Donnerstag, Mai 10, 2007

Georgios Spielleiter-Typen

Die sieben Spielertypen von Robin Laws werden ja vielerorts als Meilenstein der Rollenspielhilfen verehrt, aber ich fand sie immer etwas zu lückenhaft. Vor allem da sie die Spielziele und Interessen des Spielleiters vollkommen außer acht liessen. Zugegeben, das Heftchen betrachtete Regeln zum „Good Game Mastering“, von daher waren die Hinweise für den Spielleiter bestimmt. Trotzdem habe ich mich mal daran gemacht die unterschiedlichen Zielsetzungen des Spielleiters zu umreißen, um Spielern auch ein wenig dabei zu helfen für eine gute und unterhaltsame Spielrunde zu sorgen.

Der Weltenbastler hat es sich zum Ziel gemacht eine Welt zu präsentieren, die sehr viel Tiefe besitzt. Die Spielwelt soll nicht einfach nur ein beliebiger Ort sein, in dem sich gesichtslose NSCs herumtreiben und in uninteressanten Gebäuden verschwiden. Die Spielwelt hat eine Geschichte. Die Landschaft ist aufregend und facettenreich. Die NSCs sind Teil einer lebendig anmutenden Welt, die nahezu unendliche Detailfülle bietet. Der Weltenbastler ist jemand, der sich mit vielen Quellenbüchern, Sachbüchern oder passender Literatur bedeckt, um aus der Fülle an Informationen schöpfen zu können, wenn es darum geht jede Ecke der Spielwelt mit Leben zu füllen. Wenn man so will ist die Spielwelt sein Kunstwerk und die Spieler sein Publikum.
Spielstil: Wer mit einem Weltenbastler spielt, der sollte sich die Mühe machen das Setting zu erforschen und sich an der Komplexität der Welt zu erfreuen. Gerade wenn der Weltenbastler einen vorgegebenen Hintergrund benutzt, gibt es viele Verweise (aber auch absichtliche Widersprüche) die es zu entdecken gibt.

Der Duellant sucht den Wettstreit mit den Spielern. Er geht darin auf die Opposition zu den Charakteren der Spieler zu sein. Erst wenn Dinge aufeinander krachen, geht es für den Duellanten mit dem Spiel los. Was nicht heißen soll, dass der Duellant nur auf Kämpfe steht. Es ist vielmehr so, dass er die Spieler fordern will. Es ist ihm am liebsten, wenn der Sieg mit Schweiß und Tränen erreicht wurde oder um Haaresbreite entglitten ist. Aber wenn jemand große taktische Finesse an den Tag liegt, so verweigert der Duellant ihm nicht den wohlverdienten Erfolg. Darum ist es selbstverständlich für den Duellanten, dass er die Regeln hart, unnachgiebig aber fair einsetzt. Ansonsten ist jeder Sieg schal und bedeutungslos.
Spielstil:
Wer mit dem Duellanten spielt, darf keiner Herausfordererung aus dem Weg gehen oder eine Entscheidung aus einem anderen Grund als taktischer oder strategischer Überlegung fällen. Hier muss man sich die Hände schmutzig machen und sich immer wieder behaupten. Das Wort des Duellanten ist zwar Gesetz, aber es würde gegen seine Ehre als Spieler verstoßen parteiisch zu sein und irgendjemanden (geschweige denn sich selbst) zu bevorteilen.

Der Plotmeister
sieht sich als der Marionettenspieler bei dem alle Fäden zusammenlaufen. Er liefert dem Spiel einen komplexen und vielschichtigen Plot, den die Spieler zu entwirren haben. Die Spielwelt ist für ihn weniger ein Ort, als ein kompliziertes Netz aus Ursachen und Wirkungen, in dessen Mitte sich die Charaktere wiederfinden. Das führt dazu, dass selbst die einfachsten Abenteuereinstiege schnell in einem undurchsichtigen Meer aus überraschenden Wendungen und unerwarteten Entwicklungen enden. Der Plotmeister hat es sich zum Ziel gemacht die Spielgruppe immer wieder zu verblüffen und zu überraschen, aber dabei eine rückblickend nachvollziehbare und in sich schlüssige Plotentwicklung zu benutzen.
Spielstil: Beim Plotmeister sollte man immer extrem aufmerksam sein und kein noch so unwichtiges Detail aus den Augen verlieren. Er gibt den Spielern alle Puzzleteile in die Hand, es liegt jedoch an ihnen diese richtig zusammenzusetzen um das Gesamtbild zu erkennen. Als Spieler sollte man viele Notizen führen und die eigenen Theorien miteinander austauschen. Man sollte keine Annahme für selbstverständlich halten und sie immer erst im Spiel prüfen.

Dem Zeremonienmeister geht es darum durch sein Leiten ein stimmungsvolles und immersives Spielerlebnis zu liefern. Eine Runde beim Zeremonienmeister soll einzigartig sein und die Spieler in eine fremde Welt abtauchen lassen. Dafür benutzt er viele unterschiedliche Hilfsmittel, mit dem Ziel das Spiel noch plastischer zu machen. Darunter fallen Sachen wie Beleuchtung, Hintergrundmusik, sorgfältig erarbeitete Requisiten und ausgefallene Handouts. Auch ist es ihm wichtig, dass seine NSCs sowohl authentische Sprache als auch Verhalten an den Tag legen. Für den Zeremonienmeister ist Rollenspiel vor allem auch Eskapismus und Sinneserfahrung.
Spielstil: Das Spiel beim Zeremonienmeister setzt voraus, dass die Spieler gewillt sind ihre Skepsis und ihre Zwischenrufe im Zaum zu halten. Nichts macht einen beim Zeremonienmeister unbeliebter, als ein out-of-character Kommentar im falschen Moment, oder eine Spielentscheidung, die mit der Atmosphäre bricht. Gerade Metagaming (worunter manchmal auch taktisch/strategisches Spielen fallen kann) ist ihm verhasst.

Der Schauspieler legt seine Aufmerksamkeit vor allem auf die NSCs. Es geht ihm darum den Spielern möglichst viele unterschiedliche NSCs mit auffälligen Eigenschaften oder zumindest klar unterscheidbaren Charaktern zu liefern. Für den Schauspieler besteht die Spielwelt aus Charakteren mit ihren Vorlieben und Abneigungen, ihren Macken und Stärken. Für den Schauspieler kreist das Rollenspiel um die Interaktion der Charaktere miteinander. Das setzt natürlich voraus, dass die NSCs eine nachvollziehbare Persönlichkeit haben, die nicht irgendwelcher Regeln oder anderer Einschränkungen des Spiels unterworfen sind. Der Schauspieler will das die Charaktere und die Interaktionen mit ihnen den Spielern in Erinnrung bleiben.
Spielstil: Um mit einem Schauspieler zurecht zu kommen, braucht der Charakter nun.. Charakter. Genauso wie der Spieler die Möglichkeit hat mehr über die NSCs und ihre Beweggründe zu erfahren, möchte der Schauspieler durch das Spiel auch mehr über die Charaktere der Spieler zu erfahren. Wer sind sie? Warum sind sie so wie sie sind? Widersprüchliches Handeln der Figur muss aus einem inneren Konflik stammen. Es darf auf keinen Fall einfach nur daran liegen, dass es dem Spieler egal ist, ob seine Handlungen von jetzt mit denen von vorhin vereinbar sind.

Der Regisseur sieht das Rollenspiel als Medium um gemeinsam mit den anderen Spielern eine Geschichte zu erschaffen. Damit dieser Erschaffen spannend und unterhaltsam wird, bedient er sich allen Mitteln des Rollenspiels (z.B. Abenteuerstruktur, große Herausforderungen, dramatische Konflikte, etc.) aber auch der ihm bekannten Erzählkunst (z.B. Drei-Akt-Struktur, Genrebindung, Filmsprache,etc.). Der Regisseur spielt nur das aus, was auch für die Geschichte „wichtig“ ist. Handlungen, die weder die Geschichte vorantreiben, noch die Charaktere voranbringen werden vom Regisseur umgangen oder gänzlich übersprungen.
Spielstil: Von den Spielern erwartet der Regisseur, dass sie ebenfalls daran arbeiten ihre eigene Vorstellung ins Spiel zu bringen. Das bedeutet, dass sie aktiv nach Situationen suchen, in denen sie die Geschichte voranbringen können. Anders gesagt, sie sollen in den einzelnen Situationen die Initiative ergreifen und die Geschichte in eine neue Richtung lenken. Der Regisseur will von den Spielern überrascht werden.

Der Versorger ist die Art von Spielleiter, die sich vollkommen aus dem Spiel nimmt. Er bezieht seinen Spaß daraus, das die restlichen Spieler Spaß haben. Viele Versorger erfreuen sich allein am gemeinsamen Beisammensein und sind nur deshalb Spielleiter, weil es sonst keiner machen will. Das Abenteuer setzt sich häufig aus den Vorlieben der Spieler zusammen und wird vom Versorger gemäß der Regeln umgesetzt. Er ist auch gewillt den Spielern mehr Einfluß am Spieltisch zu gestatten, wenn der Spieler dadurch mehr Spaß hat. Der Versorger sieht sich verpflichtet, den anderen Spielern mit seiner Spielleitung entgegenzukommen.
Spielstil: Eigentlich braucht es nicht viel um mit dem Versorger zurecht zu kommen. Darum gilt er bei vielen Spielern auch als die beste Art des Spielleiters. Es gibt jedoch zwei Punkte, mit der man selbst den Versorger aus der Gruppe vergraulen kann. Zum einen sollte man als Spieler zumindest ungefähr wissen, was einem an einer Rollenspielrunde Spaß macht. Nichts ist frustrierender für einen Versorger als Spieler die das eine sagen, aber etwas völlig anderes wollen. Ausserdem braucht der Versorger – mehr noch als die anderen SL-Typen - die Bestätigung, dass die Spielrunde Spaß gemacht hat. Eine Spielgruppe die ihrem Versorger nicht wissen läßt, dass er gute Arbeit leistet und sie Spaß an der Runde hatten, scheucht ihn geradezu in den Burnout.

Ich habe versucht die Beschreibungen positiv zu formulieren, bzw. so objektiv wie möglich. Selbstverständlich gibt es von diesen Typen auch Varianten die sehr negativ wahrgenommen werden. So kann der Duellant schnell zum Killer GM werden, wenn die Gruppe nicht dagegen hält. Der Zeremonienmeister kann schnell zum Erzählonkel abrutschen; manche Plotmeister sind auch zu faul um die nötige Arbeit in die Vorbereitung zu stecken und improvisieren alles frei und versuchen die Spieler irgendwie davon zu überzeugen, dass alles von Anfang so geplant war. Der wichtige Punkt, dass dieses die Schattenseiten der SL-Typen sind.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich habe das mal kommentiert und mit einer anderen SL-Typen-Einteilung verglichen:

Zum Metstübchen

Georgios hat gesagt…

Ein Zusatz zum Versorger. Diese Art von SL bezieht seinen Spaß daraus, dass die eigene SL-Leistung den Spielern Freude bereitet. Die verschiedenen Elemente des Spiels werden entweder als Werkzeug oder Ablenkung betrachtet. Je nachdem ob sie helfen die Gruppe zu unterhalten oder nicht.

Ich halte es für sehr problematisch, dass die Einstellung die dem Versorger zu Grunde liegt bei vielen Spielern als unverzichtbare Eigenschaft eines guten SLs gesehen wird.

Diese Einstellung erinnert mich an einige Sichtweisen auf die Ehe, in der die Ehefrau allein das Wohl ihres Mannes vor Augen haben durfte, um eine gute Ehe zu führen. Auch hier besteht das Problem, dass ein Partner gezwungen sich nach vorgegebenen Werten zu richten (hier: das eigene Wohl aus dem Wohlbefinden eines anderen zu ziehen), statt diese nach reifer Überlegung selbst zu wählen.

Anonym hat gesagt…

Tolle Beschreibung und auch sehr Zutreffend. Fand ich sehr interessant.

Zu Erwähnen sei noch, daß manche Spieler mit bestimmten SL Typen nicht zusammenpassen :(