Donnerstag, August 23, 2007

Angewandte Genretheorie

Das die meisten Spielrunden in den Bereichen Actionfilm und Komödie am stärksten ausgeprägt sind, versteht sich von selbst. Rollenspiele haben sich schliesslich aus der Begeisterung für genau diese Actionelemente heraus entwickelt und das sich Gruppen vor allem treffen um gemeinsam Spaß zu haben und zu lachen, ist ebenfalls klar.

Die Dokumentarfilm-ausprägung geht wie ich denke sogar auf die Kriegsspiele zurück, aus denen das Rollenspiel gesponnen wurde. Der Anspruch möglichst nah an den Vorgaben des Vorbildes zu sein (sei es physikalische Gesetzmäßigkeiten oder genre-bedingte Begrenzungen) ist dort fest verankert und wurde aus offensichtlichen Gründen (stichwort: Glaubwürdigkeit) von manchen gerne übernommen.

Problembereich "Kunstfilm"

Die Ausprägungen in Richtung Drama, Melodrama und Kunstfilm halte ich für zusätzliche Einflüsse, die außerhalb der Kriegsspiel-wurzeln hinzukamen. Es sind vor allem diese Punkte, die Spieler ansprechen, die mit den oben erwähnten Elementen wenig anfangen können. Diese drei Punkte haben jedoch auch viel Irritation hervorgerufen.

Zum einen gibt es nicht wenige, die alles was nicht in die oben erwähnten Ausrichtungen geht (Action, Komödie, Doku) einfach als Kunstfilm (stichwort: Exklusivität) abtun. Mehr noch, es wird ein Selbstverständnis und Anspruch auf die projeziert, die sich für diese anderen Ausrichtungen interessieren. Es wird unterstellt, dass jeder der Rollenspiele nicht primär als Action-Komödien (ggf. noch mit Doku-charakter) spielt, sie als außergewöhnliches Happening mit hochkulturellem Anspruch und Relevanz versteht. Wenn man schliesslich von den Dingen spricht, mit denen sich Drama und Melodrama beschäftigen, dann muss man ja offensichtlich unglaublich tiefsinnige, philosophische und bedeutsame Dinge in seiner Runde behandeln. Dann muss man ja die Rollenspielrunde als Erforschung von intellektuellem und emotionalem Neuland betrachten. An Absurdität ist dieser Gedankengang nur schwer zu schlagen.

Eine Rollenspielrunde als aussergewöhnliche und einzigartige Erfahrung zu erleben, ohne unbedingt intellektuellen oder philosophischen Ansprüchen gerecht zu werden, ist die wie ich finde üblichste Art wie sich ein Interesse in diese Richtung äußert. Aufwändige Handouts, stimmungsvolle Musik und möglichst 'immersive' (wie auch immer man das deuten möchte) Spielrunden folgen dieser Tradition. Eine Steigerung dessen sind Rollenspielrunden, in denen mit den Konventionen des Spiels gebrochen wird oder
kontroverse Situationen und Ereignisse ins Spiel gebracht werden. Die hohen Ansprüche die Kritiker darauf projezieren, treten wenn dann erst in Randfällen auf.

Drama und Melodrama sind natürlich oft miteinander verknüpft; sie stellen jedoch zwei unterschiedliche Zielsetzungen dar, die man von einander getrennt betrachten sollte. So zielt das Melodrama vor allem auf eine starke emotionale Bindung zu den Charakteren ab. Es geht darum mitzufühlen oder als ein anderer zu fühlen. Zweifellos etwas das ein essentieller Bestandteil eines Rollenspiels sein kann. Für viele auch mit Sicherheit ist. Aber eben doch nur eine Ausprägung unter mehreren.

Drama hingegen kann auf diese Ausrichtung aufbauen, um die Ereignisse und die Geschichte noch intensiver zu gestalten. Ziel ist es jedoch Taten und Handlungen im Kontext der Ereignisse zu sehen und so eine zusätzliche Bedeutungsebene zu erkennen. In geringem Maße findet man diesen Vorgang auch bei Runden in denen Drama sonst von keinem Interesse ist. Die Entscheidung in einer Kampfrunde den verletzten Mitstreiter zu heilen, den Bösewicht anzugreifen oder sich zurückzuziehen kann genauso als Drama-Ausprägung verstanden werden. Es kommt allein darauf an, dass die Spieler gewillt sind die Handlungen (auch) im Kontext einer dramatischen Geschichte wahrzunehmen, statt sich ausschliesslich auf die anderen Ausprägungen zu konzentrieren. Ein Spiel wie Dogs in the Vineyard kommt einer Gruppe dabei sehr entgegen und lässt Ereignisse oft ohne großen Aufwand als dramatische Geschichte erscheinen.

Ich hoffe es wird deutlich, dass die Titel der Genres sehr unwichtig sind und ich allein die Erwartungshaltung, die hinter den genannten Genres steht, ansprechen möchte. Als Hilfsmittel zur Differenzierung unterschiedlicher Spielerinteressen halte ich diese Genremetapher für vielversprechend.

Dienstag, August 21, 2007

Genretheorie des Rollenspiels

Das ist sie. Die beste Rollenspieltheorie, die es jemals gab. Besser als GNS, da nicht nur verständliche Begriffe genommen werden sondern sowohl konkrete Spielrunden als auch Spieler erfasst werden. Besser als GDS, denn man kann sie klar und deutlich von GNS unterscheiden. Besser als das Process-Modell, weil die Erklärung auf einem Bierdeckel Platz hat. Besser noch als Robin Laws' Spielertypen, weil man sie nicht mehr erst ins Deutsche übersetzen muss.

Annahme: Die Dinge die man sich von einer Spielrunde erwünscht oder die man darin sucht, ähneln stark den Ansprüchen die man an einen Film haben kann. Das man von einer Rollenspielrunde nicht das Gleiche will, wie von einem Film ist selbstverständlich. Dennoch lassen sich die Ziele, die Rollenspieler in ihrer Runde verfolgen, mit Hilfe von Filmgenres wie ich finde recht gut umreissen.

Der Grund dafür ist recht simpel. Die meisten Leute haben genug Filme gesehen, um fast alle der erwähnten Filmgenres klar von einander trennen zu können. Ob man das gleiche über Rollenspiele sagen kann, bezweifele ich. Daher habe ich zu eine weiter verbreiteten Kategorisierung gegriffen. Hinzu kommt, dass die Voreingenommenheit gegenüber einzelner Filmgenres sich fast immer auf die Vorurteile was bestimmte Spielziele angeht übertragen lässt.

Die Ziele einer Spielrunde lassen sich an Hand dieser leicht verständlichen Genres illustrieren.

Actionfilm - Ziel ist es mitreissende Kämpfe und andere folgenschwere Ereignisse auszuspielen.

Drama - Hier soll es lohnenswert sein über die Geschichte zu reflektieren.

Melodrama - Mit den Figuren in der Spielwelt soll mitgefühlt werden.

Komödie - Selbsterklärend: es soll gelacht werden.

Dokumentarfilm - Was in der Spielwelt passiert, muss so wahrhaftig und plausibel wie möglich erscheinen.

Kunstfilm - Die Spielrunde soll eine aussergewöhnliche wenn nicht einzigartige Erfahrung sein.

Merke: die übliche Benutzung des Begriffs Genre beim Rollenspiel betrifft inhaltliche Genres (Western, Fantasy, Sci-Fi, Horror, etc.), die Genretheorie verwendet jedoch formale Genres.

Jede Rollenspielrunde lässt sich an Hand ihrer Ausprägung in diesen Genredimensionen umschreiben. Die Ziele lassen sich leicht miteinander kombinieren und bauen in vielen Fällen sogar stark aufeinander auf. Bestimmte Kombinationen sind für manche Spieler nicht aus einem Rollenspiel wegzudenken.

Mittwoch, August 15, 2007

[Odyssee 2007] Primetime Adventures

Nachtrag: Dom war so nett den fertigen Bogen auf der Metstübchen-Seite hochzuladen. Hier gibt es das fertige PDF.


Als Teil der Vorbereitung für die Runden, die ich auf der Odyssee leiten will, habe ich beschlossen die wichtigen Begriffe des Spiels zu übersetzen. Ich habe nicht wirklich Lust mich am Tisch in halb-verständlichem Denglisch unterhalten zu müssen.

PTA Übersetzungstabelle

Franchise - Schema
Premise - Serienkonzept
Tone - Stil

Protagonist - Figur
Concept - Charakterkonzept
Issue - Drama ("Warum macht der denn so ein Drama daraus?")
Story Arc - Charakterentwicklung
Screen Presence - Fokus (Da daran gemessen wird, wieviel Aufmerksamkeit der Figur in dieser Folge geschenkt wird. Aufmerksamkeit war jedoch zu mißverständlich dafür.)
Personal Set - Markenzeichen (Das Personal Set ist dafür da, dem Zuschauer zu signalisieren, dass das was jetzt passiert sehr wichtig ist. Da es sich dabei nicht um einen Ort sondern auch um einen Gegenstand, ein musikalisches Thema oder ähnliches handeln kann, hielt ich Markenzeichen für angemessen. Ob der Gebrauch des Personal Set dadurch inflationär ansteigt, bleibt abzusehen.)
Connections - Gute Freunde
Edges - Eigenschaften
Nemesis - Erzrivale

Focus - Aufgabe ("Soll diese Szene den Charakter beleuchten oder den Plot vorantreiben?")
Agenda - Ziel ("Was ist das Ziel dieser Szene?")
Location - Okzidental Rezipierte Themenkonvergenz (in Raum und Zeit)

Fan Mail - Zuschauerpost
Next Week On - Vorschau

Einen übersetzten Spielerbogen zu entwerfen ist schnell getan. Ob ich das für Dogs in the Vineyard auch mache, weiß ich noch nicht. Dafür ist mir der Bogen, dann vielleicht doch etwas zu aufwändig. Womöglich nur für Begriffe wie Raise, See, Fallout und so.