Dienstag, August 21, 2007

Genretheorie des Rollenspiels

Das ist sie. Die beste Rollenspieltheorie, die es jemals gab. Besser als GNS, da nicht nur verständliche Begriffe genommen werden sondern sowohl konkrete Spielrunden als auch Spieler erfasst werden. Besser als GDS, denn man kann sie klar und deutlich von GNS unterscheiden. Besser als das Process-Modell, weil die Erklärung auf einem Bierdeckel Platz hat. Besser noch als Robin Laws' Spielertypen, weil man sie nicht mehr erst ins Deutsche übersetzen muss.

Annahme: Die Dinge die man sich von einer Spielrunde erwünscht oder die man darin sucht, ähneln stark den Ansprüchen die man an einen Film haben kann. Das man von einer Rollenspielrunde nicht das Gleiche will, wie von einem Film ist selbstverständlich. Dennoch lassen sich die Ziele, die Rollenspieler in ihrer Runde verfolgen, mit Hilfe von Filmgenres wie ich finde recht gut umreissen.

Der Grund dafür ist recht simpel. Die meisten Leute haben genug Filme gesehen, um fast alle der erwähnten Filmgenres klar von einander trennen zu können. Ob man das gleiche über Rollenspiele sagen kann, bezweifele ich. Daher habe ich zu eine weiter verbreiteten Kategorisierung gegriffen. Hinzu kommt, dass die Voreingenommenheit gegenüber einzelner Filmgenres sich fast immer auf die Vorurteile was bestimmte Spielziele angeht übertragen lässt.

Die Ziele einer Spielrunde lassen sich an Hand dieser leicht verständlichen Genres illustrieren.

Actionfilm - Ziel ist es mitreissende Kämpfe und andere folgenschwere Ereignisse auszuspielen.

Drama - Hier soll es lohnenswert sein über die Geschichte zu reflektieren.

Melodrama - Mit den Figuren in der Spielwelt soll mitgefühlt werden.

Komödie - Selbsterklärend: es soll gelacht werden.

Dokumentarfilm - Was in der Spielwelt passiert, muss so wahrhaftig und plausibel wie möglich erscheinen.

Kunstfilm - Die Spielrunde soll eine aussergewöhnliche wenn nicht einzigartige Erfahrung sein.

Merke: die übliche Benutzung des Begriffs Genre beim Rollenspiel betrifft inhaltliche Genres (Western, Fantasy, Sci-Fi, Horror, etc.), die Genretheorie verwendet jedoch formale Genres.

Jede Rollenspielrunde lässt sich an Hand ihrer Ausprägung in diesen Genredimensionen umschreiben. Die Ziele lassen sich leicht miteinander kombinieren und bauen in vielen Fällen sogar stark aufeinander auf. Bestimmte Kombinationen sind für manche Spieler nicht aus einem Rollenspiel wegzudenken.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Auf einer gewissen Ebene kann sowas durchaus sinnvoll und hilfreich sein. Zwei Punkte sehe ich aber auf Anhieb die mir dabei aufstoßen.

Erstens: Rollenspiel ist nicht Film und eine Übertragung ist immer unzureichend. Ich habe immer Vergleiche zwischen Film und Rollenspiel gescheut. Film ist, wie du schon sagst ein extrem präsentes Medium. Es besteht die deutliche Gefahr, dass die Vorstellung über Film die Vorstellung über Rollenspiel bei der Übertragung platt macht und Wichtiges verloren geht.

Zweitens: Die Genres beschreiben eine bestimmte Qualität des kreativen Ergebnisses (Geschichte, Story, SIS, wasauchimmer). Sie beschreiben aber nicht wie es zustande kommt und insbesondere auch nicht wie die Spieler dazu stehen oder was die Spieler damit überhaupt zu tun haben.
Der wichtigste Teil eines "Spielstils" geht somit in der Beschreibung völlig verloren.

Für klassisches Rollenspiel mag sowas aber völlig ausreichend sein, da hier alles andere durch Konvention vorausgesetzt werden darf.

Georgios hat gesagt…

Zu ernst sollte man das Ganze dann doch nicht nehmen.

Mir fiel nur auf dass Filmgenres in der Umgangssprache ähnlich voneinander abgegrenzt werden, wie es viele Rollenspieler mit ihren Spielzielen tun. Das in beiden Fällen keine haarscharfe Trennung stattfinden kann, versteht sich von selbst.

Allein zwischen angestrebter Spielerfahrung (Spielziel) und bevorzugtem Spielablauf (Spielstil) würde ich trennen. Ich sprach allein vom Spielziel. Das "wie" ist mir erstmal egal.

Georgios hat gesagt…

Nachtrag:
"Rollenspiel ist nicht Film und eine Übertragung ist immer unzureichend."

Eine wörtliche Übertragung findet ja auch gar nicht statt. Ich bediene mich lediglich der sprachlichen Umgangsformen des Films um über das Rollenspiel zu sprechen.

Der Literat betitelt das gern als Metapher.

Anonym hat gesagt…

Sie beschreiben aber nicht wie es zustande kommt und insbesondere auch nicht wie die Spieler dazu stehen oder was die Spieler damit überhaupt zu tun haben.
Ach wat, das klappt schon: ARS ist Krimi (man grübelt selbst innerhalb einer harten logischen Struktur mit), Schummel-Erzählspiel ist David Lynch/Russ Meyer (permanenter Mindfuck um davon abzuhalten dass man durchschaut was da eigentlich wirklich los ist) und thematisches Rollenspiel ist arte-Nachtprogramm (selbsterklärend) ;)

Ansonsten betreibe ich wohl Action mit komödiantischen Anteilen... Typische Schwarzenegger-Filme sollten wohl noch am nächsten dran kommen, wo es größtenteils ernst ("True Lies") und teilweise auch dramatisch/depressiv zugeht ("Running Man"), dann aber wieder sekundenlange Situationskomik, One-Liner und luastigen Oakzeant gibt.

alexandro hat gesagt…

Die "Deep Sea Agents" würden bei arte laufen? Interessant. ;)

"Schummel-Erzählspiel ist David Lynch/Russ Meyer"
Das würde voraussetzen, dass es
a)interessant genug ist, dass es einem egal ist, dass man keine Hahnung hat, was los ist
und
b)die Spieler wirklich nicht merken, dass sie gerailroadet werden
(hab nebenbei schon DL/RM-Abenteuer geleitet, allerdings mit dem Unterschied dass die Spieler wirklich etwas bewegen konnten- nur das es halt HÖLLISCH SCHWER war überhaupt herauszufinden, was Sache ist, damit man darauf basierend vernünftige Entscheidungen treffen kann...)

Anonym hat gesagt…

Hallo,

im Gegensatz zu Dr. Bloomslang bin ich der Meinung das Rollenspiel und Film / Theaterstück sich sehr ähnlich sind.

Als erstes haben wir das Drehbuch, sprich den Plot, mit seinen unterschiedlichen Szenen, die es beim RSP ja auch gibt.
Dann die verschiedenen Handlungstränge, die auch in Filmen und Fernsehserien vorkommen.
Und natürlich nicht zu vergessen die Hauptdarsteller ( PCs und NScs) sowie die Nebenrollen (NSCs) und die Statisten (zufällige Begegnungen und man verzeihe mir den Ausdruck " Kanonenfutter".

Das einzige, indem sich RSP und Film / theaterstück unterscheiden, ist die im Rollenspiel notwendige Interaktivität zwischen Plot, GM und SPielern. Ein Film ist statisch. Auch nachdem 100ersten Mal schauen wird der FIlm nicht anders verlaufen. Spiele ich dagegen ein Abenteuer mehrmals mit verschiedenen Gruppen, wird es jedesmal anders verlaufen.

Deshalb muss ich sagen, dass die Kategorisierung, die Georgios gemacht hat, sehr treffend ist, auch wenn eine Sitzung / Plot / Abenteuer immer Mischung aus solchen sind.