rollenspiel, die man nicht bei jedem Rollenspieler als gegeben annehmen kann. Trauer um das Schicksal einer Figur, Angst um ihr Wohlergehen, tief empfundenes Mitleid für eine Figur, die schicksalhafte Entscheidungen fällen muss, aufrichtige Verehrung einer besonders heldenhaften Figur, usw. usf. Die Erklärung, weshalb solche Emotionen beim Rollenspiel nicht selbstverständlich sind, ist verhältnismässig simpel: Es ist ja nur ein Spiel. Es ist ja nicht echt und nur ausgedacht.
Aber Hataru no haka (Die Letzten Glühwürmchen) ist auch nur ein Zeichentrickfilm, und man will sich danach trotzdem die Augen ausheulen (oder die Pulsadern aufschneiden... je nach Veranlagung). One Flew over the Cuckoo's Nest ist auch nur ein Film (und vorher ein Buch) und am Ende ist man doch erschüttert von McMurphys Schicksal. Raiders of the Lost Ark ist auch nur ein Film (und ein Pulp-Abklatsch noch dazu) aber Indiana Jones ist am Ende doch ein Held, den man toll findet. Der Unterschied liegt nicht im Medium selbst, wie ich denke, sondern in der Art von Verhaltensweisen, welche im Umgang damit als angemessen gelten. Anders gesagt: es ist vollkommen in Ordnung, von einem Buch oder Film ergriffen zu sein oder einen Frosch im Hals zu haben, weil es den Charakteren darin schlecht geht.
Wer es also in die Hand nehmen will mehr Atmosphäre in seine Rollenspielrunde zu bringen, der muss sich mit den anderen Spielern einigen, welche Reaktionen auf die Ereignisse im Spiel angemessen sind und welche nicht. Welche Reaktionen akzeptiert werden und über welche man sich lustig macht. Es reicht leider nur selten, wenn man vor dem Spiel "ihr dürft auch Angst haben" (oder vergleichbares) sagt. Auch das Aufgreifen eines bekannten Genres und die damit verbundene Erlaubnis zu bestimmten Reaktionen (z.B. Horror - Angst) sind nur manchmal effektiv. Es benötigt häufig ein konkretes Erlebnis eines Mitspielers, der nicht davor zurückschreckt emotional in das Geschehen verwickelt zu sein und (was noch viel wichtiger ist) von der Gruppe darin unterstützt wird; d.h. dessen Ablehnung oder Verspottung durch einen anderen Spieler nicht geduldet wird. In dem Zusammenhang wird auch oft der Begriff Vertrauen genannt. Das Vertrauen in die Gruppe nicht dafür verhöhnt zu werden emotional auf etwas zu reagieren was nur Fiktion ist. Atmosphäre ist die Folge einer Gruppendynamik, in der bestimmte emotionale Reaktionen auf die Ereignisse im Spiel, als vollkommen legitim akzeptiert werden.
Es macht dabei keinen nennenswerten Unterschied, ob man die schaurige Atmosphäre eines Gruselromans anstrebt, die stolze Ergriffenheit einer Heldensage oder die entzückte Glückseligkeit einer Liebesgeschichte. Solange in den Köpfen der Spielenden die Angst steckt sich lächerlich zu machen, lässt sich keine Atmosphäre im Spiel erzeugen.
"Frag deine Spieler was ihnen gefällt."
"Benutze Musik und Licht."
"Gute Beschreibungen und etwas Schauspiel."
Solche und ähnliche Antworten finde ich meist nur bedingt brauchbar. So als würde man auf die Frage "Wie baue ich mir ein Heim in dem ich mich wohl fühle?" mit "hübsche Tapete", "tolle Wohnzimmereinrichtung", "neue Multimedia-anlage" oder "getrennte Betten" antworten. Die Antworten sind allesamt richtig (je nach Veranlagung versteht sich), aber sie alle übersehen einen wichtigen Punkt bzw. nehmen ihn als gegeben an. Dabei sind es meist die Schwierigkeiten mit genau diesem Punkt, die Einen erst dazu treiben die Ratschläge anderer zu suchen: ein stabiles Haus bauen bzw. die Bereitschaft aller Spieler eine Atmosphäre im Spiel zuzulassen.
Das ist die Problematik, die man lösen muss bevor man zu audio-visuellen Hilfsmitteln oder großer Redekunst greifen kann. Zuerst muss jeder Spieler es zulassen (bzw. sich entscheiden) von dem Spiel und den Ereignissen darin emotional beeinflusst zu werden. Er muss mitfühlen, wenn Charaktere leiden. Er muss sich gruseln, wenn er von ominösen Gefahren umgeben ist. Er muss erzürnt sein, wenn großes Unrecht geschieht. Eine atmosphärische Runde ist nichts anderes, als eine Runde, die beim Spieler bestimmte Emotionen angesprochen hat.
Natürlich ist es nicht so, das sog. weniger atmosphärische Runden, eine emotionslose Angelegenheit wären. Ganz im Gegenteil. Es gibt eine Handvoll Emotionen beim Rollenspiel, deren Erfahrung man bei jedem Rollenspieler vorraussetzen kann: Stolz nach einem hart errungenen Sieg; Freude nach einem glücklichen Würfelwurf; Begeisterung durch die Kameraderie zwischen den Charakteren/Spielern etc. Es gibt jedoch auch ein weites Feld an Erfahrungen beim Rollenspiel, die man nicht bei jedem Rollenspieler als gegeben annehmen kann. Trauer um das Schicksal einer Figur, Angst um ihr Wohlergehen, tief empfundenes Mitleid für eine Figur, die schicksalhafte Entscheidungen fällen muss, aufrichtige Verehrung einer besonders heldenhaften Figur, usw. usf. Die Erklärung, weshalb solche Emotionen beim Rollenspiel nicht selbstverständlich sind, ist verhältnismässig simpel: Es ist ja nur ein Spiel. Es ist ja nicht echt und nur ausgedacht.
Aber Hataru no haka (Die Letzten Glühwürmchen) ist auch nur ein Zeichentrickfilm, und man will sich danach trotzdem die Augen ausheulen (oder die Pulsadern aufschneiden... je nach Veranlagung). One Flew over the Cuckoo's Nest ist auch nur ein Film (und vorher ein Buch) und am Ende ist man doch erschüttert von McMurphys Schicksal. Raiders of the Lost Ark ist auch nur ein Film (und ein Pulp-Abklatsch noch dazu) aber Indiana Jones ist am Ende doch ein Held, den man toll findet. Der Unterschied liegt nicht im Medium selbst, wie ich denke, sondern in der Art von Verhaltensweisen, welche im Umgang damit als angemessen gelten. Anders gesagt: es ist vollkommen in Ordnung, von einem Buch oder Film ergriffen zu sein oder einen Frosch im Hals zu haben, weil es den Charakteren darin schlecht geht.
Wer es also in die Hand nehmen will mehr Atmosphäre in seine Rollenspielrunde zu bringen, der muss sich mit den anderen Spielern einigen, welche Reaktionen auf die Ereignisse im Spiel angemessen sind und welche nicht. Welche Reaktionen akzeptiert werden und über welche man sich lustig macht. Es reicht leider nur selten, wenn man vor dem Spiel "ihr dürft auch Angst haben" (oder vergleichbares) sagt. Auch das Aufgreifen eines bekannten Genres und die damit verbundene Erlaubnis zu bestimmten Reaktionen (z.B. Horror - Angst) sind nur manchmal effektiv. Es benötigt häufig ein konkretes Erlebnis eines Mitspielers, der nicht davor zurückschreckt emotional in das Geschehen verwickelt zu sein und (was noch viel wichtiger ist) von der Gruppe darin unterstützt wird; d.h. dessen Ablehnung oder Verspottung durch einen anderen Spieler nicht geduldet wird. In dem Zusammenhang wird auch oft der Begriff Vertrauen genannt. Das Vertrauen in die Gruppe nicht dafür verhöhnt zu werden emotional auf etwas zu reagieren was nur Fiktion ist. Atmosphäre ist die Folge einer Gruppendynamik, in der bestimmte emotionale Reaktionen auf die Ereignisse im Spiel, als vollkommen legitim akzeptiert werden.
Es macht dabei keinen nennenswerten Unterschied, ob man die schaurige Atmosphäre eines Gruselromans anstrebt, die stolze Ergriffenheit einer Heldensage oder die entzückte Glückseligkeit einer Liebesgeschichte. Solange in den Köpfen der Spielenden die Angst steckt sich lächerlich zu machen, lässt sich keine Atmosphäre im Spiel erzeugen.
Samstag, Juni 09, 2007
Der Wert der Fiktion
Jedes Rollenspiel wirft als Teil des Spielakts Fiktion ab: die Summe der durch das Spiel entstandenen Ereignisse. Sei es ein Gespräch zwischen Charakteren, ihre Erlebnisse und ihre Taten, die Eigenschaften ihrer Umwelt, usw. usf.. All das will ich hier mit dem Begriff Fiktion umschreiben. Das Erschaffen einer Fiktion mit bestimmten Eigenschaften kann ein Ziel der Gruppe sein. Sie kann aber auch nur Nebenprodukt für die Gruppe sein, wenn sie z.b. den Akt des Erschaffens selbst zum Ziel hat.
Diese Unterschiede sind oft die Grundlage auf der Viele zwischen Spielstilen oder Spielzielen unterscheiden. Aber der Bezug zur Fiktion lässt sich nicht nur aufgrund der Spielfunktion unterscheiden. In der konkreten Spielrunde lassen sich auch darin Unterschiede erkennen, wie viel Bedeutung den einzelnen Taten und Ereignissen in der Fiktion beigemessen werden, Anders gesagt: wie ernst man die Fiktion nimmt.
Es geht mir hier nicht darum, ob man beim spielen lacht oder bierernst seinen Halbling Gundolf Pfroppmeier, XVI. spielt. Die Unterscheidung um die es mir geht, dreht sich darum ob man den Satz "Ich schiesse dem Mädchen ins Gesicht" als erschreckenden Mordversuch oder als Spielhandlung, die von jeglicher Bewertung und Wertaussage befreit ist, wahrnimmt. Natürlich bewegt sich fast jeder Rollenspieler zwischen diesen zwei Punkten, und häufig führt die Spannung, die ein solcher Satz auslöst, zum überraschten Aufschreien in der Gruppe. Wichtig ist mir allein, dass man diese zwei unterschiedlichen Positionen wahrnimmt und erkennt, dass sich jeder Rollenspieler während des Spiels dazwischen bewegt. Manche sehr sprunghaft, andere verbleiben völlig statisch.
Diese Unterscheidung ist nicht allein dem Rollenspiel zu Eigen. Sie lässt sich am Deutlichsten auch beim Horror-Film wiederfinden. Damit ein Horror-Film eine Reaktion bewirkt, die den Genre-Namen rechtfertigt, muss man als Zuschauer der erzählten Geschichte eine gewisse Gültigkeit oder Wahrhaftigkeit zusprechen. Man muss (willentlich) vergessen, dass das alles nur ein Film ist. Natürlich kann man von einem solchen Film unterhalten werden, ohne ihn "ernst zu nehmen". Es gibt auch mit Sicherheit Filme, die mit genau dieser Einstellung spielen (z.B. Scream). Aber um Horror, Angst, Ekel oder Schauer zu empfinden, darf man keine Distanz zur Geschichte aufrecht erhalten, sondern muss gewillt sein in die Geschichte einzutauchen und diese auf sich wirken zu lassen.
Beim Rollenspiel ist dieses Bewegen und Positionieren der eigenen Einstellung zur Fiktion allein eine Frage des Geschmacks. Keine dieser Positionen ist mehr oder weniger Rollenspiel als eine andere. Jede/r Gruppe/Spieler entscheidet selbst, ob und wie ernst die Fiktion genommen wird. Das passiert so schnell und intuitiv, dass man in einer gut laufenden Runde keinen Gedanken daran verschwenden muss.
Diese Vorgehensweise funktioniert auch problemlos, solange man Rollenspiele spielt, deren Regeln den Umgang mit der Fiktion völlig unberührt lassen und in keinster Weise darauf aufbauen. Es gibt jedoch auch Spiele, die genau das tun. Spiele, die voraussetzen, dass der Spieler der Fiktion einen bestimmten Stellenwert zuschreibt. Spiele wie Dogs in the Vineyard, Primetime Adventures und auch Sorcerer laufen erst dann flüssig, wenn die Spieler die Fiktion nicht nur als hübsches aber belangloses Beiwerk des Spiels betrachten, sondern die Fiktion auf sich wirken lassen.
Dadurch, dass solche Spiele diese Einstellung zur Fiktion als notwendig voraussetzen, es jedoch nicht ausdrücklich genug vermitteln oder nicht deutlich machen, dass diese Einstellung etwas ist, was der Spieler bewusst einnehmen muss, können einzelne Elemente des Spiels nicht greifen und der Spielablauf stockt oder bricht völlig zusammen. Das hat zur Folge, dass nur Rollenspieler, denen die Fiktion ähnlich wichtig ist wie dem Designer oder die ihren Bezug zur Fiktion zu variieren bereit sind, mit dem Spiel zurechtkommen.
Dadurch bleibt das Spiel für viele geneigte und willige Spieler verschlossen oder gar völlig unverständlich.
(Ob mehr Spieler Spass an solchen Spielen haben würden, wenn dem nicht so wäre, kann ich nicht beurteilen. Ich denke jedoch, dass manche Spiele zu unrecht abgelehnt werden, nur weil die Gruppe der Fiktion einen anderen Stellenwert einräumt als vom Designer erwartet.)
Diese Unterschiede sind oft die Grundlage auf der Viele zwischen Spielstilen oder Spielzielen unterscheiden. Aber der Bezug zur Fiktion lässt sich nicht nur aufgrund der Spielfunktion unterscheiden. In der konkreten Spielrunde lassen sich auch darin Unterschiede erkennen, wie viel Bedeutung den einzelnen Taten und Ereignissen in der Fiktion beigemessen werden, Anders gesagt: wie ernst man die Fiktion nimmt.
Es geht mir hier nicht darum, ob man beim spielen lacht oder bierernst seinen Halbling Gundolf Pfroppmeier, XVI. spielt. Die Unterscheidung um die es mir geht, dreht sich darum ob man den Satz "Ich schiesse dem Mädchen ins Gesicht" als erschreckenden Mordversuch oder als Spielhandlung, die von jeglicher Bewertung und Wertaussage befreit ist, wahrnimmt. Natürlich bewegt sich fast jeder Rollenspieler zwischen diesen zwei Punkten, und häufig führt die Spannung, die ein solcher Satz auslöst, zum überraschten Aufschreien in der Gruppe. Wichtig ist mir allein, dass man diese zwei unterschiedlichen Positionen wahrnimmt und erkennt, dass sich jeder Rollenspieler während des Spiels dazwischen bewegt. Manche sehr sprunghaft, andere verbleiben völlig statisch.
Diese Unterscheidung ist nicht allein dem Rollenspiel zu Eigen. Sie lässt sich am Deutlichsten auch beim Horror-Film wiederfinden. Damit ein Horror-Film eine Reaktion bewirkt, die den Genre-Namen rechtfertigt, muss man als Zuschauer der erzählten Geschichte eine gewisse Gültigkeit oder Wahrhaftigkeit zusprechen. Man muss (willentlich) vergessen, dass das alles nur ein Film ist. Natürlich kann man von einem solchen Film unterhalten werden, ohne ihn "ernst zu nehmen". Es gibt auch mit Sicherheit Filme, die mit genau dieser Einstellung spielen (z.B. Scream). Aber um Horror, Angst, Ekel oder Schauer zu empfinden, darf man keine Distanz zur Geschichte aufrecht erhalten, sondern muss gewillt sein in die Geschichte einzutauchen und diese auf sich wirken zu lassen.
Beim Rollenspiel ist dieses Bewegen und Positionieren der eigenen Einstellung zur Fiktion allein eine Frage des Geschmacks. Keine dieser Positionen ist mehr oder weniger Rollenspiel als eine andere. Jede/r Gruppe/Spieler entscheidet selbst, ob und wie ernst die Fiktion genommen wird. Das passiert so schnell und intuitiv, dass man in einer gut laufenden Runde keinen Gedanken daran verschwenden muss.
Diese Vorgehensweise funktioniert auch problemlos, solange man Rollenspiele spielt, deren Regeln den Umgang mit der Fiktion völlig unberührt lassen und in keinster Weise darauf aufbauen. Es gibt jedoch auch Spiele, die genau das tun. Spiele, die voraussetzen, dass der Spieler der Fiktion einen bestimmten Stellenwert zuschreibt. Spiele wie Dogs in the Vineyard, Primetime Adventures und auch Sorcerer laufen erst dann flüssig, wenn die Spieler die Fiktion nicht nur als hübsches aber belangloses Beiwerk des Spiels betrachten, sondern die Fiktion auf sich wirken lassen.
Dadurch, dass solche Spiele diese Einstellung zur Fiktion als notwendig voraussetzen, es jedoch nicht ausdrücklich genug vermitteln oder nicht deutlich machen, dass diese Einstellung etwas ist, was der Spieler bewusst einnehmen muss, können einzelne Elemente des Spiels nicht greifen und der Spielablauf stockt oder bricht völlig zusammen. Das hat zur Folge, dass nur Rollenspieler, denen die Fiktion ähnlich wichtig ist wie dem Designer oder die ihren Bezug zur Fiktion zu variieren bereit sind, mit dem Spiel zurechtkommen.
Dadurch bleibt das Spiel für viele geneigte und willige Spieler verschlossen oder gar völlig unverständlich.
(Ob mehr Spieler Spass an solchen Spielen haben würden, wenn dem nicht so wäre, kann ich nicht beurteilen. Ich denke jedoch, dass manche Spiele zu unrecht abgelehnt werden, nur weil die Gruppe der Fiktion einen anderen Stellenwert einräumt als vom Designer erwartet.)
Donnerstag, Juni 07, 2007
Gedankenanstösse
Immersion ist kein Spielzustand, der erreicht wird oder eine Spieleigenschaft, die unkontrolliert entsteht. Immersion ist eine Folge unterschiedlicher Handlungen, welche von den Spielern bewusst ausgeführt werden. Immersion wird getan, nicht bloß erlebt.
Beim Rollenspiel kann Fiktion aus einer reglementierten Interaktion entstehen, aber auch die Fiktion Regeln produzieren, die die Interaktion formen. Letzteres ist jedoch so stark von den sozialen Fähigkeiten und Talenten der einzelnen Spieler abhängig, dass diese Diskussion nur am konkreten Beispiel von Einzelspielern sinnvoll ist.
Ob und wie die Fiktion von den Spielern bewertet und wahrgenommen wird, ist der vielleicht ausschlaggebendste Faktor bei der Spielbarkeit eines Rollenspiels. Spiele, bei denen ein bestimmter Stellenwert der Fiktion ein notwendiger Bestandteil des Spielablaufs ist, sind weniger zugänglich und spielbar. Der reibungslose Spielablauf sollte möglichst unabhängig davon sein, wie wichtig den Spielern die Fiktion ist.
Beim Rollenspiel kann Fiktion aus einer reglementierten Interaktion entstehen, aber auch die Fiktion Regeln produzieren, die die Interaktion formen. Letzteres ist jedoch so stark von den sozialen Fähigkeiten und Talenten der einzelnen Spieler abhängig, dass diese Diskussion nur am konkreten Beispiel von Einzelspielern sinnvoll ist.
Ob und wie die Fiktion von den Spielern bewertet und wahrgenommen wird, ist der vielleicht ausschlaggebendste Faktor bei der Spielbarkeit eines Rollenspiels. Spiele, bei denen ein bestimmter Stellenwert der Fiktion ein notwendiger Bestandteil des Spielablaufs ist, sind weniger zugänglich und spielbar. Der reibungslose Spielablauf sollte möglichst unabhängig davon sein, wie wichtig den Spielern die Fiktion ist.
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