Es macht sich eine perfide Lüge im Rollenspiel breit. Es wird doch allen Ernstes behauptet der Spielleiter wäre hauptverantwortlicher Alleinunterhalter in einer Rollenspielrunde. Das eine gute Runde mit ihm steht und fällt. Das ein SL für Atmosphäre, Spielfluß und Konsistenz verantwortlich ist und seine Gruppe wie ein Grundschulpädagoge im Zaum halten muss, damit das Spiel funktioniert. Im gleichen Atemzug wird den Spieler jegliche Verantwortung abgesprochen und sie unterstehen dem SL, der mit ihren Vorgaben seiner Verantwortung nachkommen muss. Häufig führt das zum SL, der die Handlungen der Spieler einschränkt und verändert um für Atmosphäre und Konsistenz zu sorgen. Hier werfen Leute gerne unreflektiert mit dem Begriff „railroading“ um sich.
Dann gibt es jedoch auch Leute, die genau darin ihre spielerische Herausforderung sehen: als SL für einen guten Spieleindruck zu sorgen, ohne dabei den Spielern wichtige Spielfreiheiten zu nehmen. Das sind Leute, die bei Rollenspielen ihr Erfolgerlebnis daraus ziehen, dass sie die gesamte Gruppe unterhalten und den anderen Leuten am Tisch immer etwas zu „spielen“ geben. Was meistens bedeutet gespannt den Erzählungen des SLs zu lauschen um in den richtigen Momenten mit Würfeln zu hantieren. Es ist kein Zufall das die meisten dieser SLs aus der ersten Gruppe herauswachsen und plötzlich der Meinung sind „echtes Rollenspiel“ entdeckt zu haben.
Vor allem in letzterem Fall unterwirft sich die Gruppe viel zu häufig ihrem wohlmeinenden Despoten, der über gute und schlechte Ideen der Spieler entscheidet und der darüber entscheidet was Sinn und Inhalt des Spiels ist. Die Unerfahreneren unter ihnen erkennt man daran, dass sie instinktiv zum „regellosen“ Spiel abgleiten und Rollenspiele nur noch wegen des Hintergrundes und überhaupt nicht mehr wegen der Regeln lesen. Sie suchen nach neuer Munition um ihre Gruppe mit ihrem Können zu beeindrucken. Erfahrene SL-Despoten nutzen Regeln nur selektiv und allein nach eigenen Vorlieben und treffen damit Entscheidungen über die Köpfe der Spieler hinweg. Aber ihnen allen ist gleich, dass sie für ihre SL Leistung bewundert werden wollen. Sie wünschen sich Applaus von ihrem Publikum und Gratulation für ihre Schwerstarbeit. Das ist ja an sich schon armselig genug. Viel erschreckender sind die Leute, die in ihrer Authoritätshörigkeit das auch noch liefern. Die dieses gestörte Verhältnis zwischen Spieler und Spielleiter akzeptieren und fördern. Man erkennt sie häufig daran, dass sie die gleichen Leute sind, die im Arschkriechen und Stiefellecken bei Paranoia rundum aufgehen und das für den Sinn des Spiels halten.
Das sind die Leute, die die Gruppenaktivität ignorieren um einem Personenkult zu fröhnen. Leute, die sich lieber anderen unterordnen und artig kuschen; als sich wie mündige, denkende Menschen zu verhalten und solchen SLs ins Gesicht zu sagen, wo sie sich ihre Selbstbeweihräucherung hinschieben können.
Rollenspiele sind Gesellschaftsspiele.
Das bedeutet das man gemeinsam ein Spiel spielt. Das man sich als Gruppe Gleichgestellter versteht und miteinander spielt. Die große Schwäche einiger Rollenspiele ist, dass sie dem Spielleiter nichts zu tun geben und er sich seinen Spaß aus solchen Kinkerlitzchen holen muss wie der Selbstdarstellung und dem daraus erhofften Ansehen der Gruppe. Das ist Kinderkacke. Das sind Sachen mit denen man sich als Identität suchender, pubertierender Jungendlicher beschäftigen kann und auch muss. Aber irgendwann reicht's auch. Irgendwann sollte man mal erwachsen werden und wie ein solcher Mensch spielen. Das bedeutet zusammen spielen, miteinander reden und vor allem das Spiel spielen und nicht versuchen die Leute zu bezirzen.
Dienstag, September 05, 2006
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