Donnerstag, Dezember 07, 2006

Spielerverantwortung

Es ist immer sehr hilfreich bestimmte Umstände ausformuliert vor sich zu sehen. Frank Tarcikowski's Blogeintrag (welcher wiederrum auf einen Post von Ron Edwards aufbaut) hat mich auf etwas gestoßen mit dem ich seit langem in meinen Runden kämpfe. Es folgt eine extrem kurze Zusammenfassung, die darauf runterreduziert ist, was mich speziell betrifft:

Es gibt in einer Rollenspielrunde unterschiedliche Führungsrollen. Die soziale (ausserhalb des Spiels) und die kreative (innerhalb des Spiels). Wobei die kreative noch mehrere Unterformen hat. Die beiden für mich wichtigsten sind: Abläufe (wie wird das Spiel gespielt) und Inhalte (was passiert in der Spielwelt). Gerade die inhaltliche Führungsrolle muss man sich als Spieler verdienen, und gerade die wird meiner Meinung nach oft mit der Führungsrolle für den Ablauf zusammen geworfen. Ähnliche Vorgänge sind mir auch in meinen Runden aufgefallen, allerdings hatte ich mir bisher noch nicht die Mühe gemacht, dass mal etwas genauer in Worte zu fassen.

In der Regel, habe ich es abgelehnt der Gruppe inhaltliche Standards ("Das ist gut; das passiert so. Das ist schlecht; das passiert nicht.") zu diktieren, wenn ich mir dieses Recht nicht durch mein Spiel verdient hatte. Die Spieler haben von mir eine Führungsrolle den Ablauf betreffend erwartet, da ich meist die Person war, die das Spiel am Besten kannte. Das Problem: die Grenzen zwischen den beiden waren fliessend, bzw. fiel es mir schwer die beiden am Spieltisch voneinander zu unterscheiden. Zum Teil war es vielleicht auch so, dass die Spieler inhaltliche Vorgaben von mir erwarteten, die ich ohne das bewusste "Mandat" der Spieler, nicht zu geben bereit war. Das Resultat war das selbe: das Spiel stockte und kam nur sehr mühsam in die Gänge.

Woran lag das? Kam es den Spielern gar nicht in den Sinn dem Spieler, selbst die inhaltliche Führungsrolle zu übernehmen? Oder die Führungsrolle jemand anderem zu geben als dem SL? Warum war das so? Warum ist es nicht selbstverständlich, dass die gesamte Gruppe sich darum kümmert das das gemeinsam Vorgestellte gefällt, bzw. zum Spielspaß beiträgt? Warum schieben einige diese Verantwortung auf die Regeln, die durch den Spielablauf und die Authoritätenverteilung schlechte Ideen aus dem Spiel halten sollen? Oder auf den SL, dessen Vision automatisch und ohne zu Fragen als die Beste akzeptiert wird?

Die Frage, die mir jedoch viel wichtiger ist: wie mache ich es Spielern (alten sowie neuen) deutlich, dass ich zwar die Regeln erklären kann und auch für deren strenge Einhaltung sorgen werde; ich aber von ihnen erwarte dass sie ihren Teil dazu beitragen, dass die Gruppe die bestmögliche Geschichte gemeinsam erspielt und nicht nur die, die ich erzähle? Dass sie nach eigenen "ästhetischen" Maßstäben Ideen einbringen, modifizieren oder ablehnen müssen, und nicht alles schlucken müssen was der Spieler mit dem "Erzählrecht" gerade von sich gibt?

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Der Zusammenhang zwischen Ablauf und Inhalt ist ein sehr interessanter, aber auch nicht ganz einfacher.
Ich würde ihn auch in einer Hierarchie sehen, d.h. der Ablauf dient dazu die Inhalte zu schaffen.
Daraus ergibt sich ein besonderer Einfluss des Ablaufs auf die Inhalte.

Will man die Spieler also dazu bringen in einer gewissen Weise mit den Inhalten umzugehen, muss man den Ablauf strikt darauf ausrichten.
Mit anderen Worten: Alles was man verlässlich in der Spielrunde haben möchte muss ein Teil des Spiels sein, nicht einfach nur individuelles Verhalten oder Option.
Wenn Spieler also die Inhalte der anderen bewerten sollen, muss das Spiel dies aufgreifen.

Dass deine Spieler die Autorität über den Ablauf nicht trennen von der Autorität über Inhalte ist verständlich. Wie soll man als Spieler einen Maßstab für die Qualität von Inhalten entwickeln, wenn man nichtmal weiß ob das was man fordert grade "überhaupt möglich", d.h. Teil des erwarteten Ablaufes ist.
Alles kann schon an einer so einfachen Frage scheitern wie: "Darf ich das jetzt sagen/fordern/whatever?"

Georgios hat gesagt…

Im Prinzip stimmt das was du sagst. Als Spieler braucht man Vorgaben, die man sich wenn alle Stricke reissen auch aus dem Spielablauf holen kann. Allerdings ist es in der Praxis so, dass die Spieler niemals ohne Vorgaben in ein Spiel kommen.

Bei Dogs geht es um Werturteile, bzw. moralische Entscheidungen.

Bei InSpectres geht es um Ghostbusters-artige comedy.

Bei PTA geht es um Charaktere, die mit sich kämpfen müssen.

Das reicht bereits um zu wissen in welche Bahnen man denken soll. Alles was darunter fällt ist legitim und kann in der Gruppe ausgehandelt werden.

Das Problem ist doch, dass diese Dinge gerade nicht ausgehandelt werden, sondern entweder vom SL oder von den Regeln bestimmt werden sollen. Das ist Unsinn.

Anonym hat gesagt…

Ich verstehe was du meinst, aber ein System hat nicht nur die Option eine Inhaltliche Vorgabe zu machen oder nicht.
Es kann auch die Vorgabe machen dass inhaltliche Maßstäbe gebildet werden, dies kann durch den Spielablauf selber interessant gestaltet werden, aber zumindest muss diese Forderung klar im Raum stehen.
Ich behaupte, wenn die Bildung der Maßstäbe selbst Teil des Spiel ist funktioniert das ganze besser. Das heißt nicht dass ein Spiel diese Maßstäbe schon vorgeben sollte (es kann das aber tun), entweder tut es dass oder es gibt eine Methode zur Bildung der Maßstäbe vor, den Maßstäbe braucht es auf jeden Fall, wie du schon sagst.

Georgios hat gesagt…

Gibt es überhaupt Spiele, bei denen es darum geht inhaltliche Maßstäbe zu bilden? (Universalis vielleicht, aber das scheinen noch weniger Leute zu kennen oder zu spielen als PTA.)

Ich vermute vielmehr, dass viele Spieler lieber dem Setting, dem SL oder inhalts-leeren Parolen wie "Hauptsache Spaß!" folgen um zu "gutem" Rollenspiel zu finden, statt es in der jeweiligen Gruppe selbst auszuhandeln. Denn dafür muss man sich mit den anderen Leuten auseinandersetzen.