Donnerstag, April 19, 2007

[Georgios leitet] Buffy The Vampire Slayer Roleplaying Game

Jedes Rollenspiel, das auf einer Serie (oder einer Buchreihe, einem Film oder ähnlichem) basiert muss auf eine von zwei möglichen Spielarten ausgerichtet sein. Entweder man übernimmt die Spielart eines anderen Rollenspiels und macht nur vom Hintergrund der Serie Gebrauch, oder man versucht eine Spielart zu unterstützen, in der die Fiktion der Spielrunde die massgeblichen Eigenschaften der Serie aufweist. Letzteres darf man jedoch nicht mit reiner Emulation verwechseln. Dafür müsste das Spielziel lauten eine Fiktion zu erspielen, welche der Ursprungsserie entspricht. Man muss den Bezug zur Serie vielmehr als zusätzliche Herausforderung des Spiels sehen; als notwendige aber nicht hinreichende Bedingung für die Fiktion. Während die Fiktion in anderen Rollenspielen dem Anspruch der Plausibilität, des Realismus und der Kausalität von Regeln zu Spielwelt gehorchen muss, so muss in einem solchen Rollenspiel auch noch der Anspruch der Vereinbarkeit mit der Ursprungsserie erfüllt werden. (Wobei die Gruppe selbst bestimmt wie eng genau diese Ansprüche zu sein haben. Es gibt keinen allgemeingültigen Maßstab dafür.)

Buffy The Vampire Slayer ist ein Spiel, bei dem die erspielte Fiktion verhältnismässig einfach mit der Ursprungsserie vereinbar ist. Solange man sich vorher dessen bewußt macht, was die notwendigen Bestandteile der Serie sind. Diese sind B-Movie Horror, zwischenmenschliche Probleme (oft mit dem irreführenden Begriff “Soap” umschrieben, der leider viel zu oft auch schlechte Qualität und Stumpfsinnigkeit impliziert) und eine feministische Grundhaltung. In der Regel reicht es wenn die Runde auf zwei der drei Konzepte aufbaut.

Was die feministische Grundhaltung angeht, so lässt sie sich mehr oder minder einfach durch starke weibliche NSCs und Persiflierung bzw. Umkehrung weiblicher Rollenklischees erreichen. Das Spielen selbst wird dadurch jedoch nicht merklich verändert, weshalb ich darauf nicht näher eingehen werde.

Am Einfachsten umzusetzen ist ohne Zweifel der B-Movie Horror. Dafür braucht es nicht mehr als ein Monster oder eine übernatürliche Bedrohung, welche es zu bekämpfen gibt und welche die Charaktere im Laufe der Sitzung 1. suchen, 2. jagen und 3. stellen. Es fällt dem SL zu diese Dinge in das Spiel zu bringen, in dem er die Herausforderung entwirft und die Spieler während der Sitzung damit konfrontiert.

Der etwas schwierigere, weil nicht immer selbstverständliche Teil, ist die Umsetzung der “zwischenmenschlichen Probleme”. Darunter fällt alles von Freundschaften über Feindschaften bis hin zu Liebschaften. Sei es zwischen den Charakteren selbst oder mit anderen NSCs. Im Gegensatz zur übernatürlichen Bedrohung gibt es weder einen klaren Ablauf dieser Beziehungen noch hält der SL diese Dinge in der Hand. Es ist ganz allein Aufgabe der Spieler ihre Charaktere in Beziehungen zu bringen und diese zu entwickeln. Als SL kann ich natürlich diese Beziehungen durch NSCs bedrohen oder versuchen zu beeinflussen, aber so wie der SL über die Motive und Handlungen der NSCs entscheidet; entscheiden die Spieler bei Buffy über die Beziehungen ihrer Charaktere. Das stellt jedoch nicht eine Ergänzung zur Monsterhatz dar. Bei Buffy sind sie mindestens genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger als der Umgang mit der jeweiligen Herausforderung. Es ist dabei nicht ungewöhnlich, sondern durchaus gewollt, dass das Monster im jeweiligen Abenteuer gelegentlich oder auch langfristig in den Hintergrund tritt.

Durch die Drama Points Regeln wird die Gefahr die von einem Monster ausgeht, bereits etwas heruntergesetzt. Das ist durchaus im Sinne der Serie und für die Gruppe hilfreich. Denn die sich entwickelnden und verändernden Beziehungen zwischen den Charakteren sind der Hauptmotor des Spiels. Gerade deshalb läuft Buffy insbesondere in einer langfristigeren Runde erst richtig zu Hochtouren auf.

Die Aufgabe des SLs in diesem Spiel besteht darin, dem Abenteuer die notwendige Struktur zu geben, die den Spielern erlaubt ihre Charaktere interagieren zu lassen. Das Monster der Woche und der Umgang der Charaktere mit ihm, rahmt lediglich die Charakterinteraktion ein und dient dem SL als Mittel um das Spieltempo zu steuern. Das Monster stellt nur selten den eigentlichen Spielinhalt dar.

Darum wird dem SL durch die Drama Points Mechanik ein Werkzeug gegeben, mit dem er kurzzeitig die Handlung eines Spielers bestimmen kann. Denn der Zweck der Bedrohung bzw. des Monsters besteht darin merklich auf die Charakterinteraktion zu wirken und nicht diese durch ein zu lösendes Problem zu ersetzen. Wenn man diese Grundlagen verinnerlicht hat, sind die ansonsten eher unausgegorenen und irreführenden SL-Hinweise im Regelbuch verständlicher.

Der SL stellt den Rahmen des Abenteuers (das Zurückschlagen einer übernatürlichen Bedrohung) in dem die Spieler die Charakterinteraktion nach eigenem Gutdünken ausschöpfen. Daraus ergibt sich auch seine Verantwortung das für die Spielrunde angemessene Spieltempo einzuhalten. Kommt er diesen Aufgaben nicht nach, treibt das Spiel schnell ohne Antrieb und ohne Ziel ab.

Das man als SL mit diesem Rahmen (Monster suchen – Monster jagen – Monster stellen) im Laufe einer Kampagne auch schon mal spielen und ihn auf den Kopf stellen kann, versteht sich von selbst.

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