Hong Kong Action Theatre! (1st Edition)
Bei HKAT! haben SL und Spieler die gleiche Aufgabe. Das Spiel gibt ihnen jedoch unterschiedliche Werkzeuge um dieser Aufgabe nachzugehen.
So wird die bekannte Verteilung von 1 Charakter pro Spieler und Rest der Welt & NPCs für den SL beibehalten, die Spieler versuchen jedoch nicht bestimmte Ziele der Charaktere zu erreichen, sondern eine geile Show (TM) abzuliefern. Mehr nicht. Jeder Einzelne am Tisch hat das Ziel die anderen zu unterhalten. Die Spieler sollten sich so gut es geht gegenseitig unterstützen. Als SL liefere ich den Spielern angemessene Gegner und Situationen, mit denen sie machen können was sie wollen, solange sie dadurch die anderen Spieler unterhalten können. Die Regeln liefern dabei nur einen losen Rahmen, der dem Ganzen etwas Form gibt.
(Am Rande: diese Vorgehensweise habe ich in etwas abgewandelter Form auch schon in anderen Spielrunden gesehen. Diese Runden ähnelten sich vor allem darin, dass sie die Regeln für unwichtig empfanden. Der Spaß entstand aus der improvisierten und freien Interaktion zwischen den Spielern als ihre Charaktere. Alles im Spiel (insbesondere die Hintergrundstory oder das was der SL seinen “Plot” nannte) stand lediglich im Dienste des In-Character Spiels. Dabei wurde dieses völlige Ausblenden eines konkret fassbaren Spiels gerne mit dem Begriff “Charakter-Immersion” zu einem ästhetischen Ideal überhöht.)
Das gegenseitige Unterhalten ist bei HKAT! aufgrund des Genres recht einfach, da jede Szene in eine von zwei Kategorien fällt: “furiose Action-sequenz” oder “schamlos überzogene Charakterszene”. Das bedeutet es geht um spektakuläre Handlungen (oder Beschreibungen) bzw. theatralische und melodramatische Dialoge mit den Charakteren. Der Spaß am Spektakel steht bei HKAT! im Mittelpunkt.
Konkret bedeutet das, dass ich als SL die Regeln nicht benutze, um die Spieler vor Herausforderungen zu stellen, sondern um damit ihre (oder meine) wilden Ideen in der Spielwelt zu verankern. Ob eine wagemutige Aktion gelingt oder nicht, ist nur kurzfristig von Bedeutung. Es ist für das Spiel viel wichtiger, zu welchen beeindruckenden oder unterhaltsamen Folgen die Aktion führt. Eine sorgfältig detaillierte Vorgeschichte oder facettenreiche Wirkungsgeflechte zwischen unterschiedlichen Gruppierungen sind dabei oft hinderlich. Auch genaustens auf die Charaktere abgestimmte Situationen schaden dem Spiel mehr als dass sie nützen. Als SL leite ich lediglich die Szene ein; gebe den Spieler genug Dinge mit denen sie in der Szene spielen können und versuche wenn möglich das Ganze ein wenig eskalieren zu lassen. Sobald eine Szene ihren Unterhaltungswert aufgebraucht hat – z.B. weil nichts mehr erschossen oder in die Luft gejagt werden kann oder weil die NSCs bereits eine unterhaltsame Reaktion aus den Charakteren gekitzelt haben – geht es mit der nächsten Szene weiter. Dadurch entsteht ein oft hanebüchener Plot, der zwar keine Geschichte bildet, die die Spieler als qualitativ wertvoll benennen würden; aber dafür aus einer Vielzahl Einzelszenen besteht, die während des Spielens viel Spaß gemacht haben.
Die Unberechenbarkeit eines Abenteuers macht sehr viel des Charmes von HKAT! aus. Als SL muss man sich von allem lösen, was dieser Unberechenbarkeit im Wege steht. Das bedeutet in letzter Instanz vor allem, dass die Würfel über allem stehen. Die Regeln und die Story bilden das Gerüst auf dem das gesamte Spiel basiert. Lässt man die Regeln schleifen oder nimmt die Story nicht mehr ernst, so verpufft auch irgendwann der Spaß am Spektakel. Ähnlich wie bei einem Film, dessen Geschichte einem irgendwann zu blöd wird, um nach daran Spaß haben zu können.
Als SL achte ich deshalb darauf, dass die Regeln konsequent eingehalten werden und die Story (d.h. die inhaltiche Verknüpfung zwischen den Szenen) dem Anspruch der Gruppe gerecht wird. Bei HKAT! liegt dieser Anspruch verhältnissmässig niedrig. Bei anderen Spielen die man derart spielen möchte, müsste man als SL mehr Arbeit in die Storyentwicklung stecken.
HKAT! (und der damit verbundene Spielstil) ist von geringem spielerischem Anspruch, aber hat einen sehr hohen Spaßfaktor.
Sonntag, April 08, 2007
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4 Kommentare:
Damit kann ich schon eher was anfangen. (unbedingt mal wieder HKAT spielen will ;-) ).
Das freut mich.
Ich vermute, dass die meisten wenn nicht sogar fast alle Rollenspielrunden in Deutschland stark zu so einer Art Rollenspiel neigen. Schliesslich ist sie einfach umzusetzen und unterscheidet sich nur unwesentlich von der Art und Weise wie man mit einander umgeht, wenn man "nur" mit seinen Freunden abhängt.
Die geringe Spieltiefe, die mit diesem "erlaubt ist, was gefällt"-credo einhergeht, führt jedoch auch dazu, dass man sich bald "satt" gespielt hat. Wenn man dann keine andere Form des Rollenspiels kennt, so lässt man das gesamte Hobby schnell fallen.
Die Wettbewerbs-gespickte Spielart der ARS-Anhänger ist eine Möglichkeit mehr spielerische Tiefe in eine Runde zu bringen. Sie ist jedoch beileibe nicht die Einzige.
Klingt wie eine Kopie von Feng Shui.
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