Donnerstag, Dezember 21, 2006

Warum sich Spaß allein selten lohnt

Es wird leider viel undifferenzierter Stumpfsinn über die Qualität einer Rollenspielrunde geredet. Darüber woran man eine gute Rollenspielrunde misst. Speziell wird immer wieder das Ammenmärchen propagiert: "Wenn alle Spaß haben, dann war die Rollenspielrunde ein Erfolg."

Diese Behauptung ist vor allem falsch, weil sie einen der wichtigsten Ansprüche, die man an ein Hobby stellen kann, vollkommen ausser Acht lässt: das Hobby muss nicht nur zu unterhalten wissen, sondern einem auch das Gefühl geben die investierte Zeit sinnvoll genutzt zu haben. Die Ausübung des Hobbies muss mich mit der befriedigenden Gewissheit zurücklassen, dass sich mein Aufwand an Zeit, Kosten und Mühe gelohnt hat.

Mit anderen Worten: eine Rollenspielrunde liefert sowohl heiteres Beisammensein mit Freunden als auch einen zusätzlichen Wert, den ich zu schätzen weiß und der mich dazu bringt dieses Rollenspiel zu spielen, statt einfach nur mit Freunden zusammen zu sitzen und mich angenehm zu unterhalten. Wenn dieser zusätzliche Wert vom angenehmen Beisammensein nicht zu unterscheiden ist oder den Teilnehmern schlicht und ergreifend egal ist, dann ist das Rollenspiel überflüssig. Aussagen über Rollenspiele aufgrund solcher Runden zu treffen ist damit vollkommen unsinnig. Im Umkehrschluß ist es mir auch vollkommen egal, was eine Person, die ihre Erfahrungen über Rollenspiele auf solchen Runden basiert, zu Rollenspielen zu sagen hat, da wir ganz einfach an einander vorbei reden würden.

Betrachten wir also diese zwei Eigenschaften einer Rollenspielrunde, die ihre Qualität ausmacht. Da gibt es zum einen die Stimmung während des Spiels: man erfreut sich am gemeinsamen Miteinander. In den besten Fällen heisst das, es gibt Gelächter, Scherze, der einzelne Spieler fühlt sich in der Gegenwart seiner Mitspieler wohl, usw. usf. Das was gemeinhin als "Spaß" bezeichnet wird.

Es gibt jedoch noch eine weitere Eigenschaft, die für die Qualität einer Rollenspielrunde von großer Bedeutung ist. Diese wird zwar in einigen Runden heruntergespielt, oder ist lediglich Teil der vorherigen "Spaß-Stimmung", aber sie sollte klar davon getrennt werden. Die Rede ist von der Zufriedenheit, die die Spielrunde hinterlässt. So wie eine gute Speise mich satt und zufrieden macht, so muss auch eine Spielrunde meinen Spieldrang befriedigt haben und mich zufrieden stellen.

Wenn sie das nicht tut, dann kann ich noch so viel "Spaß" beim Spielen gehabt haben, im Nachhinein empfindet ich die Spielrunde als dünn und fade. Dabei ist es jetzt nicht näher von Bedeutung nach welcher Art von Spiel ich brauche, um zufrieden zu sein. Es muss einzig und allein festgehalten werden, dass dies ein wichtiger Faktor bei meiner privaten Bewertung einer Spielrunde ist.

Der Grund weshalb ich "Spaß-Stimmung" und "Spieltrieb" von einander trenne, wird deutlich, wenn man sich Spiele mit ernsteren oder nachdenklicheren Themen anschaut und diese mit einigen Humor-Rollenspielen vergleicht. Die Stimmung bei einem Spiel wie Polaris, Spione und in manchen Fällen auch Dogs in the Vineyard kann sehr ernsthaft, nachdenklich und vielleicht sogar schwermütig sein. Dies hat jedoch nicht zwangsläufig negative Folgen auf die Befriedigung des Spieltriebs der Spielteilnehmer. Umgekehrt kann ein Spiel wie InSpectres, Metal Opera und in manchen Fällen auch Paranoia sehr viel Gelächter und gute Laune verbreitet haben, und den Spielern trotzdem das Gefühl geben nicht wirklich ein (Rollen-)Spiel gespielt zu haben. (Das dabei die Erwartungen der Spieler die Bewertung zu einem gewissen Grad beeinflussen können, versteht sich von selbst.)

Die Stimmung während des Spiels und die Zufriedenheit, die das gespielte Spiel bewirkt, sind zwar häufig über mehrere Ecken miteinander verbunden, sie sind jedoch in der Regel nicht gleichwertig und schon gar nicht identisch.

Deshalb lehne ich die "Hauptsache Spaß"-Fraktion der Rollenspieler ab, da sie mir das Recht abspricht meinen Spieltrieb mit einem Spiel nachzukommen und mich stattdessen auffordert das gemeinsame Beisammensein, nicht nur als höchsten, sondern auch als einzigen Wert des Rollenspiels zu akzeptieren.

So etwas ist jedoch vollkommen indiskutabel.

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