Sonntag, Mai 27, 2007

Selbstverständliches

Es gibt kein gutes Railroading. Es gibt nur legitime Spielleiterhandlungen, und solche, die den Spielern spielrelevante Entscheidungen wegnehmen. Wer natürlich nicht unterscheidet, was während einer Runde spielrelevant ist und was nicht, der wird jede SL Entscheidung als eine Form von Railroading sehen.

Würfeltabellen sind eine Bereicherung für jede Rollenspielrunde, so lange die Inhalte dieser Tabellen die Fiktion ausbauen und ergänzen. Womöglich der Hauptgrund weshalb die Charaktererschaffung bei Warhammer so viel Spaß macht, obwohl man kaum eine Entscheidung fällt. Wenn Würfeltabellen jedoch eine Vielzahl von spielrelevanten Inhalten bestimmen, dann verliert das Spiel dadurch an Reiz. Es sei denn man heisst Raymond Babbitt.

Jeder, der den Gebrauch von Regeln oder Würfeln als unvereinbares Gegenstück zum "eigentlichen/richtigen/etc." Rollenspiel sieht, hat weder verstanden was Rollenspiele sind noch wie sie funktionieren.

12 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ein wahres Wort. Nur leider nicht überzeugend genug für die WoD-Dramaspieler, Möchtegern-Immersionisten und Pseudo-Freeformer da draussen, die über "Spielen nach Regeln" nur arrogant die Nase rümpfen.

MfG, Purzel

Anonym hat gesagt…

>>Es gibt kein gutes Railroading.<<
Dem ist vollständig zuzustimmen.
Ich bin mir aber fast sicher, dass gewisse Personen Erkärungen für "gutes Railroading" konstruieren können. Für "schlechtes Railroading" halte ich das für ausgeschlossen. Und zwar weil beides das selbe ist. Dadurch werden mit der Zei die Argumente ausgehen.

Trotzdem mag Railroading für Gruppen die das Pathos (griech. für "etwas, das ohne Zutun an einem passiert", Erlebnis, Leiden, Missgeschick) zum Spielziel erklärt haben funktionieren. Wo der Spielleiter das Gesetz ist, da kann er mit Railroading nichts falsch machen. Er kann sich sehr wohl gegen eine geforderte Plausibilität der Ereignisse, gegen eine gewünschte Spannung im Plot, etc. vergehen. Nicht aber gegen Regeln und Relevanz. Denn es gelten für ihn - was die Spielleitung betrifft - keine Regeln. Und wo keine Regel, da kein Vergehen.

... ich musste das als Assoziation zu deinem Blogeintrag jetzt ausführen, Georgios. Vielleicht mag dieser Kommentar erklären, warum Purzel in seiner Klage recht hat.

Im Übrigen: Sehr schöne Analyse des Selbstverständlichen !

Anonym hat gesagt…

@ Athair:

Ich fand es schade, dass gerade der letzte Satz des Blog-Eintrags sehr kurz kam. Da sind zwei Sachen drin, die mir wichtig sind: zum einen die recht weit verbreitete falsche Annahme, dass es ein "eigentliches/richtiges/wahres" Rollenspiel gibt. Zum anderen der Punkt, dass man Würfel und überhaupt Regeln ja eigentlich garnicht bräuchte, was ebenso Humbug ist.

Georgios hat gesagt…

@Purzel:
Der nächste Eintrag (wenn er irgendwann mal steht), wird sich mit genau dieser Unterscheidung auseinandersetzen.

@Athair:
Begriffe dermassen umdeuten, dass sie etwas völlig anderes bezeichnen als vorher gedacht, führt nur dazu, dass man den Zweck von Worten untergräbt. Statt das ein Wort auf ein klar fassbares Konzept verweist, verkommt es zu einer Worthülse die Kommunikation stört, statt zu helfen. Genau das passiert, wenn man anfängt von "gutem Railroading" zu reden.

Wenn die Gruppe (bzw. das System) etwas zum Ziel des Spiel erklärt und der SL der Gruppe die Möglichkeit nimmt, dieses Ziel umzusetzen, so ist das (und nur das) Railroading.

Als SL kann ich jedmöglichen Schabernack mit der Story treiben und sie auf die Spieler zwängen, so lange die Beeinflussung der Story nicht Ziel des Spiels ist.

Klassisches Beispiel: Dungeoncrawls. Da ist es egal was ausserhalb passiert, welche Motivation man für den Abstieg ins Dungeon hat und ob der NSC, den man gerettet hat, sich als großer Philanthrop oder menschliches Scheusal entpuppt. Da kann ich mich als SL frei entscheiden und den Spielern alles mögliche vorsetzen. Das wäre kein Railroading, sondern nur eine legitime SL-Entscheidung meinerseits.

Railroading wäre es erst, wenn ich entscheiden würde ob und welche Schätze die Gruppe bergen, welche Monster sie besiegen und welche Probleme sie lösen. Denn erst damit würde ich den Spielern wichtige Entscheidungen wegnehmen, bzw. sie völlig entwerten.

Anonym hat gesagt…

Juhuu! :)

Anonym hat gesagt…

Es gibt Gruppen die ein völlig ausgearbeitetes "Theaterstück" spielen wollen. Die nur eine Geschichte nachvolliehen wollen und nicht im eigentlichen Sinn spielen.
Ich mag nicht glauben, dass ein SL, der diesen Spielerwünschen nachkommt kein Railroading betreibt.

Jemand der so leitet könnte bestimmt erläutern, was für ihn "gutes Railroading" ist. Relevant wären solche Ausführungen für den Rollenspieler nicht. Für Leute, die Erzählstücke nachempfinden, mag anderes gelten. Aber das ist dann nicht mehr mein Hut/Hobby.

Georgios hat gesagt…

Es gibt Gruppen die ein völlig ausgearbeitetes "Theaterstück" spielen wollen. Die nur eine Geschichte nachvolliehen wollen und nicht im eigentlichen Sinn spielen.

Betrachtet man das als legitimes Spielziel beim Rollenspiel, so findet Railroading erst statt, wenn die Spieler die Möglichkeit weggenommen wird, das zu tun was sie als Ziel haben: eine Geschichte nachzuvollziehen.

Aber wie du selbst sagst, ist ein solches Ziel nicht unbedingt Teil des Hobbies Rollenspiels und damit ist die Frage nach Railroading eh hinfällig.

Anonym hat gesagt…

Wenn legitime Gängelungen (wie die berühmte Abkürzung "Ihr seid in drei Tagen dort" statt der Beschreibung jedes abzweigenden Feldwegs dem die Spieler vielleicht folgen wollen) kein Railroading sind, wie will man sie dann kurz und griffig bezeichnen?

Georgios hat gesagt…

Ich würde Spielleiterhandlung dazu sagen.

"Gutes railroading" ist wie "guter Diebstahl". Wenn man etwas nimmt, was einem jemand geben will, dann ist es kein Diebstahl. Wenn der SL Dinge entscheidet, die dazu führen, dass die Spieler das machen was sie im Rahmen des Spiels eh machen sollen und wollen, dann findet kein Railroading statt.

Jede Entscheidung, die die Spieler nicht davon abhält sich mit den 'wichtigen' Dingen am Spiel auseinanderzusetzen und die in den durch die Regeln festgelegten Einflußbereich des SLs fallen, kann kein Railroading sein. Egal ob gut oder schlecht.

Was 'wichtig' ist und was nicht, ist wie immer eine Frage, die nur für konkrete Einzelrunden beantwortet werden kann.

oliof hat gesagt…

Skyrock: "Wenn ihr nicht etwas anderes unternehmt, seid Ihr in drei Tagen da…" <- Fast genauso kurz, hat aber eine Tür offen gelassen.

Anonym hat gesagt…

[quote]"Gutes railroading" ist wie "guter Diebstahl". Wenn man etwas nimmt, was einem jemand geben will, dann ist es kein Diebstahl.
Wenn der SL Dinge entscheidet, die dazu führen, dass die Spieler das machen was sie im Rahmen des Spiels eh machen sollen und wollen, dann findet kein Railroading statt.[/quote]

Entschuldige, aber dass halte ich für falsch!
Denn der SpL, der Railroading betreibt, weiß an der Stelle, wo er sich für dieses Mittel entscheidet ja gar nicht mit Sicherheit, ob die Spieler das legitimisieren.
Genau wie der Dieb, der stiehlt im Moment des Diebstahls ja auch nicht weiß, dass er das Diebesgut auch geschenkt bekommen hätte.

Auf diese Art würde man Railroading ja ganz simpel mit der Regelung "Der Spielleiter darf so lange railroaden, bis die Spieler ihm ins Wort fallen." legitimisieren können.

Railroading hat aber das Problem, dass die Spieler ja gar nicht immer die Möglichkeiten Ihrer Charaktere wahrnehmen. Das gilt ganz besonders beim klassischen Rollenspiel, wo die Gestaltungsmöglichkeiten der Spieler nur auf ihre Charaktere beschränkt sind.

Railroading bedeutet "den Spielern" das Gestaltungsrecht über die Aktionen ihrer Charaktere zu nehmen und so den Handlungsverlauf zu diktieren.
Das auf "nur dann wenn es nicht legitimisiert wird" oder auf "nur dann wenn es nicht illegitimisiert wird" zu beschränken, macht aus dem begriff doch wieder nur eine Worthülse mit verdrehter Bedeutung.

Dennoch gibt es kein "gutes" Railroading. Denn dem Spielleiter bleiben immer genug Alternativen um RR zu vermeiden.
Sich hinter RR zu verstecken, heißt nichts anderes als "sich die Sache möglichst einfach zu machen".

Den Vergleich mit dem Diebstahl finde ich auch nicht passend.
Railroading ist Gewalt - man zwingt die Spieler zu etwas.
Es gibt keine "gute" Gewalt und es gibt auch kein "gutes" Railroading.
Manche meinen, dass Railroading (oder Gewalt) legitim sei, wenn alle anderen Mittel versagt haben - dennoch ist Railroading (oder Gewalt) ein Anzeichen für Versagen.

Georgios hat gesagt…

@Boba

Kleines Missverständnis. Ich behaupte nicht dass man Railroading daran festmachen kann, ob die Spieler das Ergebnis befürworten. Vielmehr beziehe ich mich darauf, dass Railroading nur dann stattfinden kann, wenn der SL Dinge entscheidet, die die Gruppe ihm nicht zugestanden hat.

Es geht mir nicht darum Railroading zu legitimisieren. Ganz im Gegenteil. Ich wollte deutlich machen, dass eine legitime SL-Entscheidung kein Railroading sein kann. Railroading wird darüber definiert, dass die SL nicht legitim handelt und die Spieler dadurch an Entscheidungsfreiheit verlieren.

Im normalen Rollenspielgespräch kommt jedoch nur der letzte Punkt an. Damit wird Railroading ein nutzloser Begriff, denn jede Entscheidung die der SL fällt, schränkt die Handlungsfreiheit der Spieler ein. Sonst könnte gar keine Situation entstehen die man spielen könnte.

Am Rande: ich empfinde den Gewaltvergleich als sehr unangenehm und unangebracht. Wir sprechen hier von Spielen nicht von Kämpfen.