Montag, Dezember 20, 2010

Amboss - Der Moderator! (SLs und ihre Aufgaben)

"Was sonst soll den[n] moderiert werden?"

- Karsten auf meinen Einwand, dass der moderierende SL nicht die Aufgabe hat für die Unterhaltung der Spieler zu sorgen

Die Rolle des Spielleiters ist, wenn man die Scheuklappen erst mal abgenommen hat, eine verblüffend vielschichtige und auch sehr flexible. Je nach Veranlagung des Spielleiters und Gewohnheiten der Gruppe, kann sich ein Spielleiter in sehr unterschiedlichen Gebieten betätigen. Ich habe vor langer Zeit schon mal darüber gebloggt, was für Beweggründe ein SL so haben kann; aber diese Einteilung kratzt nur an der Oberfläche dessen welche Funktionen ein SL in einer Spielgruppe tatsächlich erfüllt.

Er ist der Schiedsrichter am Tisch (und benötigt dafür eine hohe, wenn nicht sogar die höchste Regelkompetenz unter den Spielenden); er ist der Bewahrer der Spielkohärenz (und muss durch sein Wissen die Lücken, Löcher und ggf. Widersprüche im Setting verschwinden lassen); er ist der Dirigent des Spielflusses (und sollte einspringen, wenn die Spieler das Spiel nicht selbst antreiben - auch wenn es in manchen Runden bereits üblich ist, dass der SL den Plot alleine voranbringt); er ist das Medium der gesamten Spielwelt (ein Punkt der auf dem Odyssee-Workshop kurz zur Sprache kam: das performative Element des Spielleitens ist immens wichtig und streckt sich über weit mehr als das Ausspielen der NSCs und das Beschreiben der Umgebung). Alle diese Aufgaben müssen erfüllt werden. Viele davon lassen sich auch mit anderen Spielern teilen. Gerade das Einhalten der Spielkohärenz durch alle Spieler wird bei vielen Indie-Spielen (insbesondere den erzähllastigen Forge-spielen) zwingend und oft unausgesprochen vorausgesetzt.

Moderierend (so wie ich den Begriff meine) tritt der SL jedoch in keiner dieser Rollen auf. Es ist nicht die Verteilung der Aufgaben, die es zu moderieren gilt. Vielmehr fällt es dem SL zu das Gespräch, die Spielbeteiligung und auch die Art der Spielbeteiligung zu moderieren und entsprechend einzubinden. Ganz plakativ gesprochen: der SL gibt an wie und wann sich die einzelnen Spieler zu Wort melden dürfen. Das klingt nach Bevormundung (und bei einem schlechten SL ist es das auch), aber die Wahrheit ist weit weniger dramatisch. Der SL gibt schlichtweg den Ton an in dem die Runde gespielt werden wird. Wohl gemerkt: den Ton, nicht den Inhalt.

Ich habe dafür bewusst den Begriff "moderieren" gewählt, weil ich es für eine beinahe 1:1 Übertragung der Dinge halte, die ein guter Diskussionsmoderator tut. Dabei geht es hier um sehr grundlegende Verhaltensweisen (und weniger um Diskussions-typische Konfliktlösungstrategien). Damit meine ich, dass man als SL durch das eigene Sprechen wie auch durch die Reaktionen auf Beiträge der Spieler klar macht, welche Art der Spielbeteiligung legitim ist und welche nicht. Durch die Art wie man selbst über die Situation, die Regeln, die NSCs spricht signalisiert man den Mitspielern auch deutlich wie sie mit diesen Dingen umgehen dürfen. Die meisten Spielleiter, die ich kenne, machen diesen Schritt unbewusst. Wenn sie ein actionlastiges Rollenspiel leiten, dann sprechen sie enthusiastischer, lauter und auch mit einem weit knalligerem Wortschatz. Wenn sie ein Detektivabenteuer im Cthulhu-stil leiten, dann schwenken sie auf eine ruhigere, gemässigtere und auch besonnenere Sprache um. Ich finde das ist eine Sache, die man als SL ruhig bewusster und gezielter einsetzen sollte. Aber aufbauend auf diesen "Vorbildcharakter" des SLs, folgt die eigentlich moderierende Aufgabe des SLs. Hier wird es wichtig zwischen zwei verwandten, aber nicht zwingend verknüpften Konzepten zu unterscheiden: die Aufmerksamkeit die ein Spieler am Tisch bekommt, um sich einzubringen und die Aufmerksamkeit die der Charakter bekommt, um sich in das laufende Geschehen einzubringen. Sozusagen der Unterschied zwischen spotlight und screen time. Letztere wird durch Regeln, Würfelwürfe und die jeweilige Situation bestimmt, in der sich die Charaktere befinden. Erstere hingegen wird durch den SL bestimmt. Er ist es der durch seine Entscheidung wem er zuhört (und wem demnach auch der Rest des Tisches zuhört) deutlich macht welches Spielverhalten legitim ist und welches ignoriert wird. Ich bin der Meinung, dass diese Abläufe stattfinden, egal ob sie vom SL beabsichtigt werden oder nicht. Aber es schadet nicht sich darüber klar zu werden und damit verantwortungsvoller (sprich: spiel-fördernder) umzugehen.

Ein aktiver SL moderiert die Beiträge der Spieler am Tisch. Ob es ihm bewusst ist oder nicht. Ein guter SL moderiert die Beiträge derart, dass sie in den Stil und die Form des Spiels passen und gleichzeitig eine Parität bei allen Spielern empfunden wird. Ich finde wer mit einem solchen SL-Verständnis an den Tisch geht, macht bereits sehr viel richtig und muss sich nicht damit rumschlagen wie er die Spieler unterhalten kann.

2 Kommentare:

TheClone hat gesagt…

Es kam ja in letzter Zeit nicht allzu oft vor, aber diesem Artikel kann ich mich anschließen. Darüber hinaus ist der SL oft entscheidend für das outgame-Klima der Gruppe zuständig. Nicht in allen Gruppen, aber oft ist er auch dann die "Führungsfigur" und kann Engagement, Zuverlässigkeit und den sonstigen outgame-Stil der Runde entscheidend prägen. Das ist also durchaus ganz ähnlich wie ingame, nur sicher nicht ganz so stark.

ArneBab hat gesagt…

Das kann ich auch so unterschreiben. Schöner Beitrag!